Alt und Neu
Diese anfangs so einfach klingenden Worte stellen sich stellen sich bei näherer Betrachtung als vielschichtig interpretierbar heraus. Wird in einem bestehenden Gebäude die Beleuchtung geändert, so ist dies die Integration von neuem Licht in ebendieses. Soll nun die Lichtstimmung beibehalten werden, erfolgt dies durch die Implementierung neuer Technologien in das „alte Gewand“. So wäre es z. B. nicht vorstellbar, in einem Schloss vollständig auf Luster zu verzichten. Hier tragen ebendiese Beleuchtungskörper maßgeblich zum prunkvollen und beeindruckenden Ambiente bei.
Seit es aber den schrittweisen Ausstieg aus der altgewohnten Technologie der Glühlampe gibt, ist der Bedarf nach Alternativen zunehmend präsent. Die Industrie reagiert fortwährend mit Verbesserungen und Weiterentwicklungen. Dies führt aber zur Notwendigkeit einer genaueren Definition – hier gehören, im Gegensatz zur Glühlampe, alle Parameter wie z. B. Farbtemperatur, Abstrahlcharakteristik, Erscheinungsbild der Lichtquelle, sichtbare Kühlkörper und Elektronikgehäuse, Lebensdauer, Binning usw. dazu.
Wenn das Ganze nun philosophisch betrachtet wird, dann sollte das Neue nicht mit dem Alten in Konkurrenz treten, sondern dieses in seiner Wertigkeit unterstreichen, ergänzen oder durch einen Kontrapunkt zu einem neuen Ganzen machen. Licht ist das Medium, um Architektur – und hier ist sowohl die äußere Erscheinung der „Hülle“ als auch die Wirkung der umbauten Fläche gemeint – in den Dunkelstunden sichtbar zu machen. Besonders im historischen Kontext ist mit viel Feingefühl vorzugehen – Zurückhaltung sollte das oberste Gebot sein. Dies bedeutet aber nicht, dass nicht durch Licht gestaltet werden darf – ganz im Gegenteil! Gerade historische Bauten benötigen eine detaillierte Lichtplanung, der fast immer eine Bemusterung vorausgeht. Erst dadurch ist die Sicherheit zu erlangen, dass der Bestand schlussendlich im richtigen Licht erstrahlt. Und letzten Endes ist die Installierbarkeit auch immer im Auge zu behalten. Denn gerade in historischer Bausubstanz ist es oft nicht möglich, überall Lichtquellen unterzubringen.
Betrachten wir nun die zu Beginn erwähnten Gegenüberstellungen in einem größeren Gesamtkontext, z. B. im Museumsdorf Niedersulz, aus architektonischer Sicht. Dem Freilichtmuseum, in dem der Besucher die historischen Bauernhäuser der Region erleben und begehen kann, wurde ein neues Eingangsgebäude in Form eines Rahmens vorgestellt. Dieses erlaubt dem Besucher bereits beim Eintreffen den Blick auf das Wesentliche: Das Museumsdorf. Wie anders darf diese Lichtaufgabe gelöst werden als durch möglichst unauffällige und versteckte Beleuchtungskörper für dieses Eingangsgebäude?
Durch Licht werden Emotionen vermittelt. Aber Licht ist immer nur so gut wie die Oberflächen, die ihm zu Verfügung stehen. Und auch wie gut und sensibel auf diese reagiert wird. Hierzu eine kleine Anekdote aus dem Leben eines Lichtplaners: Der Beleuchtung der Burg Liechtenstein ging eine Bemusterung voraus, bei der die möglichen Positionen für Beleuchtungskörper, die Nah- und Fernwirkung, die bestmögliche Intensität usw. geprüft und auf die diversen Blickpositionen optimiert wurde. Zur Installation wurden allerdings Leuchtmittel mit einer falschen Farbtemperatur geliefert, wodurch die Burg eine „geisterhafte“ Erscheinung bekam. Erst nach dem Tausch auf warmweißes Licht zeigte die Burg aus Sandstein dann wieder das gewünschte Ergebnis.
Wie weit sich eine Neugestaltung auch unterordnen kann und gerade dadurch Qualität beweist, ist das Beispiel der Neugestaltung des Hauptplatzes in Melk. Hier wurde im Zuge des Hochwasserschutzes der Platz am Fuße des Stift Melk, der vorher im festen Griff des Individualverkehrs war, den Bürgern und Besuchern als Aufenthaltsbereich zurückgegeben. Die unzähligen Gestaltungsdetails, seien es Oberflächen, Möblierung und auch Licht erscheinen so optimal, als wären sie die einzige Lösung gewesen. Der neu gestaltete Hauptplatz kann aber niemals mit dem über dem Platz thronenden Stift Melk konkurrieren und versucht dies auch nicht. Auch, oder vielleicht gerade Zurückhaltung ist ein Qualitätsmerkmal von guter Architektur, zu der Licht einen maßgeblichen Beitrag leisten kann und soll.
Text & Fotos: Ferencsin Lichtdesign – Gunther Ferencsin