BIM-Software: Betrachten, kontrollieren und koordinieren

19. Juni 2018 Mehr

BIM ist keine Software, spezielle Werkzeuge setzt die Planungsmethode dennoch voraus – etwa BIM-Viewer, Modell-Checker oder Projekträume. Was können sie und welche Lösungen gibt es?

BIM verändert nicht nur Planungsabläufe, sondern auch Planungswerkzeuge. Das liegt vor allem daran, dass an die Stelle von 2D-Zeichnungen 3D-Datenmodelle treten und Projekte nicht mehr zeichnungs-, sondern modellorientiert entworfen, konstruiert, ausgetauscht, geprüft, kommentiert und geändert werden. Diese und weitere Tätigkeiten unterstützen BIM-Planungswerkzeuge. Neben BIM-fähiger CAD-Software sind das hauptsächlich Programme, die für die Anzeige, Analyse, Prüfung, Kontrolle, Änderung und den Austausch von oder die Zusammenarbeit an BIM-Projekten konzipiert wurden. Welche Einsatzmöglichkeiten und Funktionen bieten BIM-Viewer, BIM-Modellchecker und BIM-Projekträume, wie setzt man sie ein und worauf sollte man achten?

 

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Die Planung von BIM-Projekten setzt spezielle Werkzeuge wie etwa BIM-Viewer, Modell-Checker oder BIM-Projekträume voraus. © Trimble

 

BIM-Viewer: Modelle betrachten und analysieren
BIM-Viewer wie Bentley Navigator, Ceapoint Desite Share, DDS CAD-Viewer, Solibri Model Viewer, Tekla BIMsight und weitere (siehe Infokasten) dienen dem Betrachten von BIM-Modellen. Dazu werden sie als IFC-Datei oder in anderen Datenformaten importiert und angezeigt. Werden dabei alle Fachmodelle von Architekten, Tragwerks-, TGA-Planern und anderen Fachingenieuren eines Bauprojektes zusammengeführt, kann man sie kombiniert in einem Gesamtmodell betrachten – unabhängig davon, in welchem CAD-Programm sie jeweils erstellt wurden. Da die BIM-Modellanzeige auch ohne Originalsoftware funktioniert, die meisten BIM-Viewer einfach bedienbar und kostenfrei sind, lassen sich auch Handwerker, Bauherren oder Investoren in den BIM-Planungsprozess einbinden. Diese können BIM-Modelle aus verschiedenen Blickwinkeln auf dem PC oder mobil auf dem Tablet betrachten oder virtuell „begehen“, beliebige Ansichten erzeugen, Maße prüfen und Planern eventuelle Unstimmigkeiten melden. Je nach Anbieter verfügen BIM- oder IFC-Viewer zusätzlich über verschiedene, auch für Planer nützliche Funktionen, beispielsweise für die Anzeige von Bauteileigenschaften (Bauteilnummer, Material, Abmessungen etc.), für das Filtern der BIM-Daten nach verschiedenen Kriterien oder für die Prüfung auf mögliche Bauteilkollisionen und deren Kommentierung. Dafür stehen Hinweispfeile, Marker oder Textkommentare zur Verfügung, mit denen einzelne Bauteile grafisch hervorgehoben und kommentiert werden können. Das 3D-Modell wird dabei nicht verändert. Verfügt der BIM-Viewer auch über Kontroll- und Kommunikationsfunktionen, lassen sich auch Änderungen verwalten oder Aufgaben zuweisen. Damit unterstützen BIM-Viewer auch die Abstimmung und Kooperation zwischen Projektbeteiligten im Rahmen von openBIM-Projekten. Da BIM-Viewer häufig funktional „abgespeckte“ BIM-Modellchecker sind, überschneiden sich die Funktionsumfänge teilweise.

