Ökodesign – jetzt wird alles grüner!

4. März 2011 Mehr

Wenn George Clooney bei einer Preisverleihung werbewirksam im Elektroauto vorfährt, um damit auf die steigende Luftverschmutzung aufmerksam zu machen, und Leonardo Di Caprio nicht durch eine Affäre mit einem Supermodel, sondern durch das Anbringen von Solarzellen auf seinem Dach Schlagzeilen macht, dann ist eines gewiss: Das Thema Umweltbewusstsein sorgt wieder für Aufsehen – aber diesmal in großem Stil.

Ökodesign - jetzt wird alles grüner!

Vielen von uns ist bewusst, dass Erderwärmung, Treibhauseffekt und Umweltverschmutzung unsere Erde zerstören, dass schnellstens etwas dagegen getan werden muss und dass wir alle etwas beisteuern müssen, wenn wir unseren Planeten retten wollen. Und dennoch will der moderne Mensch von heute auf nichts verzichten müssen und keine zeitintensiven Mühen auf sich nehmen. Wer keine Zeit hat, selbstgemachte Suppe an Arme zu verteilen oder ehrenamtlich Robben aus verdreckten Meeren zu retten – wer vielleicht die Zeit, aber nicht die Mittel hätte, sein Haus neu zu isolieren oder Patenschaften für Bäume aus dem schwindenden Regenwald zu übernehmen, der versucht in seinem Alltag mit seinen tagtäglichen Handlungen und Entscheidungen sowie seinem Kaufverhalten weniger Schaden anzurichten als er es bisher getan hat.

„Kauf dir eine bessere Welt“ ist das neue Motto der „Generation Environment“ (kurz genE) – ein Slogan, der darauf abzielt, durch bewusste Kaufentscheidungen Produkte mit einem gewissen Mehrwert zu erstehen.
Kaufe nicht mehr nur dich selbst glücklich, sondern verbessere die Welt dadurch!
Was mit bewusstem Verzicht und spartanischer Askese begann, wandelt sich nun – da das passende Angebot auf dem Markt erhältlich ist – in reflektierte Reduktion und strategischen Konsum von Produkten, die sich jedoch noch nicht alle leisten können.
Öko-Produkte – ob nun Möbel, Mode oder Lebensmittel – fungieren auf diese Weise auch als Statussymbole und kreieren ein Image, welches den Käufer auch nach außen hin aufwertet.
Ethik und Hedonismus sind somit heutzutage kein Widerspruch mehr. Das Image von Öko und Bio hat sich gewandelt. Längst vergessen sind die kleinen Modesünden der Althippies, die in Latzhosen und Birkenstock- Sandalen für ein besseres Umweltverständnis kämpften.

„Der Trend geht hin zur Selbstverwöhnung statt Weltverbesserung. Dem Thema Ethik nähern sich Konsumenten heute über Ästhetik, statt wie einst über Ideologie“, so Jutta Nachtwey und Judith Mair, die in ihrem Buch „Design Ecology“ anhand von über 60 Beispielen zeigen, wie amüsant, pfiffig und auch sexy „grüne“ Produkte und auch Kommunikationskonzepte heute sein können. Und dabei wurde nur eine kleine Auswahl vorgestellt, wie etwa ein Bambus-Laptop oder Dessous aus Biostoffen – der Markt von Öko-Produkten wird immer größer und deckt schon bald alle Sparten und Branchen ab. Ob nun Mode, Kosmetik, Waschmittel oder Schuhe – alle diese Produkte können bereits als umweltverträgliche Bio-Produkte erstanden werden, die auch von Qualitätsprüfern zertifiziert werden.
Auch wenn die meisten dieser Produkte vorerst nur übers Internet erhältlich sind, dort zumindest ist das Angebot schon recht groß.

