Kunst wird Raum

23. Oktober 2025 Mehr

Seit 2005 initiiert und begleitet BIG ART, eine Initiative der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), Kunstprojekte, die Architektur und Kunst in Bildungs- und Verwaltungsbauten miteinander verbinden. Das Ziel besteht darin, Räume zu bereichern, zum Dialog anzuregen und neue Perspektiven zu eröffnen – insbesondere für Schüler:innen, Studierende und Besucher:innen öffentlicher Einrichtungen.

 


© David Schreyer

 

Das BIG ART-Team agiert gemeinsam mit einem im Jahr 2005 gegründeten Fachbeirat als Qualitätssicherung – von der Projektidee über Wettbewerbe bis zur Umsetzung. So ist eine Sammlung von mehreren tausend Kunstwerken entstanden, die nicht nur Fassaden und den Stadtraum umfasst, sondern auch kulturelle Identität und gesellschaftliche Öffnung fördert. Vier exemplarische Projekte der vergangenen zwei Jahrzehnte zeigen, wie vielfältig Kunst am Bau heute interpretiert werden kann.

Mit ihrem Knitterobjekt setzt Esther Stocker am Med Campus Graz ein starkes Zeichen. Die knapp vier Meter hohe, kugelähnliche Skulptur aus einer Aluminium-­Innenkonstruktion und einer bedruckten Vinylplane lebt vom Spiel aus Geometrie, Faltung und Irritation. Ihre geknitterte Oberfläche mit schwarzen Quadraten auf weißem Grund erzeugt ein Spannungsfeld zwischen strenger Ordnung und spontaner Störung.

 


© David Schreyer

 

Peter Sandbichler markiert in Innsbruck den Eingang des Agnes-Heller-Hauses mit seinem monumentalen Portal. Aus 200 pyramidenförmigen Betonelementen gefaltet, verwandelt sein 120 m² großes, dreidimensionales Relief den Eingangsbereich in eine räumliche Erfahrung zwischen digitaler Präzision und handwerklicher Finesse.

 


© David Schreyer

 

Anna Artaker wählt an der Universitätsbibliothek Graz einen gänzlich anderen Zugang: Mit „Perspectiva Practica” überträgt sie ein Renaissance-Motiv aus Jean Du Breuils Traktat von 1642 in monumentaler Sgraffito-Technik auf die Untersicht eines Bibliothekszubaus. Das rund 500 m² große Werk wird zum Sinnbild für Wissenschaft und Erkenntnis.

Gerold Tagwerker zeigt in Bregenz mit „Olivetti”, wie stark Kunst durch Partizipation wirken kann. Er entwickelte farbige Sitzstufen für die Schulhöfe des Gymnasiums Gallusstraße, deren Gestaltungsideen in Workshops gemeinsam mit Schüler:innen erarbeitet wurden. Drei ausgewählte Entwürfe aus 48 Vorschlägen wurden realisiert.

 


© Günter R. Wett

 

Dass hinter diesen Projekten nicht nur künstlerische Handschriften, sondern auch ein klarer Prozess und viel Kommunikation stehen, erläutert Regina Barta, Leiterin von BIG ART, im Gespräch.

Frau Barta, wie hat sich Ihre Arbeitsweise im Laufe der Jahre verändert?

Wir haben uns in Bezug auf Abläufe, Kommunikation und Wettbewerbsabwicklung erheblich professionalisiert. Unser Selbstbewusstsein hat sich verändert. Anfangs mussten wir noch überzeugen, dass künstlerische Gestaltung einen großen Mehrwert bringt. Mittlerweile geht die Initiative oft von Projektmanager:innen oder Architekt:innen aus. Für mich ist ein Kunstwerk dann gelungen, wenn es untrennbar mit dem Ort verbunden ist – wenn ich es nach Jahren noch gern anschaue, weil es zu mir spricht.

Wie gelingt der komplexe Auswahlprozess?

Am wichtigsten ist die Kommunikation zu Beginn: Trotz aller Unterschiede muss es möglich sein, eine gemeinsame Vision zu entwickeln. Wir geben allen Projektpartner:innen die Möglichkeit, ihre Wünsche zu äußern und sich wertgeschätzt zu fühlen. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist die Zusammenarbeit mit unserem Fachbeirat, der aus fünf Expert:innen für Kunst & Bau besteht und hohe Professionalität und Vermittlungskompetenz einbringt.

Welche Rolle spielen Kontext und Alltagstauglichkeit?

Bereits im Wettbewerb geben wir Teilnehmer:innen die Möglichkeit, sich intensiv mit Architektur und Nutzung auseinanderzusetzen. Alltagstauglichkeit und Dauerhaftigkeit hinterfragen wir bereits während der Entwurfspräsentationen. Da es sich um öffentliche Gebäude handelt, müssen die Kunstwerke im schulischen oder universitären Alltag bestehen können.

Wie schaffen wir Spielräume für starke Konzepte?

Wir versuchen, möglichst wenig einzuschränken. Wichtig ist, dass alle eine gemeinsame Vision haben, aber noch kein fertiges Bild im Kopf. Unsere Geschäftsführung steht voll hinter dem Programm. Interessant ist, dass oft gerade die Entwürfe, die die Rahmenbedingungen ausreizen, am stärksten sind. Die besten Projekte sind häufig diejenigen, die wir uns selbst nicht vorstellen konnten.

Welche Projekte bleiben besonders in Erinnerung?

Der „Walk of Insects“ von Edgar Honetschläger an der BOKU Wien war ein besonderer Prozess, der mit dem Ankauf und der Widmung eines Waldgrundstücks als „Non-Human-Zone“ einherging. Auch „Perspectiva Practica“ war interessant: Trotz anfänglicher Skepsis gegenüber der historischen Sgraffito-Technik kann sich heute niemand das Gebäude ohne diese Intervention vorstellen. Bei „Olivetti“ hatten die Nutzer:innen die Chance, eigene Gestaltungsvisionen zu entwickeln, und alle Entwürfe wurden durch eine Ausstellung wertgeschätzt.

 

Damit wird deutlich: BIG ART versteht Kunst als integralen Bestandteil öffentlicher Bauten – ein Anspruch, den das Programm seit 20 Jahren konsequent verfolgt.

Kategorie: Architekturszene, Kolumnen