BIM-Modellchecker: Modelle prüfen, kontrollieren …
BIM-Prüfungs- und Analysewerkzeuge (so genannte „BIM-Checker“) dienen vor allem dazu, BIM-Fachmodelle vor deren Übergabe an Projektbeteiligte auf Modellierungsvorgaben, Klassifizierungen, Attributzuweisungen und weitere Aspekte zu überprüfen. BIM-Checker sind speziell für Planer konzipierte Werkzeuge zur regelbasierten Analyse, Überprüfung und Qualitätssicherung von 3D-Modellen. Damit lassen sich 3D-Modelle und Bauteile auf Regelkonformität untersuchen, Räume, Massen und Mengen auswerten oder Berichte und Reports entsprechend zuvor definierter Vorlagen erstellen. Praktisch alles im Model kann man planungsbegleitend, vor der Auswertung oder vor der Übergabe an externe Planungspartner manuell oder automatisch überprüfen: Beispielsweise, ob alle Wände und Stützen übereinander stehen, ob Bauteile redundant vorhanden sind, ob wichtige BIM-Modellierungsregeln eingehalten wurden und so weiter. Werden dabei Fehler entdeckt, können daraus resultierende Arbeitsaufträge über das Nachrichtenaustauschformat BCF an die jeweiligen Planungspartner übergeben werden, die diese in ihre Software einlesen und abarbeiten können.
Neben Funktionen zur Modellanalyse und Qualitätsüberprüfung verfügen Modellchecker auch über Kommunikations- und Koordinationsfunktionen, wodurch sie beispielsweise die Fachmodellprüfung ideal unterstützen. Dabei werden von unterschiedlichen Fachplanern oder Gewerken stammende BIM-Fachmodelle bei der Zusammenführung zu einem Koordinations- oder Gesamtmodell auf Fehler und Abweichungen überprüft. Da Fachmodelle zur Kontrolle und Abstimmung regelmäßig zusammengeführt werden müssen, sparen Modell-Checker viel Zeit, weil sich manuelle Vergleiche erübrigen.
Kollisionsprüfungen sind ein weiterer wichtiger Einsatzbereich: Neben manuellen, respektive visuellen Prüfungen auf geometrische Kollisionen von Bauteilen, Bauteilgruppen oder Komponenten sind mit entsprechenden Regelvorgaben auch automatisierte Kollisionsprüfungen möglich. Dabei vom Programm entdeckte Bauteilüberschneidungen lassen sich nach einer zuvor definierten Relevanz kategorisieren. Das vereinfacht die Fehlerbearbeitung vor allem bei großen und komplexen Projekten. Mithilfe logischer Analyseregeln lassen sich Projekte im Rahmen von Mängelprüfungen auch auf mögliche Fehler, wie etwa fehlende Bauteile, falsche Mengen oder Massen untersuchen. Das hilft, Fehler und teure Folgekosten schon in der Planungsphase zu vermeiden. Planungsänderungen generieren häufig Fehler, weil Folgeänderungen vergessen oder Auswirkungen auf andere Gewerke übersehen werden. Deshalb bieten Modellchecker meist auch eine automatisierte Änderungsverfolgung. Damit lassen sich Planungsänderungen am BIM-Modell verwalten und nachverfolgen. Das macht Änderungen transparenter, sorgt für mehr Disziplin bei Planungsbeteiligten und reduziert Fehlerquellen.

 

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Auf Regelvorgaben basierende, automatische Kollisionsprüfungen beschleunigen Prozesse, …
© Ceapoint AEC Technologies

 

… und mehr
Wissensbasierte BIM-Modellchecker können mehr, als nur Fehler finden. Nicht nur CAD-Objekte und deren Attribute, sondern auch Metadaten, Termine und Kostenrechnungen können ausgewertet und verarbeitet werden. Auf Grundlage dieser 4D- bzw. 5D-BIM-Daten lassen sich mit einigen Modell-Checkern auch modellbasierte Kosten- und Terminpläne erstellen. Dabei werden neben der Gebäudestruktur auch die mit den Gebäudebauteilen verknüpften Arbeitsprozesse und Zeitvorgaben sowie die gegenseitigen Abhängigkeiten automatisch ausgewertet, die allerdings zuvor in das BIM-Modell eingepflegt werden müssen. Da man diese Daten speichern und für künftige Bauvorhaben verwenden kann, lassen sich mit modellbasierten Bauzeiten- und Kostenplänen beachtliche Rationalisierungsvorteile erzielen.
BIM-Modellchecker können darüber hinaus auch für Prüfungen auf Normen- und Regelkonformitäten eingesetzt werden – beispielsweise ob elementare Treppenregeln wie Schrittmaß und Kopffreiheit, ob Brandschutzregeln wie Fluchtweglängen oder Vorgaben zur Barrierefreiheit wie die Rollstuhlzugänglichkeit von Bädern und WCs eingehalten werden. Mit Hilfe von im Programm integrierten, individuell erweiterbaren logischen Analyseregeln und Klassifikationen lassen sich Projekte auf beliebige, zuvor definierte Regeln, Vorschriften oder Richtlinien (z. B. aus Bauordnungen, Arbeitsstättenrichtlinien, Brandschutzvorschriften etc.) automatisiert überprüfen. Damit sind Modellchecker auch für Ämter und Behörden interessant, weil man für Baugenehmigungsprozesse notwendige Prüfungen von Bauvorhaben automatisieren und damit die Abarbeitung digitaler Bauanträge beschleunigen kann. Da neben Geometrien auch alle Bauteilattribute nach beliebigen Filterkriterien auswertbar sind, profitieren auch Bauunternehmen und Handwerker oder Gebäudebetreiber: So lassen sich beispielsweise Lieferzeiten, Montage- und Wartungsarbeiten einfacher planen und organisieren oder Qualitätsstandards im Gebäudebetrieb überprüfen und sichern.

