Yachtklub La Capitainerie
Schiff im Trockendock
La Capitainerie / La Londe-les-Maures / PietriArchitectes
Stadtentwicklung ist nicht immer nur in großen Maßstäben zu verstehen. Auch kleine Orte haben es manchmal nötig, etwas für die Verbesserung ihrer Infrastruktur und ihres Images zu tun. Und wenn der Ort eine kleine Hafenstadt an der Mittelmeerküste ist, darf man sich nicht wundern, wenn Schiffsmotive in der architektonischen Gestaltung auftauchen. Wie ein großer Dampfer steht die neue Hafenmeisterei La Capitainerie – zugleich ist sie der Jachtklub – entworfen von den PietriArchitectes, an der Mündung des Flusses La Maravenne ins Meer. Der Ort La Londe-les-Maures liegt etwas im Hinterland, die üblichen Neubau- und Tourismusarchitekturen ziehen sich entlang des Wasserlaufes bis zur Küste hin. Ein typischer Mittelmeerhafen mit den Motor- und Segeljachten liegt direkt vor dem Gebäude, links davon ein kleiner Hafen mit den Fischerbooten. Orientiert mit einem Ausblick auf das Fort de Brégançon und das Mittelmeer, ist das Projekt der Architekten der Beginn einer Neu- und Weiterentwicklung des Hafengebietes. Auch die Bezeichnung ‚La Capitainerie‘ zeugt von Selbstvertrauen und einer Aufbruchsstimmung in der südöstlichen Ecke Frankreichs.
PietriArchitectes haben die Ausschreibung im Jahre 2011 gewonnen und sie entwickelten ein Projekt, welches die Linie und den Stil ihrer (maritimen) Entwürfe in Marseille (Bains de Mer Chauds und Tour H99) sowie La Seyne sur Mer (Redline Apartments) weiterführt. Eine zeitgemäße Architektur, die in die Umgebung passt, jedoch mit einem leichten, modernen Touch, der sie wohltuend vom rein Konstruktiven unterscheidet. Die Anmutung der Architektur ist überzeugend freundlich, fast spielerisch, eher ein urbaner Pavillon als ein experimentelles Zeichen.
Der Yachtklub La Capitainerie ersetzt das alte, schon in die Jahre gekommene, Hafengebäude und organisiert sich auf drei Ebenen, jede unabhängig von den anderen. Die Architekten wählten mit weißem Stahlbeton, Holz und rostfreiem Stahl Werkstoffe, die der Meeresumgebung mit all ihren Witterungseinflüssen widerstehen können. Leicht abgehoben (ca. einen Meter über dem Grund) um Hochwasser und Flutwellen keine Angriffsfläche zu bieten, ist ein lang gezogener, dreigeschossiger Bau mit schiffsmäßig abgerundeten Schmalseiten entstanden. Die Erdgeschossebene der La Capitainerie ist für die kommerzielle Nutzung gedacht: Kartenverkauf, Büro, Fischereiverein, Tauch- und Jachtklub. Natürlich gibt es auch öffentliche Bereiche wie Umkleideräume und WCs und überall öffnen sich hohe Fenster auf den Hafen hinaus. Der erste Stock der La Capitainerie enthält Versammlungsräume und Bereiche, die den Ausblick über den Hafen und die Landschaft ermöglichen. Umrahmt und umrundet wird diese Ebene von einem balkonähnlichen Vorbereich, der zu allen Räumen auch den Zugang von außen gewährt. Der zweite Stock besteht aus einer großen Empfangsfläche mit Terrasse. Sie wird durch einen leuchtturmähnlichen Stiegenaufgang, der oben mit Flaggen gekrönt ist, erschlossen.
Jede der drei Ebenen ist von einer – wieder an eine Schiffsreling erinnernde – Balustrade umschlossen. Abgesehen von einem innen liegenden Stiegenhaus, erschließen (ganz wie bei einem Ozeandampfer) auch Außentreppen die Geschosse. Sie sind aus Stahl, mit geriffelten, rutschsicheren Stufen, die Geländer der La Capitainerie sind ebenfalls aus rostfreiem Stahl, wie es sich für eine Schiffsarchitektur gehört. Auch die verwendeten Materialien und viele weitere Details erwecken Assoziationen mit großen Passagierschiffen: edle Materialien, Holzböden auf den Außenterrassen und teilweise auch innen, runde, wie Bullaugen wirkende Beleuchtungselemente, lamellenförmige Verschattungselemente in den schmalen Fensteröffnungen und der leicht zurückgesetzte oberste Dachaufbau erinnern an die Kommandobrücke. All das ruft Referenzen an maritime Umgebungen hervor, jedoch trotz, oder vielleicht gerade wegen der kultivierten Linienführung der Architektur, werden im Yachtklub La Capitainerie eindeutige Bootsmetaphern gekonnt vermieden.
Hafenmeisterei & Yachtklub La Capitainerie
La Londe-les-Maures, Frankreich
Bauherr
Mairie de La Londe-les-Maures
Planung
PietriArchitectes
Mitarbeiter
JBP, Zoé Raynaud, Jérémy Louette
Statik
BET Yves Garnier, APAUE, Geoterra
Grundstücksfläche
407 m2
Planungsbeginn
09/2011
Fertigstellung
12/2014
Baukosten
1,2 Mio. Euro
Text: Peter Reischer
Fotos: ©Christian Michel, Lisa Ricciotti