Der Name ist Programm
Unter dem Namen LOVE architecture and urbanism vereinen Bernhard Schönherr, Mark Jenewein und Herwig Kleinhapl die Bereiche Architektur, Städtebau und Interiordesign unter einem Dach. Bei allem Tun steht immer die Passion für die Architektur im Vordergrund, getrieben von der Herausforderung, punktgenaue Lösungen für die spezielle Aufgabe zu finden.
Als LOVE architecture and urbanism 1998 von Bernhard Schönherr, Mark Jenewein und Herwig Kleinhapl in Graz gegründet wurde, taten drei Freunde einfach das, was sie extrem gerne tun. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Der Name ist nach wie vor Programm. Dabei schließen sich eine präzise, pragmatische und sachliche Herangehensweise und Enthusiasmus, gepaart mit Leidenschaft für die gestellte Aufgabe, keinesfalls aus. So erwachsen Orte, entstehen begehbare Formen, entwickelt sich Atmosphäre. Wie das gelingen kann, verraten die Köpfe von LOVE im Interview.
Projekt nfw!: Unter dem Motto „Together but Separate!“ vereinten LOVE für einen Eigentümer zwei Headquarters unterschiedlicher Firmen in einem Gebäude. Yin und Yang im Dialog.
© Tamara Frisch
LOVE – die Liebe zur Architektur und zum Tun: unabdingbar in der heutigen Zeit?
… nicht nur in der heutigen Zeit, sondern eigentlich zu jeder Zeit und an jedem Ort! Ohne die Liebe zum Tun und ein tiefes Bekenntnis zur Tätigkeit wird wohl nicht viel gehen!
Hat sich die Architekturbranche in Ihren Augen in den vergangenen Jahren gewandelt und wenn ja: wohin geht die Reise?
Architektur ist natürlich eine tief in alle gesellschaftlichen, technischen, ökonomischen und ökologischen Trends und Rahmenbedingungen eingebundene Zunft. Damit wandelt sich auch unsere Branche ständig. Wir lieben den Umgang mit diesem Wandel, denn sich ständig ändernde Kontexte, Beziehungsgeflechte und Komplexitäten bilden das Rohmaterial einer kreativen inhaltlichen wie formalen Auseinandersetzung mit einem der Fragestellung entsprechenden Resultat.
Wohin dabei die Reise geht, ist schwer zu beantworten. Da gibt es natürlich die Megathemen wie zum Beispiel CO2-neutrales Bauen, leistbares Wohnen, New Work oder auch technologiegetriebene Trends wie beispielsweise BIM. Diese werden uns mit Sicherheit die nächsten Jahre begleiten.
Aber wie zum Beispiel die Pandemie oder der Ukrainekrieg jüngst zeigten, gibt es da auch viel Unvorhergesehenes und Unvorhersehbares, welches Wandel rasant einfordert.
Der „Steg am Wasser“ bereichert den Wasserlandschaftsraum Dahme in Berlin um ein Wohnhaus, das durch eine großformatige, acht Meter tiefe, vorgelagerte Steganlage definiert ist.
© Jasmin Schuller
Sie realisieren Projekte rund um die Welt: Wie wichtig ist dabei der jeweilige Kontext?
Kontext ist immer King! Denn ohne den intelligenten Umgang mit den jeweiligen Rahmenbedingungen entsteht keine intelligente Architektur.
Arbeiten Sie interdisziplinär mit verschiedenen (externen) Partnern zusammen oder sind Sie in-house spezialisiert?
Wir arbeiten sehr gerne und intensiv mit Partner:innen und Freund:innen unterschiedlicher Disziplinen zusammen. Dies bereichert uns und führt im besten Fall zu Lösungen, die auch uns selbst überraschen.
Gleichzeitig versuchen wir, möglichst viele Kompetenzbereiche auch im eigenen Haus abzudecken. Hierzu bilden wir einzelne Mitarbeiter:innen zu ausgesuchten Fachthemen aus, um eine gewisse Basiskompetenz in dieser jeweiligen Disziplin im eigenen Haus zu haben. Idealerweise ist das entsprechende Team-Mitglied sogar Treiber einer solchen Vertiefung – denn hohes Eigeninteresse, Engagement und Motivation sind die beste Basis für Enthusiasmus. Allerdings sind wir einerseits als Büro zu klein, andererseits ist fachspezifisches Wissen so komplex, dass wir diese Kompetenz nicht bis in die Tiefe abdecken können und wollen.
