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Frauen in der
Architektur
Wenn man bei der Österreichischen Architektenkammer nach dem Geschlechterverhältnis
beim Architektenberuf fragt, erhält man ernüchternde Fakten: 2017 sind in Österreich
insgesamt 3.115 natürliche Personen mit aufrechter Befugnis als Architekten
tätig. Davon sind 2.628 (59,7 Prozent) männlich und 487 weiblich (11,1 Prozent). Der
Rest (1.019 Männer und 270 Frauen) sind Personen mit ruhender Befugnis. Noch größer
ist das Missverhältnis bei den Ziviltechnikern: Hier stehen 63,7 Prozent männliche
Zivilingenieure mit aufrechter Befugnis lediglich 1,9 Prozent weiblichen Zivilingenieuren
gegenüber. Diese Diskrepanz ist besonders erstaunlich, wenn man die Anzahl
der StudienanfängerInnen im Fach Architektur betrachtet, denn von diesen sind 60
Prozent weiblich. Zudem ist es kein Geheimnis, dass Frauen die insgesamt besseren
Zensuren erzielen.
Text & Interviews: Peter Reischer
Anlässlich des Weltfrauentages wurde eine Studie
veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass die Suche
nach einem Heim hauptsächlich weiblich ist.
Die größte Gruppe der Immobiliensuchenden in
Deutschland und in Österreich (60%) ist weiblich
und zwischen 25 und 34 Jahre alt. Die Wahl wird
bei Paaren zwar mit dem Partner getroffen, aber die
Vorauswahl und die Kriterien bestimmen Frauen. Im
Bereich Wohnen geben die Frauen ganz eindeutig
die Richtung an: Sie wissen mehr und recherchieren
ausführlicher. Meiner Meinung nach sind Frauen die
besseren Netzwerker, sie beziehen sich viel öfter
aufeinander und vor allem lernen sie ohne Scheu
voneinander. Das steht aber durchaus im Gegensatz
zu der Aussage mancher Architektinnen.
Eine der interessantesten Fragen, die in diesem Zusammenhang
auftaucht, ist die nach einer weiblichen
oder/und männlichen Architektur. Wenn man Kindern
Bauklötze zum Spielen gibt, bauen Buben zu über 90
Prozent Türme und haben das größte Vergnügen daran,
diese wieder zu zerstören. Die Mädchen bauen
zu über 90 Prozent Höhlen und spielen darin Familienleben
(Ergebnis eines wissenschaftlichen Experimentes
des Psychoanalytikers Erik Erikson. Sein
Modell der acht Stadien der Entwicklung eines Kindes
wurde zwar in den 90er Jahren aufgrund der Unschärfe
seines Identitätsbegriffs selten verwendet,
später aber durchaus akzeptiert). Weitergedacht hieße
das, Frauen widmen sich eher der sozialen Ebene
während Männer mit der Macht spielen. Hier sind etwaige
psychologische oder freudianische Deutungen
noch gar nicht angedacht. Unsere modernen Städte
mit den Skyscrapern sind sicherlich männliche Städte.
Ob jedoch die berühmte Bergiselschanze von
Zaha Hadid in Innsbruck männlich – aufgrund ihrer
Turmform – oder weiblich – wegen der eleganten
Drehung des Turmes – ist (Helmuth Seidl), hängt sicherlich
auch von der Sichtweise des Betrachters ab.
Bekanntlich ist es so, dass bei allen Menschen beide
Seiten des Geschlechts (Animus und Anima nach C.
G. Jung) in der Persönlichkeit vertreten sind.
Ich habe für diesen Artikel sehr viele Architektinnen
in Österreich um einen Beitrag gebeten und auch
sehr viele Absagen bekommen. Die meisten hatten
zu viel Arbeit um die Ohren. Viele nicht nur im Büro,
sondern auch in der Familie. Der Architekturberuf ist
bekanntlich nicht sehr familienfreundlich. Ein Büro
mit mehreren Angestellten mit selbstausbeutenden
Wettbewerbsprojekten und ein Familienleben lassen
sich kaum vereinbaren. Gerade Frauen in diesem Beruf
verzichten deshalb auf den großen Erfolg, auf den
Ruhm und bleiben beim „Kleinen“. Absagen gab es
aber auch, weil viele der befragten Frauen mehr und
länger überlegen wollen, wenn sie Aussagen zu diesem
Thema in der Öffentlichkeit treffen müssen.
Die folgenden Statements/Gespräche sind alphabetisch
geordnet und zeigen einen sehr differenzierten,
oft kampfbetonten und manchmal fast konträren
Zugang zum Thema „Frauen in der Architektur“ und
damit zusammenhängenden Themen.