Ohne BIM-Projekträume kein openBIM
BIM-Projekträume dienen der Kooperation und Information innerhalb geschlossener Benutzergruppen und werden auch als Projektkommunikations- und Management-Systeme (PKMS) oder Internetbasierende Projektmanagement-Systeme (IBPM) bezeichnet (architektur 4/13: Virtuelle Projekträume). BIM-fähige, bauspezifische Projekträume stellen quasi die Kommunikationsinfrastruktur für openBIM-Projekte zur Verfügung. Beispiele sind Allplan BIMPlus, Autodesk BIM 360, Bentley ProjectWise, BRZ Project-Connect, Trimble Connect etc. (siehe Infokasten). Erst der Einsatz BIM-fähiger Projekträume ermöglicht es Projektbeteiligten, jederzeit auf alle Informationen und Kommunikationsstrukturen zugreifen zu können, die für openBIM-Projekte unerlässlich sind. Dazu stellen sie 3D-Modelle, aber auch Baupläne, Dokumente, Berechnungen, Bauzeitenpläne, Raumbücher, Ausschreibungen, Protokolle etc. für zugriffsberechtigte Projektbeteiligte zeit-, orts- und plattformunabhängig online bereit. Darüber hinaus verwalten sie Informationen zu Dokumentinhalten, Dokumentversionen, Benutzern und deren Zugriffsrechten sowie zu Prozessabläufen, etwa zur Korrektur und Freigabe.
Haben Projekträume bisher vorwiegend zeichnungsorientierte Informationen digital bereitgestellt, treten mit der Etablierung der BIM-Planungsmethode zunehmend 3D-Bauwerksmodelle an ihre Stelle. Deshalb enthalten immer mehr Projekträume Funktionen von BIM-Viewern und BIM-Modellcheckern, die über eine Betrachtung von BIM-Modellen hinaus auch deren Analyse, Kontrolle, Bearbeitung und Verwaltung ermöglichen. Mit integrierten, per Web-Browser aufrufbaren BIM-Viewern können zugriffsberechtigte Teilnehmer Fachmodelle zusammenführen, um sie zu analysieren, zu prüfen, zu kommentieren und an Projektbeteiligte weiterzuleiten. Aufgaben und Arbeitsanweisungen lassen sich inklusive Modellverknüpfung, Zuständigkeiten, Prioritäten und Fälligkeiten unter allen betreffenden Planungspartnern dokumentiert verteilen. Daraus ergeben sich klare Verantwortlichkeiten, die Planungsabläufe transparenter und sicherer machen.
Über einen Revisionsmanager lassen sich Revisionsstände von BIM-Modellen verwalten. Wird eine veränderte Version hochgeladen, erscheint eine Datums- und Zeitangabe, inklusive einer Liste aller Revisionsstände, die bei Bedarf geöffnet und verglichen werden können. Damit lassen sich Projekthistorien dokumentieren und nachvollziehen. Tauchen auf der Baustelle Fragen auf, kann man sie zeit-, orts- und plattformunabhängig am BIM-Modell klären.
Über eine modellorientierte Verortung von Baumängeln können bei Bauabnahmen Mängel digital aufgenommen und mit einer IFC-Datei gekoppelt oder direkt vor Ort auf der Baustelle im BIM-Viewer erfasst und dem hinterlegten 3D-Modell zugeordnet werden. Da über den Projektraum alle ausführenden Gewerke darauf zugreifen und den Bearbeitungsstatus rückmelden können, sind bauleitende Planer in der Lage, sich schnell eine Übersicht über den aktuellen Bearbeitungsstand zu verschaffen. Trotz BIM werden Papierpläne bis auf Weiteres unverzichtbar bleiben. Deshalb bieten Projekträume auch Funktionen für eine bessere Einbindung von Papierdokumenten in den BIM-Prozess. So ermöglichen etwa auf den Papierplänen aufgedruckte QR-Codes eine schnelle Verknüpfung mit der dazugehörenden BIM-Modellansicht oder die Überprüfung der Pläne auf Aktualität.

