Die Teilzeitnutzung von Immobilien

21. November 2014 Mehr

Bisweilen hat man die Bestimmungen des Teilzeitnutzungsgesetzes 2011 (TNG 2011) für totes Recht gehalten. Doch die Entwicklung des regionalen Grundverkehrs- und Raumordnungsrechts zum Thema Zweitwohnsitz insbesondere in touristisch genutzten Gebieten, verschafft diesem Gesetz zumindest in Österreich eine unerwartete Renaissance.

Um jeden Anschein des Vorliegens eines (ständigen) Zweitwohnsitzes im Zusammenhang mit dem Verkauf von Immobilien und damit die Kollision, mit für die Verwertung eines Immobilienprojekts ungünstigen Bestimmungen des regionalen Grundverkehrs- und Raumordnungsrechts zu vermeiden, greifen Bauträger und Immobilienentwickler verstärkt in die rechtliche Trickkiste. Dabei werden rechtliche Konstrukte aus dem Hut gezaubert, die z. B. die Überschrift ‚Wohnungseigentum‘ tragen, inhaltlich aber eine (meist touristische) Teilzeitnutzung der jeweiligen Immobilie versprechen.

Mit solchen rechtlichen Konstrukten landen der veräußernde Unternehmer und der erwerbende Verbraucher jedoch (meist unbewusst) im Anwendungsbereich des Teilzeitnutzungsgesetzes 2011 (TNG 2011). Das TNG 2011 sieht zwingende Vorschriften insbesondere zu Werbung und Vertrieb, zu vorvertraglichen Informationspflichten, zur Form des Vertragsabschlusses, zu Rücktrittsrechten des erwerbenden Verbrauchers sowie zur Fälligkeit von Zahlungen vor. Darüber hinaus normiert das TNG 2011 Strafbestimmungen für den Fall des Zuwiderhandelns.

Unter einem Teilzeitnutzungsvertrag ist ein Vertrag zu verstehen, mit dem ein Unternehmer einem Verbraucher gegen ein Gesamtentgelt für die Dauer von mehr als einem Jahr das (dingliche oder obligatorische) Recht einräumt, ein oder mehrere Nutzungsobjekte wiederkehrend für jeweils einen begrenzten Zeitraum zu nutzen, und zwar unabhängig von der für die Rechtseinräumung gewählten Rechtsform, von der Rechtsform des Unternehmers und von den das Nutzungsobjekt betreffenden Rechtsverhältnissen.

Ein solches Rechtsgeschäft bedingt sowohl in der Werbung und im Vertrieb als auch im Vorfeld des Vertragsabschlusses umfangreiche Aufklärungspflichten insbesondere mit Rücksicht auf die im Formblatt für Informationen zu Teilzeitnutzungsverträgen gemäß Anhang I der Teilzeitnutzungs-Richtlinie 2008/122/EG enthaltenen Informationen, die dem Verbraucher kostenfrei (in Papierform oder auf einem dauerhaften Datenträger) zur Verfügung zu stellen sind. Teilzeitnutzungsverträge dürfen überdies nicht als Geldanlage beworben oder angeboten werden.

Diese Informationen werden grundsätzlich auch zum Vertragsbestandteil. Änderungen sind nur sehr eingeschränkt wirksam. Ein Teilzeitnutzungsvertrag bedarf zu seiner Rechtswirksamkeit zudem der Unterschrift der Vertragsparteien (oder der qualifizierten elektronischen Signatur). Das Vertragsdokument ist in Papierform oder auf dauerhaftem Datenträger abzufassen und dem Verbraucher unmittelbar nach Vertragsabschluss zur Verfügung zu stellen. Das Vertragsdokument ist nach Wahl des Verbrauches in einer Amtssprache jenes Mitgliedstaates abzufassen, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat oder dem dieser angehört. Gleiches gilt für die vorvertraglichen Informationen. Ist dies nicht erfolgt, ist dem Verbraucher mit Wohnsitz in Österreich zusätzlich eine beglaubigte Übersetzung des Vertragsdokuments in dieser Sprache zur Verfügung zu stellen.

Der Verbraucher kann binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen und kostenfrei von einem Teilzeitnutzungsvertrag oder von einem darauf gerichteten Vorvertrag zurücktreten. Diese Rücktrittsfrist beginnt mit dem Tag des Abschlusses des Vertrages bzw. des Vorvertrages oder später mit dem Tag, an dem der Verbraucher das verbindliche Vertragsdokument erhält. Vor Ablauf der Rücktrittsfrist sind Zahlungen des Verbrauchers nicht fällig und darf der Unternehmer solche weder fordern noch annehmen. Vor Abschluss des Vertrages ist der Verbraucher ausdrücklich auch auf dieses Rücktrittsrecht und die Rücktrittsfrist sowie auf das während der Rücktrittsfrist geltende Anzahlungsverbot aufmerksam zu machen. Das Vertragsdokument muss ein gesondertes Formblatt für den Rücktritt gemäß Anhang V der Teilzeitnutzungs-Richtlinie 2008/122/EG enthalten.

