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29 www.architektur-online.com Architekturbiennale Gros der Teilnehmer ein. Ihre Beiträge sind – vergleichsweise, vom Aufwand (nicht vom Inhalt) gesehen – eher bescheiden. Manche Pavillons auf den Giardini, wo man sich teilweise (schon fast traditionell) dem Allgemeinthema entzog und wieder einmal der Bespiegelung der eigenen Größe und Macht huldigte, fielen dagegen fast unangenehm in der Gesamtatmosphäre auf. Aber es gab auch Sternschnuppen. Viele der Beiträge/Anregungen stammen aus Lateinamerika – das ist jedoch keineswegs einem möglichen Patriotismus des chilenischen Architekten geschuldet, sondern zeigt nur, dass man in Ländern, die nicht dem westlichen Standard anhängen, vielleicht schon weiter im Denken über Alternativen zum Gewohnten ist als in der Heimat der Stars. Vielleicht haben ja auch die Großen hierzulande die Kleinen erdrückt oder verhindert – wer weiß? Als Kurator forderte Aravena die teilnehmenden Aussteller mit dem Slogan „What is your battle?“ heraus, Stellung zu beziehen und erreichte dadurch eine breite Darstellung der Probleme der Architektur, wie zu große Technikgläubigkeit und Effektivitätswahn, Vernachlässigung der Umwelt und Ökologie, Ungleichheit und Krieg auf der Welt und vieles mehr. Er lässt als Kurator junge, in Fachkreisen zwar bekannte aber „no name“-Architekten und -Gruppierungen zu Wort kommen. Die Arbeiten der Beiträge sind nicht nach „gelungen oder nicht gelungen“ zu beurteilen, sondern wichtig ist die Tatsache der Ablöse des Architekturestablishments durch neue, junge und interessierte Akteure. Man konnte dieses Phänomen auch an der Zusammensetzung des Publikums bei den Preview-Tagen erkennen: Hauptsächlich junge Menschen tummelten sich in Venedig, die bekannten, saturierten Gesichter fehlten (bis auf wenige Ausnahmen) völlig. Das Thema hatte eben die Menschen angezogen, die es in der nahen Zukunft betreffen wird. Das Fehlen österreichischer, deutscher und internationaler „Stars“ bei Pressekonferenzen und Veranstaltungen war augenscheinlich. Es soll hier ganz bewusst kein einziger Beitrag, sei es im Arsenale oder in den Länderpavillons kritisiert oder gelobt werden, denn das würde die gesamte Tendenz, die Türe die Aravena aufgestoßen hat, wieder ein Stück schließen. Es geht auch nicht darum, es ohnehin eh schon immer gewusst oder gesagt zu haben, all solche Versuche zeigen nur eines, nämlich die Unfähigkeit, Wahrheiten ins Auge zu blicken. Dazu gehört auch das Versagen der Ausbildung zur Architektur, das Versagen der Universitäten, die immer noch dem Starkult huldigen statt Zeichen der Zeit zu erkennen. Wir werden uns von geläufigen Maßstäben der Architektur verabschieden müssen, Ungewohntes wird uns bald gewohnt erscheinen, klein ist besser als groß und kurze Bauzeiten zählen bald nicht mehr als Leistung, sondern als unnotwendige Attribute einer veralteten Effizienzphilosphie.


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