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29 www.architektur-online.com Magazin sondern vielmehr auf die Wichtigkeit der Behebung des Mangels abzustellen ist und daher die Beantwortung der Frage nach einer schikanösen Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes anhand einer starren Prozentsatzgrenze im Verhältnis zurückbehaltenen (restlichen) Werklohnes zu Mängelbehebungskosten abzulehnen ist. Als Richtschnur kann jedoch die höchstgerichtliche Judikatur herangezogen werden, wonach ein Verbesserungsaufwand von mehr als 5 % als nicht geringfügig erachtet und das Zurückbehaltungsrecht bejaht wurde. Ist die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes jedoch schikanös, so wird der Werklohn trotz Mängeln mit Fertigstellung und Rechnungslegung fällig. Die Möglichkeit der Berufung auf das Zurückbehaltungsrecht besteht für den Übernehmer grundsätzlich neben seinen gesetzlichen Rücktrittsansprüchen und auch unabhängig von allfälligen Gewährleistungsansprüchen. Auch bei Ansprüchen auf Verbesserung oder Austausch der Sache kann der Übernehmer sich daher grundsätzlich noch auf sein Zurückbehaltungsrecht berufen, sofern weder eine schikanöse Rechtsausübung noch ein unerheblicher Mangel im Sinn des § 932 Abs 2 ABGB (ein Fehler, den kein vernünftiger Mensch als Nachteil empfindet) vorliegt oder der Übernehmer nicht die Beseitigung von Mängelfolgeschäden begehrt. Da das Zurückbehaltungsrecht gemäß § 1052 ABGB, welches sohin einerseits den Verbesserungsanspruch des Werkbestellers sichert und andererseits damit aber zugleich den säumigen Werkunternehmer ganz erheblich unter Druck setzen kann, grundsätzlich dispositives Recht darstellt, empfiehlt es sich, in der Praxis für Auftraggeber als auch für Auftragnehmer gleichermaßen auf die Ausgestaltung der Reichweite des Zurückbehaltungsrechts besonderes Augenmerk zu legen. So kann etwa die Vereinbarung der ÖNORM B 2110 im Gegensatz zum ABGB zur Folge haben, dass der Werkbesteller nur das Dreifache der Mängelbehebungskosten einbehalten darf. Zu beachten gilt es dabei jedoch, dass § 1052 ABGB für Verbrauchergeschäfte (§ 6 Abs 1 Z 6 KSchG) und zugunsten von Wohnungseigentums Bewerbern (§ 38 WEG) unabdingbar ist.


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