 

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vor allem bei großen und komplexen Projekten, bei denen im Planungsverlauf mehrere Hundert oder Tausend Kollisionen auftreten können.
© Autodesk, BAM Swiss AG: Felix-Platter-Spital, Basel

 

Fazit: Investitionen, die sich lohnen
BIM-fähige CAD-Programme sind für eine Zusammenführung von BIM-Modellen aus verschiedenen Quellen oder für eine Überprüfung, Kontrolle und Auswertung nach beliebigen Kriterien weder geeignet noch konzipiert. Deshalb kommt man um eine Anschaffung eines BIM-Modellcheckers nicht herum. Die 1.000 bis 7.500 Euro (je nach Produkt und Funktionsumfang) sind aber gut investiert, schließlich lassen sich Fehler und Kollisionen umso einfacher und kostengünstiger beheben, je früher man sie erkennt. Wichtig ist allerdings deren enge Einbindung in den BIM-Planungsprozess. So sollte etwa ein Modell-Checker im CAD-Programm integriert sein und keinen umständlichen Ex- und Import von IFC-Daten voraussetzen. Nur so lässt sich ein flüssiger „Workflow“ realisieren, innerhalb dessen Projekte parallel geplant und zugleich einem Qualitäts-Check unterzogen werden können.

 

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Über die Betrachtung von BIM-Modellen hinaus bieten einige Projekträume auch Analyse-, Kontroll- und Verwaltungsfunktionen. © Nemetschek/Allplan

 

Produkte und Anbieter*

BIM-Viewer/Checker: Allplan BIM+ Viewer (www.allplan.com), Autodesk Navisworks (www.autodesk.de); Bentley Navigator (www.bentley.com), BIM Vision (www.bimvision.eu), BRZ-Desite (www.brz.eu), DDS CAD-Viewer (www.dds-cad.at), Desite MD/Share (www.ceapoint.com), Tekla BIM-Sight (www.teklabimsight.com), Solibri Model Checker/Viewer (www.solibri.com/de)
weitere: www.buildingsmart.de/kos/WNetz?art=Compilation.show&id=31
BIM-Projekträume: Aconex Connected BIM (www.conject.com/de), Allplan BIMPlus (www.allplan.com), Autodesk BIM 360 (www.autodesk.de), Bentley ProjectWise (www.bentley.com), BRZ-Project-Connect (www.brz.eu), Newforma Building Info Management (www.newforma.com), PMG Projektraum (www.pmgnet.de), think project! BIM Collaboration (www.thinkproject.com), Trimble Connect (www.trimble.de)

Literatur und Quellen*

Borrmann, A., König, M., Koch, C., Beetz, J. (Hrsg.): Building Information Modeling. Technologische Grundlagen und industrielle Praxis, VDI-Buch, Springer, Heidelberg 2015
Egger, M., Hausknecht, K., Liebich, T./ Przybylo, J, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR, Hrsg.): BIM-Leitfaden für Deutschland, Berlin 2014, Download: http://bit.ly/1tDYG5Y
Hanff, J.: Modellbasiertes Bauprozessmanagement, aus: BIM – Building Information Modeling 2016, Ernst & Sohn, Berlin 2016
Hausknecht, K., Liebich, T.: BIM-Kompendium. Building Information Modeling als neue Planungsmethode, Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2016
Uhl, M.: Erst durch vernetzte Kommunikation entwickelt BIM seine ganze Kraft, aus: BIM – Building Information Modeling 2017, Ernst & Sohn, Berlin 2017

* Ohne Anspruch auf Vollständigkeit

Text: ©Marian Behaneck

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Kategorie: EDV