Grüne Möbel

Auch das Möbeldesign hat sich der neuen Zielgruppe angepasst. Hausbackene und plumpe Entwürfe werden durch „Green Design“ ersetzt, welches eine hohe ästhetische Qualität und konzeptionelle Stärke besitzt. „Öko-Möbel fristen bei all ihren Vorteilen hinsichtlich der Nachhaltigkeit und Sozialverträglichkeit noch immer ein relatives Schattendasein, obwohl alle daran beteiligten Akteure ganz klar ihre Hausaufgaben in Punkto Design, Eleganz und Komfort gemacht haben. Öko-Möbel sind heute so schick wie noch nie und können ganz locker mithalten mit der Forderung nach Lifestyle-Tauglichkeit, Urbanität und bezahlbarem Luxus“, sagt Otto Bauer der Geschäftsführer der ÖkoControl Gesellschaft für Qualitätsstandards.
Dabei bedeutet Öko heute was anderes als noch vor ein paar Jahren, denn nun wird nicht mehr nur allein auf die verwendeten Materialien geachtet, sondern der ganze Produktkreislauf ins Auge gefasst. „From Cradle to Cradle“ (C2C) nennt sich dieses neue Prinzip, welches auch das Produktleben nach Gebrauch mit einberechnet und versucht die Produkte der Natur zurückführen. Was beim kompostierbaren „Umrührlöffelchen“ diverser Fastfood-Ketten noch einfach vorzustellen ist, wird zum Beispiel bei einem Bürostuhl schon ein wenig komplizierter. Und doch ist es möglich: so wird zum Beispiel der „Mirra“- Stuhl von der Firma „Hermann Miller“ bereits nach diesem Prinzip gefertigt und kommt bei der Zielgruppe sehr gut an. „Alle neuen Serien werden inzwischen so gebaut und erbringen bereits 30 Prozent des Umsatzes, ihr Anteil soll aber in den nächsten Jahren
auf 50 Prozent steigen“, so der Marketingchef des Unternehmens Bertie van Wyk. Auch „Steelcase“ hat einige C2C-Serien auf den Markt gebracht, die nicht teurer sind als herkömmliche Stühle. Alle Produkte durchlaufen eine Ökobilanzierung über den gesamten Lebenszyklus von Materialien, Produktion, Transport, Nutzereinsatz und Wiederverwertung und bieten so dem Kunden die notwendige Transparenz um mit gutem Gewissen auch gut zu kaufen.

Grünes In- und Exterieur

Aber nicht nur Möbel können grün sein, man kann auch grün wohnen; von der Wandfarbe und dem Parkettboden bis zur Wasseraufbereitung, von der Wärmeerzeugung bis zum Müllrecycling und Abfallvermeidung – um einen ganzheitlichen ökologisch nachhaltigen Ansatz in seinen eigenen vier Wänden zu leben und die höchst mögliche Wohngesundheit zu erreichen, verlangt es nach Knowhow und Hingabe.
Vorreiter und somit Inspirationsquellen für den generellen und allumfassenden Einsatz von Öko-Materialien und -Technologien sind zum Beispiel Bio-Hotels, die allerorts gleich wie Pilze aus dem Boden schießen.
Denn auch die Touristikbranche wird vom Öko-Boom erfasst, und die Umweltschonung endet eben nicht bei der Wahl des Transportmittels.

Aber auch hier zeigt sich, dass die Beweggründe nicht immer ideologischer Natur sein müssen. Viele Gäste wünschen sich eine Umgebung, die sich zurücknimmt, die die Sinne zur Ruhe kommen lässt, die den Organismus stärkt und die höchste Qualität auf allen Gebieten gewährleistet. Die Trends „Wellness“ und „Detoxing“ (zu Deutsch: entgiften) zeigen auf, dass der Urlaub als Regenerationsphase immer wichtiger wird und dass die Umgebung hierbei eine nicht unbedeutende Rolle spielt. Somit sind Bio-Hotels die Antwort auf den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel.

Erste Vertreter dieser Kategorie sind auch schon in Österreich zu finden. Zum Beispiel das Panoramahotel Wagner am Semmering oder das weltweit erste Null-Energie-Bilanz-Hotel Stadthalle in Wien. Dieses gewinnt innerhalb eines Jahres gleich viel Energie mit Grundwasserwärmepumpe, Fotovoltaikanlage und Solaranlage, wie auch wieder verbraucht wird. Das Regenwasser wird für die Toilettespülung und zur Bewässerung des Gartens gesammelt, und das Hotelschild erzeugt seinen eigenen Strom. Zudem warten drei Windräder und zwei Elektrotankstellenplätze, die gratis Strom für Elektroautos bereitstellen würden, auf die Genehmigung seitens der Stadt. Grüner kann man kaum urlauben!
„Wer heute Köpfchen beweist, der denkt an morgen!“ ist eine alte Redewendung die nun – da unser Morgen in Gefahr ist – an Brisanz gewinnt. Sich selbst etwas gönnen und gleichzeitig Gutes tun – so einfach wurde ethisches Handeln noch nie gemacht! Öko-Luxus, für moralische Hedonisten und Lifestyle-Avantgardisten, die sich selbst verwöhnen und mit gutem Gewissen (sich selbst und auch der Natur gegenüber) konsumieren, ist der neue Trend, der schon bald Mainstream werden wird. Um diesen neuen Markt und diese Käuferschicht bedienen zu können, erwartet man heutzutage von modernem und zeitgenössischem Design, auch nachhaltig zu sein. Somit ist keine Rede mehr von Öko-Produkten auf der einen Seite und Lifestyle-Produkten auf der anderen Seite.
Öko ist Lifestyle, und wie heißt es so schön „grün ist die Hoffnung“ und diese stirbt wie immer zuletzt.

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Kategorie: Design