Drohnen im Baubereich

9. Mai 2017 Mehr

Drohnen im Baubereich:

Einsatzbereiche, Möglichkeiten und Grenzen

Ferngesteuerte Fluggeräte sind im Baubereich vielfältig einsetzbar – für die Inspektion, Vermessung oder Präsentation von Gebäuden. Welche rechtlichen Aspekte sind zu beachten und worauf sollte man beim Kauf oder bei der Beauftragung von Dienstleistern achten?

 

Fassadeninspektion mit Drohnen

Fassadeninspektionen, Kontrolle von Dachrinnen und Dächern. © Geospector

 
Sie liefern Waren oder eilige Medikamente aus, inspizieren Strommasten oder Windräder, orten Wärmelecks an der Gebäudehülle oder führen präzise Vermessungen durch: Unbemannte Fluggeräte, englisch Unmanned Aircraft Systems oder Unmanned Area Vehicles (UAS, UAV), populär meist „Drohnen“ genannt, werden inzwischen in zahlreichen Bereichen eingesetzt. Aufgrund ihrer vielfältigen Einsatzmöglichkeiten werden sie zunehmend auch in der Bau- und Wohnungswirtschaft genutzt. Mit einer Digital- oder Wärmebildkamera ausgestattet, können ferngesteuerte Drohnen Gebäudeschäden lokalisieren und dokumentieren, Energieverluste aufdecken, Fassaden oder Dachflächen aufmessen, Geländeprofile erfassen, Gebäude oder Liegenschaften für Exposés oder Online-Auftritte attraktiv in Szene setzen und vieles mehr.

 

Von der Inspektion bis zur Präsentation

Etwas aus der Nähe aus einer Perspektive betrachten, wofür man sonst Leitern, Gerüste, Hubwagen oder Industriekletterer braucht – das sind die größten Vorteile von ferngelenkten Flugkörpern im Immobilienbereich. Mit kamerabestückten Drohnen können mit vergleichsweise wenig Aufwand auch schwer zugängliche Gebäudebereiche wie Firste, Traufen, Gauben, Dachrinnen, Schornsteine, Flachdächer oder Fassaden begutachtet und eventuelle Schäden fotografisch dokumentiert werden. So kann man genau eingrenzen, wo ein Gerüst für Reparaturarbeiten aufgebaut werden muss und welche Arbeiten auszuführen sind. Der an der Drohnenunterseite angebrachten hochauflösenden Kamera entgeht kein fehlender Dachziegel, kein defektes Blechdach, kein Putzschaden an der Gebäudefassade. Details können im Live-Kamerabild oder nachträglich am Büro-PC so nah herangezoomt werden, dass selbst wenige Millimeter große Objekte erkennbar sind.

 

Drohnen im Baubereich

Für die Dokumentation des Baufortschritts auf der Baustelle lassen sich Drohnen ebenso einsetzen … © SPECTAIR

 
Auch für die energetische Inspektion eröffnen Drohnen neue Möglichkeiten. So gelingen mit einer an der Drohne befestigten Thermografiekamera auch Wärmebilder der oberen Stockwerke mehrgeschossiger Häuser, von Dächern oder Fotovoltaik-Anlagen, die man aufgrund des ungünstigen Betrachtungswinkels sonst nicht machen könnte. Für die Dokumentation des Baufortschritts auf der Baustelle lassen sich Drohnen ebenso einsetzen, wie für die Vorbereitung und Planung von Sanierungs- und Restaurierungstätigkeiten. Sind Art, Ausmaß und Umfang von Schäden etwa am Dach bekannt, lassen sich notwendige Maßnahmen und -kosten besser einschätzen, Handwerkerleistungen präziser ausschreiben.

