Bauteilaktivierung mit Wetterprognose

18. März 2020 Mehr

Die Trägheit des Energiespeichers Beton ermöglicht bei der Bauteilaktivierung die kostengünstige und effiziente Zwischenspeicherung von Energie. Dieser Trägheitsvorteil wirkt einerseits stabilisierend für das Gebäude, andererseits ist eine rechtzeitige Reaktion auf einen Wetterwechsel und die daraus resultierende bedarfsorientierte Zuführung von Energie in die aktivierten Bauteile nur schwer möglich.

 

 

In Purkersdorf in Niederösterreich wurde nun ein Projekt realisiert, bei dem erstmals im Wohnbau die Bauteilaktivierung mit einer prädiktiven Steuerung kombiniert wurde, die das Heizen und Kühlen des Gebäudes unter Berücksichtigung von Wetterprognosen regelt. Diese Anlage ist Teil des Forschungsprojekts „TAB-Scale“ zwischen der BOKU, dem Ingenieurbüro Hofbauer und Treberspurg & Partner Architekten und soll u. a. Informationen über die Einsatzmöglichkeit dieser Technologie im mehrgeschossigen sozialen Wohnbau liefern.

Das in Passivhausbauweise errichtete Haus in Purkersdorf ist entsprechend dem konstruktiven und energetischen Konzept als Stahlbetonkonstruktion mit hoher Speichermasse ausgeführt. Ziel ist es, die am Haus mittels Fotovoltaik und am Grundstück mittels Tiefenbohrungen gewonnene Energie sowie die passive Solarenergie zu nutzen und zu speichern. Das Passivhaus ist nach den Kriterien des solaren Bauens geplant und mit einer Bauteilaktivierung ausgestattet, die sämtliche Heiz- und Kühlfunktionen des Gebäudes übernimmt. Die Energieversorgung für Heizung und Warmwasser erfolgt über eine Wärmepumpe mit Erdreichtiefensonden als Wärmequellen. Ein beträchtlicher Teil des Strombedarfs wird durch eine Fotovoltaikanlage am Dach abgedeckt. Neben einer hoch wärmedämmenden Gebäudehülle mit Passivhauskomponenten ist das Gebäude zudem mit einer Wohnraumlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung inklusive Zusatzheizungsfunktion ausgestattet.

 

 

Bauteilaktivierung mitminnovativem Ansatz
Im Rahmen des Forschungsprojekts wird nun gemessen, ob sich unter Berücksichtigung von Wetterprognosedaten ein messbarer Vorteil für den Gebäudebetrieb ergibt und wie groß dieser in unterschiedlichen Situationen erwartet werden kann. Dafür werden Informationen über zukünftige Entwicklungen der Außentemperatur und der solaren Einstrahlungsleistung der nächsten 24 bis 48 Stunden verarbeitet. Das System ist prinzipiell mit allen möglichen Heizsystemen kombinierbar, wird im Forschungsprojekt aber speziell im Zusammenhang mit thermisch aktivierten Bauteilen untersucht. Durch die große Trägheit dieser Systeme ist eine rechtzeitige Reaktion auf einen Wetterwechsel besonders wichtig.

Für „TAB-Scale“ wurden Messeinrichtungen, die die Temperaturen in den bauteilaktivierten Stahlbetondecken durch einbetonierte Temperaturfühler erheben, eingebaut und die Steuerung speziell für das Forschungsprojekt von der BOKU, Institut für Verfahrens- und Energietechnik entwickelt. Damit lässt sich abhängig von der Wetterprognose der Energiehaushalt regeln, aber auch komplexere Aufgaben lösen, wie etwa ein im Zeitverlauf variierendes Energieangebot, der CO2-Fußabdruck der Energie (Strom aus Wind oder PV gegenüber Netzbezug) oder variierende Strompreise berücksichtigen. Die Berechnung wird in zeitlich definierten Abständen, in diesem Fall stündlich, ausgeführt und es wird dann jeweils die aktuellste Lösung verwendet.

https://forschung.boku.ac.at/fis
www.treberspurg.com/forschung/tab-scale/

 

 

Fotos: Treberspurg Architekten

 

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Kategorie: Kolumnen, Sonderthema