Das Projekt Ragnitzstraße 36 in Graz ist als Antwort auf die drängende Frage im Wohnungsbau zu verstehen, relativ günstige, kleine aber qualitativ hochwertige Wohnungen zu schaffen.
© Jasmin Schuller
Wie kreiert man Atmosphäre?
Die schwierigste Frage überhaupt! Man weiß es nicht!
Wir glauben, am Anfang braucht man einen mutigen, speziellen und konsequenten Ansatz, dann muss man immer wieder neu überzeugen, um die Reise zu einer unverfälschten Realisierung durchzustehen. Man muss auch das Glück haben, dass diese Ideen einem Reality-Check standhalten. Außerdem muss das Konzept natürlich auch andere anstecken können.
Am Ende ist es gelungen, wenn diese ganz spezielle Art der Zusammenstellung der Dinge genau in dieser Umgebung zu einer bezaubernden Aura führt. … aber wie man das genau macht … ???
GARDEN FRAMES: Auf den ehemaligen Siemensgründen in Wien Penzing entstehen qualitativ hochwertige Wohnungen, umgeben von großzügigen und individuell gestaltbaren Freiräumen.
Kommt der Mensch derzeit bei der Planung von neuen Projekten oft zu kurz?
Das hängt stark von der Art des jeweiligen Projekts ab. Grundsätzlich kann man jedoch sagen, dass in den letzten Jahren des Baubooms die menschliche Komponente eher stiefmütterlich behandelt werden konnte, da unabhängig vom Preis ein Verkauf letztlich kein Problem darstellte. Perfekte Rahmenbedingungen für viel actio und wenig ratio.
Daher waren die letzten Jahre sicherlich gut für den Geldbeutel (auch für unseren eigenen), aber eher weniger gut für die Architektur oder den Städtebau an sich.
Die Chancen, dass sich dies nun wieder ändert, stehen allerdings zum Glück recht gut.
Geprägt von sich überlagernden Strukturen in Form von Geschossebenen, netzartigem Außentragwerk und innenliegenden Kernen gestalteten LOVE eine flexible Bürolandschaft für den Netzbetreiber 50hertz in Berlin.
© Hans Georg Esch
Ein Projekt, das Ihre Herzen im Sturm erobert hat?
Wir sind ein großes Team und daher gibt es auch sehr viele solcher Sturm-Projekte. Zentral aber ist, dass solche Projekte nicht nur im Hier und Jetzt zu suchen beziehungsweise zu finden sind. Historisch phantastisch zum Beispiel sind Abu Simbel, Ankor Vat, Palmyra, San Antimo oder auch Sanaa – da findet sich ganz vieles bis heute. Besonders interessant aber finden wir immer Architektur, welche zum Ausdruck einer bestimmten (gesellschaftlichen) Aufbruchstimmung wurde. Architektur als Repräsentant für beispielsweise gesellschaftlichen, politischen oder technologischen Wandel. Nicht jedes dieser Modelle überlebte seine Zeit, manche dieser einstig gefeierten „Aufbruchssymbole“ werden auch aus heutiger Sicht als fatale Fehlentwicklung beurteilt – man nehme nur Le Corbusiers Gedanken zur autogerechten Stadt „Ville Contemporaine“. Interessant und voller Kraft ist allerdings die Schärfe, Innovationskraft, Konsequenz, Stringenz und vor allem der mitreißende Optimismus derjenigen, welche fest an ihre Zukunft glauben. Und ums „Dran Glauben“ geht es schlussendlich – glauben wir.
Ein zukünftiges (Wunsch-)Projekt, in das Sie sich Hals über Kopf verlieben möchten?
Am liebsten würden wir uns dauernd und immer wieder Hals über Kopf verlieben!
Der SPAR Supermarkt an der Straße nach Premstätten darf als Geste der Verlangsamung der Bewegung der vorbeirasenden Autos verstanden werden, wobei ein komplexes Spiel aus der Dynamik der Architektur und Straßenbewegung entsteht.
© Tamara Frisch
Interview: Linda Pezzei
Kategorie: Architekten im Gespräch, Kolumnen