 

Drohnen zur Inspektion

… wie für die Inspektion von Dächern und Fassaden oder die Vorbereitung von Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten.
© SPECTAIR

 
Sogar Vermessungsarbeiten und Aufmaße sind möglich: Werden Luftbilder perspektivisch entzerrt oder fotogrammetrisch ausgewertet, entstehen orthogonale, maßstabsgerechte Lagepläne, Fassadenansichten oder Dachaufsichten mit Zentimetergenauigkeit, die als Grundlage für die weitere Planung und Ausschreibung verwendet werden können. Alternativ lassen sich aus den Daten auch 3D-Modelle, etwa für VR-Präsentationen oder die BIM-Planung generieren (architektur 8/2014: Rationeller planen, bauen und nutzen). Luftbildaufnahmen in Form von Fotos, Videos oder 360 Grad-Panoramen erweitern nicht zuletzt die Möglichkeiten in der Präsentation und Vermarktung von Immobilien. Gebäude können aus einer günstigeren Perspektive fotografiert oder gefilmt werden, als es beispielsweise von einer engen Straße aus möglich wäre. Von einem höheren Blickpunkt aus im Sonnenlicht aufgenommene Gebäude oder Liegenschaften wirken attraktiver, eindrucksvoller und man hat gleich den kompletten Überblick. Panoramabilder aus großer Höhe lassen sich auch für Simulationen nutzen, etwa um potenzielle Wohnungskäufer per VR-Brille mit dem Ausblick aus einem Hochhaus-Projekt zu beeindrucken.

 

Was muss man beachten?

Wer in Österreich unbemannte, ferngelenkte und mit einer Kamera ausgestattete Fluggeräte privat oder gewerblich nutzt, muss luftverkehrsrechtliche Vorgaben, Datenschutz- und Urheberrechte beachten, sonst drohen hohe Geldstrafen. Die gesetzlichen Grundlagen für Luftaufnahmen mit einem unbemannten Luftfahrzeug werden seit Anfang 2014 im Paragraf 24c ff Luftfahrtgesetz festgelegt und durch die Luftfahrtbehörde Austro Control umgesetzt (www.austrocontrol.at). Drohnen mit aufzeichnender Kamera, die schwerer als 250 Gramm sind und höher als 30 Meter fliegen können, gelten als unbemannte Luftfahrzeuge der Klasse 1 und müssen durch Austro Control bewilligt und gekennzeichnet werden.
Diese Luftfahrzeuge bis maximal 150 Kilogramm dürfen nur mit Sichtkontakt bis zu einer Höhe von maximal 150 Metern verwendet werden. Besteht während des Fluges keine Sichtverbindung zur Drohne, fällt diese automatisch in die Kategorie 2. Dann muss sie als Zivilluftfahrzeug zertifiziert und zugelassen sein, zudem ist ein Pilotenschein notwendig. Für eine Bewilligung nach Klasse 1 werden, je nach Art des Einsatzgebietes und der Gewichtsklasse (unbebaut, unbesiedelt, besiedelt, dicht besiedelt, respektive bis 5, bis 25 und bis 150 kg Gesamtgewicht), unterschiedliche Anforderungen an den Piloten und sicherheitstechnische Voraussetzungen an das Luftfahrzeug gestellt, wie etwa eine redundante Steuerung, eine Notlandefunktion etc. Die Genehmigung wird nur erteilt, wenn eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen wurde.
Austro Control erteilt nur eine luftfahrtrechtliche Bewilligung. Es liegt in der Verantwortung des Betreibers, alle weiteren rechtlich relevanten Bestimmungen einzuhalten (z. B. Datenschutz, Bewilligung zum Betrieb innerhalb von Sicherheitszonen, gewerberechtliche Bewilligung etc.). Der Einsatz von Drohnen mit Foto- oder Videofunktion hat nämlich auch datenschutz- und urheberrechtliche Aspekte. So kann ein Einsatz über privatem Gelände die Eigentums- und Privatsphäre des Eigentümers beeinträchtigen und Datenschutzrechte verletzen. Deshalb benötigt man in der Regel seine Erlaubnis, auch wenn die Aufnahmen nicht weitergegeben oder veröffentlicht werden. Sind Personen oder Fahrzeugkennzeichen auf den Aufnahmen zu erkennen und werden diese weitergegeben oder publiziert, muss man sie zuvor unkenntlich machen oder betroffene Personen oder Fahrzeughalter um Erlaubnis fragen. Darüber hinaus ist zu beachten, dass Luftbilder oder Videos von urheberrechtlich geschützten Objekten wie etwa architektonisch prägnanten Gebäuden oder Kunstobjekten häufig nicht unter die sogenannte „Panoramafreiheit“ fallen und dann auch einer Genehmigung des Urhebers (Architekt/Künstler) bedürfen, wenn sie veröffentlicht werden.

