77 www.architektur-online.com Frauen in der Architektur
Architektin DI Azita Praschl-Goodarzi
stammt aus dem Iran, hat in ihrem Heimatland und in Wien Architektur studiert und führt
mit Architekt DI Martin Praschl zusammen das Büro Pgood / Praschl-Goodarzi Architekten
in Wien. Sie erzählte aus zweierlei Sicht über ihre Erfahrungen in einer Männerwelt.
Wie sehen Sie die Stellung der Frau in der
Männerdomäne Architektur, oder ist es gar
keine mehr?
Sicher ist es noch eine Männerdomäne,
das zeigt sich alltäglich. Das Architektinnennetzwerk
ist noch nicht sehr verbreitet,
daran müssen wir noch arbeiten. Die Architektinnen
müssen mehr sichtbar werden.
Meine Vision für die Zukunft ist, dass dieses
Thema eben kein Thema mehr ist. Mir ist es
sehr unangenehm, immer wie eine Art anderer
Spezies betrachtet zu werden.
Haben Sie einen Vorteil daraus, dass Sie mit
einem „Herr Architekt“ das Büro zusammen
führen?
Ja, habe ich! Obwohl wir beide GeschäftsführerIn
sind, eine Mehrheit von Frauen im
Büro beschäftigen, erlebe ich jedoch oft,
dass AuftraggeberInnen oder Investoren
lieber einen Mann als Gegenüber hätten.
Gibt es eine weibliche Architektur, im Gegensatz
zu einer männlichen?
Ich glaube nicht an so etwas. Das hat zu
95% mit unserer Erziehung zu tun. Ich komme
aus einer Gesellschaft eines Landes, das
alles andere als säkulär oder unpatriarchalisch
ist. Für mich ist Frau-Sein immer ein
Thema gewesen. Ich habe immer versucht,
mir da eine objektive Meinung zu bilden
und keine Ausreden daraus zu produzieren.
Auch die Zuweisung der Innenarchitektur
an Frauen ist klischeehaft. In unserem
Büro sind momentan die Bauleiter alle Bauleiterinnen
und das ist ja die totale Männerdomäne.
Ich glaube auch, dass es kein
„weibliches“ Denken in der Architektur gibt.
Ich bin zum Beispiel in die Gruppe der Ziviltechnikerinnen
eingetreten, weil ich möchte,
dass es in Zukunft eben keine Gruppe
der Ziviltechnikerinnen mehr gibt. In einem
Artikel wurde einmal behauptet, dass eine
Architektur, die mehr Kurven hat, sanft und
weiblich ist. Das finde ich äußerst sexistisch
ungeheuerlich. Architektur ist Architektur.
© p.good
Lehnen Sie dann die „gendermäßig korrekte“
Schreibweise mit Binnen-I oder Underline
ab?
Nein, das sehe ich als ein Tool, das die Zivilisierung
und das Bewusstsein in der Gesellschaft
stärken kann.
Da kann die deutsche Sprache ein bisschen
Sensibilisierung vertragen. Ich habe immer
das Problem, dass ich nicht weiß, richtet
sich eine bestimmte Bemerkung an oder gegen
mich als Immigrantin oder als Frau. Das
kompliziert das Ganze natürlich.
© p.good
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