Der Verbraucher kann alle entgegen dem TNG 2011 geleisteten Zahlungen vom Unternehmer zuzüglich jährlicher Zinsen ab dem Zahlungstag in Höhe von 6 Prozentpunkten über dem geltenden Basiszinssatz zurückfordern. Darüber hinaus stellt eine Verletzung des TNG 2011 eine Verwaltungsübertretung dar, die – abhängig vom jeweiligen Straftatbestand – mit einer Geldstrafe von bis zu EUR 7.260,00 bedroht ist, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

Angesichts dieser Bestimmungen ist es daher empfehlenswert, rechtliche Sonderkonstruktionen inhaltlich so zu gestalten, dass die Anwendung des TNG 2011 möglichst ausgeschlossen ist, oder – wenn man die Anwendung des TNG 2011 in Kauf nimmt – für die Einhaltung der Vorschriften des TNG 2011 Sorge zu tragen, um allfällige rechtliche wie auch wirtschaftliche Risiken bei der Errichtung und Abwicklung des Vertrages, insbesondere in Bezug auf die Kosten, den Zahlungsverkehr und die grundbücherliche Durchführung, zu vermeiden.

In Deutschland, wo der Erwerb von Immobilien als Zweitwohnsitz regelmäßig auch in Feriengebieten nicht ausgeschlossen bzw. eingeschränkt ist, sind die Bestimmungen über Teilnutzung von Immobilien eher von untergeordneter Bedeutung. Allerdings kann sich auch bei dem Erwerb von Immobilien in Ferienparks ein Anwendungsbereich eröffnen. Dies ist in vielen Fällen weder dem Veräußerer noch dem Erwerber bekannt.

Hierbei handelt es sich häufig um Konstellationen, in denen Erwerber einzelne Häuser in Ferienparks erwerben, an den Veräußerer bzw. einen Dritten als Parkbetreiber langfristig vermieten und für wenige Wochen im Jahr das Recht haben, ein Ferienhaus zu nutzen. Auch wenn höchstrichterliche Entscheidungen zu dieser Konstellation fehlen, besteht ein Risiko, dass die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 481 ff BGB über Teilzeit-Wohnrechteverträge Anwendung finden, in denen die Teilzeitnutzungs-Richtlinie 2008/122/EG in Deutschland umgesetzt wurde. An einer Anwendbarkeit können Zweifel bestehen, da der Erwerber grundsätzlich uneingeschränkt Eigentümer der Immobilie ist, diese aber langfristig vermietet hat. Diese Konstellation entspricht im Regelfall nicht der, vor der die Richtlinie eigentlich schützen sollte: nämlich, dass die Urlaubsstimmung eines Verbrauchers ausgenutzt wird und dieser übereilt in einen Vertrag gedrängt wird, der allein die teilweise Nutzung einer Ferienimmobilie zum Inhalt hat. Oder, dass jemand einen Vertrag unterschreibt, der ihn zu einer größeren Anfangszahlung zwingt, ohne dass sein Recht im Fall einer Insolvenz des Vertragspartners geschützt ist, oder ohne dass er ein weiterveräußerungsfähiges Recht erlangt.

Würde man dennoch zu einer Anwendbarkeit dieser Bestimmungen gelangen, so entsprächen die Folgen den vorstehend für Österreich geschilderten. Dies führt insbesondere dazu, dass die geschilderten Informations- und Aufklärungspflichten anwendbar wären. Auch bestünde das Risiko, dass derartige Verträge – auch nach langer Zeit – noch angefochten werden können, wenn keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erfolgte, die die 14-tägige Widerrufsfrist in Gang setzte. Dies hätte die weitreichende Folge, dass ein Erwerber auch Jahre später sein Investment zurückziehen und den Vertrag rückabwickeln könnte.

Dies bedeutet, dass entsprechend der österreichischen Lage, bei derartiger Gestaltung darauf zu achten ist, dass entweder die Konstellation so gewählt wird, dass eine Anwendbarkeit der gesetzlichen Bestimmungen über Teilzeit-Wohnrechteverträge eindeutig ausgeschlossen ist, oder den Vorgaben dieser Bestimmungen eindeutig entsprochen ist. Dies bedeutet nicht nur, dass in dem begründenden Vertrag eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung enthalten sein muss. Auch muss beim Vertrieb der Ferienimmobilie, die im Ergebnis nur teilweise selbst genutzt werden soll, ein Prospekt erstellt werden, der sämtliche in der Richtlinie vorgegebenen Informationen enthält und den Erwerb nicht als Geldanlage darstellt.

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Kategorie: Bau & Recht, Kolumnen