 

Was ist sinnvoller: Drohne kaufen …?

Drohnen für den semiprofessionellen und professionellen Einsatz sind in Form von Multicoptern schon für unter 1.000 Euro zu haben. Das sind mit drei, vier oder mehr Rotoren ausgestattete Fluggeräte, die ähnlich wie Hubschrauber mit den Rotoren den Auftrieb und durch die Neigung der Rotorebene zugleich auch den Vortrieb erzeugen. Da die Auswahl an Multicoptern inzwischen sehr groß ist, sollte man sich vor dem Kauf darüber klar werden, was man damit machen und wie viel man investieren will. Unterschieden werden Drohnen unter anderem nach der Rotorenanzahl, dem Gewicht, der Flugzeit und Reichweite sowie der integrierten oder nachrüstbaren Kamera. Im Hinblick auf die Foto- und Videoqualität sind die Kameradaten (Bildauflösung ab zwölf Megapixel bzw. 4K) sowie das Stabilisierungssystem der Drohne entscheidend. Drohnen werden meist per Funkfernsteuerung, teilweise auch über Notebooks, Tablets, Smartphones oder VR-Brillen gesteuert. Viele Modelle besitzen auch GPS-Module, worüber sich die Drohne selbst orientiert und dadurch auch kombinierbare Automatikfunktionen ermöglicht: Beispielsweise Rundumflüge um ein beliebiges Objekt (Region of Interest), das Anfliegen individuell definierter Wegpunkte (Waypoint) oder die Verfolgung eines beliebigen Objekts (Follow me). Allerdings ist dabei zu beachten, dass der Pilot aufgrund der hierzulande geltenden Sichtflugvorgaben seine Drohne dabei jederzeit im Blick haben muss, um potenzielle Gefahren erkennen und rechtzeitig reagieren zu können. Nützliche Hinweise zum Kauf, das aktuelle Marktangebot sowie umfangreiche Testberichte findet man auf den Webseiten www.drohne.de, www.drohnen-kaufen.com oder www.drohne-quadrocopter.de.

 

 

Auf die Drohnen-Vermessung spezialisierte Ingenieurdienstleister können auch Fassaden oder Dachflächen aufmessen: Aus den Foto- und Messdaten, entstehen Orthogonalansichten, 2D-Pläne oder 3D-Modelle.… © Geospector

 

… oder einen Dienstleister beauftragen?

Wer Dienstleister beauftragt, muss weder auf diese technischen Details noch auf Vorschriften achten. Um Genehmigungen, Anmeldungen, eventuelle Absperrungen, Sicherheitsvorkehrungen, Versicherungen, die Organisation und das notwendige Equipment kümmert er sich. Vor der Beauftragung sollte man die Aufgabe mit dem Dienstleister besprechen und das Areal möglichst gemeinsam besichtigen. Erst danach kann er richtig abschätzen, welche vorbereitenden Maßnahmen zu treffen sind. Er kümmert sich im Vorfeld um alle Voraussetzungen des Multikopterfluges – von Genehmigungen durch Behörden über die Abstimmung mit Grundeigentümern, bis hin zur Flugsicherung. Vor dem Start sollte die Flugroute unter Berücksichtigung der Vegetation, der Wetter- und Lichtbedingungen etc. festgelegt werden. Ist zusätzlich eine Gebäude- oder Geländevermessung vorgesehen, müssen zuvor zur maßstabsgerechten Orientierung der Flugaufnahmen Referenzmarken per GPS und Tachymeter eingemessen werden. Alternativ kann auch ein vorhandenes lokales Bezugssystem verwendet werden. Vor dem Flug werden die Bodenstationen eingerichtet und alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen und Absperrungen getroffen.
Der Flug selbst wird von einem erfahrenen Piloten manuell oder per automatisiertem Rundum- oder Wegpunktflug durchgeführt. Anhand des Live-Kamerabilds und einer Vor-Ort-Vorauswertung können eventuell unzureichende oder fehlende Fotoaufnahmen nachgeholt werden. Ausgewertet und aufbereitet werden die Bild- und gegebenenfalls Messdaten anschließend im Büro. Ausgehändigt werden dem Auftraggeber Foto- und Film-Dokumentationen, gegebenenfalls Orthogonalfotos, Aufmaßpläne, 3D-Modelle etc. Die Kosten für eine Dienstleistung lassen sich nicht pauschal beziffern, da sie wesentlich vom individuell notwendigen Genehmigungs-, Absperrungs- und Sicherungsaufwand sowie dem Auswertungs- und Aufbereitungsaufwand abhängen.
Für eine reine Drohnen-Inspektion eines mehrstöckigen Mietshauses kann man aber etwa einen halben Tag und Kosten ab etwa 2.000 Euro ansetzen. Müssen zusätzlich Fotos und Messdaten ausgewertet bzw. aufbereitet werden, etwa um daraus Fassadenpläne oder 3D-Modelle zu erstellen, fallen Kosten ab etwa 8.000 Euro an. Eine Übersicht über aktuelle Preise findet man auch hier: www.drohnen-luftbildservice.de/preise.php

