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22 architektur FACHMAGAZIN Magazin Protoceramics für den Bau Keramik am Bau ist mit der Fliese schon lang bekannt. Bis jetzt fast immer als Oberfläche eingesetzt, maximal als Vorhangfassade, kommt nun mit ‚Protoceramics‘, einer Entwurfsstudie, die sich mit tektonischer Verwendung großformatiger, hochfester Keramikplatten befasst, gehörig Bewegung in die Szene. Über die Anwendung der Prinzipien Faltung, CNC-Schneiden und durch Kaltverformung wurden verschiedene Strategien entwickelt, durch die extrem schlanke Keramikplatten als Halbzeuge in tragender Funktion angeordnet werden können. Fotos: Material Processes and Systems Group, Harvard Graduate School of Design Bei der 2015 Cevisama wurden drei Prototypen vorgestellt, entworfen von einem Team der Harvard Material Processes and Systems (MaP+S) Gruppe unter Leitung von Prof. Martin Bechthold. Ermöglicht und beschleunigt wird diese Renaissance durch jüngste Fortschritte in der Werkstoffwissenschaft und Befestigungstechnik, bei industriellen Fertigungsverfahren, Nachweisen zur Bemessung und digitalen Fertigungsabläufen sowie in der Robotertechnik. Die heute verwendeten, präzise abgestimmten Tonmischungen lassen sich unter Einsatz computergesteuerter Brennöfen so anpassen, dass das Werkstoffverhalten genau den jeweiligen Anforderungen entspricht. Unflexible Systeme der industriellen Massenfertigung werden durch Hersteller ergänzt, die bei der Entwicklung individueller Lösungen für Gebäude eng mit Architekten zusammenarbeiten. Projektspezifische Planungen keramischer Bauteile werden zunehmend durch digitale Werkzeuge gestützt, die den gesamten Lebenszyklus des Materials von der Fertigung bis zur teilweise robotischen Montage erfassen. Diese Tradition setzt sich mit modernen Errungenschaften wie Glasuren mit selbstreinigender oder schadstoffreduzierender Wirkung fort. Die genannten Entwicklungen bieten Architekten und Planern heute neue Chancen, ästhetisch ansprechende Keramiksysteme zu entwerfen, die sowohl konstruktiv als auch in Bezug auf die Umwelt eine aktive Funktion übernehmen und weit über die allgegenwärtige Fliese als Lösung für wasserbeständige, langlebige Oberflächen hinausgehen.


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