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86 architektur FACHMAGAZIN Interview LowTec versus HighTec Ein Architekt, der einen etwas anderen Zugang zu Themen wie Effizienz, Nachhaltigkeit, Mensch und Umwelt hat, ist Martin Rührnschopf. Wir sprachen mit ihm über zwei (eher konträre) Projekte aus seinem Portfolio. Herr Architekt Rührnschopf, kann man die beiden Bauten, das Einfamilienhaus am Hang in Wien und das Haus in Auersthal, Weinviertel als unterschiedlich von ihrer Struktur und vom System her betrachten? Der signifikanteste Unterschied ist der Auftraggeber. Beide sind Paare mit Kindern, aber mit unterschiedlichen Zugangsweisen. Die einen kommen vom Land und die anderen sind ‚Wiener‘, auch von der Grundausstattung. Mir geht es immer um den Menschen und darum, für jeden Auftraggeber die passende Lösung zu finden. Können wir einen – sozusagen virtuellen – Rundgang durch die beiden Häuser machen? In Wien haben wir eine geheizte Auffahrt, aus einem vorgefundenen Stein wurde ein Quellstein erzeugt und damit ein kleines Mikroklima. Die Auftraggeber gehen nicht, sie fahren in die Garage und betreten so das Haus. Die Garage ist beheizt, hat ein Kino, ein Sofa – das waren die Wünsche des Hausherrn. Und von der Garage gehen sie dann ins Haus mit seinem – technisch doch eher aufwendig gestalteten – Innenleben? Die Technik spürt man dort zwar gar nicht, aber es ist sicher nicht LowTec. Am Flachdach gibt es 25 m2 Vakuumkollektoren. Die dort erzeugte Wärme wird das ganze Jahr nicht nur für das Warmwasser im Pufferspeicher oder für den Pool verwendet, sondern sie geht durch die Masse des Hauses – eine thermosolare Bauteilaktivierung. Aufgrund der Hanglage und der daraus resultierenden schwierigen Baustellenzufahrt haben wir uns für eine Stahlbetonbauweise entschieden. Und da das nicht unbedingt das Nachhaltigste ist, haben wir das Material zumindest als Wärmespeicher benutzt, und können überdies im Sommer sanft und angenehm kühlen. Der Restwärmebedarf wird mittels ‚Energiekörben‘ und einer Kleinstwärmepumpe abgedeckt. Die kontrollierte Zu- und Abluft mit Wärmerückgewinnung ist unsichtbar und elegant in die Stahlbetondecken eingelegt. Und in Auersthal? Eine ländliche Gegend mit geschlossener Bauweise, es gibt wieder die ‚Ankommen-Situation‘ mit Grün und einem Hausbaum vor der Architektur. Wir haben mit dem Klienten einen Rundgang über das Grundstück und den Ort gemacht, um uns darauf ‚einzulassen‘. Zur Analyse des Umfeldes gehört auch eine Analyse der Bedürfnisse und der Persönlichkeit. Meine spezielle Planungsmethode ist ‚simultan planning‘, d. h. die Auftraggeber sind beim Entwurfsprozess live und integrativ dabei. Das ist für alle unglaublich spannend. Fotos: Martin Rührnschopf, Jörg Seiler


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