 

Drohnen im Baubereich

Auch dreidimensionale Geländeprofile lassen sich aus den Messdaten auswerten. © Geospector

 

 

Fazit: Machen lassen!

Drohnen-Inspektionen oder ‑Vermessungen sind Expertensache. Sowohl die Auswahl und Beschaffung des richtigen Equipments als auch die rechtlichen Vorgaben, die Datenauswertung und nicht zuletzt das fliegerische Können setzen nicht nur Know-how, sondern auch Erfahrung voraus. Auch wenn Multicopter immer preiswerter werden, kosten Profi-Systeme noch immer 5.000 Euro und mehr. Zudem ist der zeitliche und finanzielle Aufwand für die Einholung und Verlängerung von Genehmigungen nicht zu unterschätzen.
Inzwischen gibt es zahlreiche professionelle Anbieter, die Gebäude-Inspektionsflüge mit Multicoptern anbieten (siehe Infokasten). Entscheidend ist, was man erwartet: Inspektionsflüge können praktisch alle, dagegen setzen Thermografie-Inspektionen, Dach- oder Fassadenaufmaße, CAD-Daten-, respektive 3D-Modellauswertungen Ingenieurwissen voraus. Hier sollte man darauf achten, dass man alles aus einer Hand bekommt. Verfügt der Drohnen-Dienstleister über zusätzliches Know-how in den Bereichen Vermessung, Plan- und Modell-erstellung, kann er über die reinen Luftbildaufnahmen hinaus auch die erfassten Bestandsdaten professionell auswerten. Vom Flug bis zum fertigen 3D-CAD- oder BIM-Modell entstehen so Ergebnisse, die man beispielsweise für die Sanierungsplanung direkt verwenden kann.

 

Text: Marian Behaneck

 

 

Link- und Literaturhinweise, Quellen*
www.copterportal.com                      Ratgeber, Dienstleistersuche
www.drohnen.de                                Tests, Vergleiche, Technik
www.drohne-quadrocopter.de         Magazin für Multicopter
www.drohnen-kaufen.com               Marktübersicht, Kaufberatung
www.drohnen-vergleich.net             Aktuelle Drohnen im Test

 

Literatur:

Bösch, M., Schönwetter, Ch.: Werkzeuge mit Zukunft, aus: Deutsche Bauzeitung 8/2015, Konradin-Verlag, Stuttgart
Dieckert U., Eich, S.: Drohnen – Technik und Recht bei gewerblicher und behördlicher Nutzung, Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2017

 

Anbieter*
Multicopter:  www.dji.com, www.hubsan.com, www.parrot.com, www.rotorkonzept.de, www.spectair.com, www.walkera.com, www.yuneec.com
Dienstleister: www.aerophoto.de, www.copting.de, www.drohnen-luftbildservice.de, www.droneproject.at, www.drohnenwerke.de, www.geospector.de, www.meixner.com, www.quadrocopterpilot.de, www.robotic-air.de, www.sky-i.com, www.skylens.at, www.spectair.com

* Auswahl, ohne Anspruch auf Vollständigkeit

 

 

 

 

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Kategorie: EDV, News