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44 architektur FACHMAGAZIN architekturszene Der Holzbau erobert Wien Die erste Verleihung für Holzbauten in Wien fand im Jahr 2005 statt. Damals waren Gebäude aus Holz in der Stadt noch recht spärlich gesät, wobei sich der Einsatz dieses Materials fast nur auf Wohnhäuser beschränkte. Innerhalb der letzten zehn Jahre entwickelte sich die Bauart mit dem nachhaltigen Rohstoff jedoch stark weiter. Alleine von 2005 bis 2013 kam es beim Volumen der Wiener Holzbauten (beim Wohnbau) zu einem Anstieg um sechs Prozent. Doch auch bei der Konstruktion von Wirtschaftsgebäuden wird vermehrt zu dem naturnahen Material gegriffen. Dieser Trend machte sich ebenso bei der Preisverleihung wienwood 15 bemerkbar. Neben Wohnsiedlungen gehörten öffentliche Einrichtungen und Bürogebäude zu den Preisträgern. Ein Material für die städtebauliche Nachverdichtung Als Holzbau gilt ein Gebäude dann, wenn mehr als 50 Prozent der tragenden Konstruktionen aus Holz bestehen. Heute wird die Holzbauweise großteils noch immer im Wohnbau eingesetzt - bei lediglich 21 Prozent der Neubauten im öffentlichen oder gewerblichen Bereich kommt Holz zur Anwendung. Schuld daran sind die Vorurteile, mit denen das Material noch immer behaftet ist – zu Unrecht, wie eine Studie der Internationalen Bauausstellung Hamburg aus dem Jahr 2013 aufzeigt. Demnach eignen sich Holzbauweisen dazu, kombinierte Anforderungen wie Schall- und Brandschutz, Standsicherheit sowie Wärme- und Feuchteschutz zu erfüllen. Gelobt wird von den Experten außerdem das energiearme Herstellungsverfahren. Aufgrund dieser Tatsachen überrascht es nicht, dass sich die Holzbauweise in einigen Städten Europas längst etabliert hat. Beispiele in London und Mailand zeigen auf, dass auch mehrgeschossige Wohnbauten aus Holz problemlos realisierbar sind und dabei hohe Lebensqualität bieten. Das bisher umfangreichste Projekt wurde 2013 in Mailand umgesetzt. Dieses umfasst vier Holztürme mit je neun Geschossen, die aus der Hand des Architekten Fabrizio Rossi Prodi stammen. Eine zukunftsweisende Planung stellen die Gebäude des sozialen Wohnbaus Cenni di Cambiamento sowohl wegen ihrer Größe als auch aufgrund der Text: Dolores Stuttner Fotos: Bruno Klomfar optimalen Anwendung der Brettsperrholzbauweise dar. Neben dem Außenbereich bestehen auch Treppen und Liftkörper aus diesem Material. Während das Mailändische Ensemble aus Holz, zu dem auch vier zweigeschossige Bauten gehören, am locker verbauten Stadtrand gelegen ist, kommt Holzbauweise heute immer öfter auch im verdichteten Ortsgebiet zum Einsatz. Viele urbane Siedlungsgebiete müssen sich nämlich der Herausforderung stellen, ihren Bestand, der oft nur noch über begrenzte Tragreserven verfügt, aufzustocken. Mit seinem geringen Gewicht ist Holz für diese Art der Nachverdichtung ideal. Häufig ist es hierbei zusätzlich möglich, auf Tragwerksverstärkungen zu verzichten, was Holz zusätzlich in puncto Wirtschaftlichkeit attraktiv macht. Zudem können Holzbauten aufgrund des relativ geringen Gewichts des Materials schnell errichtet werden. Diese Aspekte machen Holz zu einem unentbehrlichen Baustoff, der bedeutende Lösungsansätze für die Herausforderungen der heutigen Zeit liefert. Moderne Holztechnologien erhöhen den Spielraum beim Bauen Im Bauwesen ist Nachhaltigkeit eng mit Flexibilität verknüpft. Da sich Anforderungen an Gebäude aufgrund der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen schwer prognostizieren lassen, nimmt die Wandelbarkeit von Bauwerken einen wichtigen Stellenwert ein. Mit Holz wird die Flexibilität in der Architektur gefördert. Konstruktionen aus diesem Material zeichnen sich durch einen zusammengesetzten Aufbau aus, der das Hinzufügen und Austauschen einzelner Komponenten problemlos ermöglicht. Dabei ist es ebenfalls machbar, Holzbausysteme bestehenden Konstruktionen hinzuzufügen. Um- und Ausbauten bestehender Gebäude können so innerhalb kurzer Zeit vorgenommen werden. Insbesondere urbane Strukturen, die aufgrund starker Bevölkerungszuwächse einer stetigen Verdichtung bedürfen – alleine Wien muss pro Jahr Wohnungen für rund 20.000 Menschen schaffen – profitieren von den vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Holzes.


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