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Wenn Bäume aus
der Wand wachsen
Der Protest gegen die Megalomanie der Großstädte drückt sich in vielerlei Hinsicht
aus: Manche demonstrieren mehr oder weniger lautstark, werfen Flaschen oder zünden
Autos an, Politiker halten Reden und manche Künstler gehen einen stillen Weg.
Der spanische Künstler Pejac ist einer der ganz Stillen.
Vor einiger Zeit besuchte er New York und
hinterließ hier zwei Interventionen im Stadtgefüge,
eine in Bushwick und eine in Chinatown.
Beide befassen sich mit der Beziehung
zwischen Mensch und Natur. Beide sind kritisch,
aber in einer fast poetischen, zarten
Art. Nichts schreit, keine grellen Farben, leise
aber nicht weniger selbstbewusst platzierte
er seine Arbeiten an Stellen, die normalerweise
gar nicht wahrgenommen werden.
In New York gibt es, aufgrund der Größe,
der Verkehrsdichte und der öffentlichen
Infrastruktur, seit Jahren diverse umwelttechnische
Herausforderungen. Sie alle
spiegeln die Probleme der modernen Zi-
Text: Peter Reischer
vilisation weltweit wider. Mit dem Wissen
über Kultur, Finanz und Medien der Welt
im Gepäck, hat Pejac mit „Fossil“ ein Menetekel
an die Wandecke eines Ziegelbaus in
Bushwick gemalt: Indem er die feste Struktur
der Bausubstanz als Grundlage wählte,
schuf er ein hypothetisches Bild einer fatalen
Zukunft, in der nur mehr „fossile“ Erinnerungen
an lebende Natur, „Erscheinungen“
von Bäumen an Ziegelwänden an das
Leben erinnern. Wie Röntgenbilder nach einer
Apokalypse. Die geisterhafte Silhouette
des Baumes entsteht nur durch Betonung
von Leerstellen, minimalen (mit schwarzem
Spray erzielten) Schattierungen und Betonung
von noch existenten Teilen. u
© Raphael Gonzales
© Ben Lau