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87 www.architektur-online.com Martin Rührnschopf. architektur Was ist das Markante an dem Haus? Es fügt sich in die Umgebung ein, nimmt den Kontext auf, so als wäre es immer da gewesen. Die vorgefundene Sprache der Architektur wurde aufgenommen – der ‚Stadel‘ mit den gemauerten Außenwänden, zentralem Schiebetor und einer inneren, luftdurchströmten Holzkonstruktion. Wir haben die Ziegel des alten Stadels weiterverwendet und auch einen alten Bundtram als Konsole in der Küche. Die Garage ist im Nachbarhaus (Elternhaus) untergebracht, Was ist das Prinzip der inneren Struktur dieses Hauses? Es gibt die äußere Hülle aus 50 cm Hohlblockziegeln mit der zusätzlichen, inneren Sichtvormauerung aus alten Ziegeln. Und innen vier Holzsäulen und eine Tramdecke. Das Ziel war, keine Styropordämmung, keine Kunststoffe zu verwenden, wir haben ausschließlich natürliche Materialien verwendet. Eine Schaumglasschüttung als Wärmedämmung der Betonplatte und einen geglätteten Estrich mit Fußbodenheizung. Innenwände sind in Leichtbau bzw. aus Holz, die Decke als reine Tramdecke mit vier cm Bandschutzschalung hergestellt. Wie wird das Haus beheizt? Mit der Fußboden- und Wand- und Deckenheizung – die haben wir in der Dachschräge und im Badezimmer eingebaut. Auch dafür ist die Gastherme im Haus der Eltern nebenan untergebracht. Und die Lüftung? Die Auftraggeber wollten dezidiert keine mechanische Lüftung. Deshalb gibt es ein ausgeklügeltes System mit ‚Klimaluken‘, dieses habe ich auch bei meinem eigenen Haus vor vielen Jahren schon verwendet. Nur hier sind diese Luken automatisch gesteuert, ich musste es noch händisch machen. Das sind kleine, öffenbare Fenster mit Insektenschutzgitter. Die Steuerung dafür ist eigentlich der einzige technische Luxus in diesem Haus. Welches der beiden ist ein HighTec oder ein LowTec Haus, ein Blue, Green oder Grey Building? Mit diesen Bezeichnungen bin ich vorsichtig, jenseits aller Klassifizierungen würde ich beide Häuser als ‚HighEnergy‘ Bauten betrachten. Niedrigenergie und Passivhaus – diese Begriffe drücken nicht das Wesentliche eines Bauwerkes aus. Die physische Energie ist ja nicht das Einzige im Leben, es gibt ja auch noch die Lebensenergie. Beide Häuser haben eine sehr hohe Lebensenergie, die sie auch vermitteln, ausstrahlen. Durch Proportionen, Lichtführung, Materialität und Plätze zum Wohlfühlen. Sie haben als Architekt, wenn Sie sich ein Haus bauen, Visionen und auch Werte. Dann haben Sie ebenso – als quasi moralischen Kodex – die Nachhaltigkeit im Kopf. Wie gehen diese beiden Kriterien zusammen? Ich glaube, das passiert sehr selbstverständlich, das muss man nicht trennen. Ich weiß allerdings nicht, was früher kommt. Es gibt eine Gruppe Architekten, die machen das sehr engagiert, aber es gibt auch eine Gruppe, denen ist das eher gleichgültig. Aber vor allem bei den Jungen ändert sich das momentan rasant. Wie weit würden Sie sich persönlich aus Nachhaltigkeitsgründen in Ihrem Leben einschränken? Wie transportieren Sie Ihre Überzeugung zum Klienten? Überreden ist keine gute Methode. Man kann das am besten ‚vorleben‘. Das ist die wirksamste Methode, um Überzeugungsarbeit zu leisten. Was sind die besonderen Gustostückerln dieser beiden Häuser? In Wien ist es sicher die einmalige Aussicht durch die großen Glasflächen im Süden, besser geht es nicht für passive und aktive Solarnutzung. Durch die konstruktive Auskragung der Loggia ergibt sich ein natürlicher Sonnenschutz. In Auersthal – das hat etwas ‚Erdiges‘, es verbindet sich mit dem Ort, ist reduziert. Das Leitbild war hier – schlicht, zeitlos und lebendig. Beiden gemeinsam ist aber die hohe Akzeptanz und Zufriedenheit der Benutzer.


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