Qualität ist immer im Trend

12. Dezember 2024 Mehr

Vielfalt, Funktion und Image: Mit dieser stimmigen Mischung hat sich Naturstein einen festen Platz in der Hotellerie und Gastronomie gesichert. Neben den optischen Vorzügen machen ihn auch seine technischen Eigenschaften zur ersten Wahl für hochwertige Gestaltungen.

 


Strukturierter Bodenbelag aus Solnhofer Plattenkalk im Restaurant Tree House in Erlangen.

 

Ein Wiener Kaffeehaus ohne Marmortische? Undenkbar. Gleiches gilt für viele Hotels und Restaurants. Ob Hart- oder Weichgestein, Neubau oder Sanierung – bei anspruchsvollen Projekten ist und bleibt der Naturbaustoff das Maß aller Dinge. Naturstein ist nicht unzerstörbar, nicht perfekt nach den Kriterien eines standardisierten Massenproduktes, und doch besitzt er eine unnachahmliche Aura. Jeder Stein ist ein Stück Natur, zeigt die Spuren der Zeit, verlangt ein gewisses Maß an Achtsamkeit und Pflege. All das zeichnet ihn als Naturprodukt aus. So sehr sich die Hersteller von keramischen Werkstoffen auch bemühen, an die Anmutung von echtem Stein kommen sie nie heran. Selbst die aufwendigsten industriellen Verfahren scheitern bei dem, was Mutter Natur ohne menschliches Zutun geschaffen hat. Ein Cocktail verschiedenster Mineralien, der Druck ganzer Bergmassive, sehr viel Zeit, oft auch ein spontaner Zufall – das sind die Zutaten des Rezepts. Daraus entstand eine beeindruckende Vielfalt: Schwarz schillernd, strahlend weiß, unifarben oder lebhaft strukturiert, größer als jede Speisekarte ist das Angebot, aus dem Planer und Architekten schöpfen können. Neben den Klassikern, die bereits in der Antike geschätzt wurden, kommen dank ressourcenschonender Abbau- und Verarbeitungsmethoden ständig neue Sorten hinzu.

 


Passt auch bei Nacht: Wandbekleidung aus Onyx in einer Wiener Hotelbar.

 

Werkstoff mit Charakter

Naturstein steht wie kein anderes Material für Zeitlosigkeit und Haltbarkeit. Ein Bad oder eine Theke aus Naturstein signalisieren, dass hier bewusst für eine lange Nutzungsdauer investiert wurde. Wichtigstes Kriterium für den Gestalter ist stets die Funktionalität. Erfüllt die Gesteinsauswahl die technischen Anforderungen, wird die ästhetische Komponente geprüft. Jeder Naturstein hat eine spezifische Aussage, erzählt dem Betrachter seine eigene Geschichte. Ein römischer Travertin ruft Erinnerungen an einen Italienurlaub hervor, ein dunkelblau funkelnder Labradorit strahlt die Kühle Skandinaviens aus. Österreichische Klassiker wie Adneter und Untersberger Marmor, lebhafter Sölker Marmor, ruhiger Wald- und Mühlviertler Granit oder beiger St. Margarethener Kalksandstein hingegen sind Natursteine, die uns seit Generationen begleiten und regionale Identität vermitteln. Ein eigenes Kapitel ist die Haptik, ist doch die Oberfläche der unmittelbarste Berührungspunkt zwischen Mensch und Architektur. Material und Oberfläche müssen zueinander passen, denn wie jedes Material ist Naturstein ein Vermittler und Träger von Emotionen. Als Alternative zu polierten Flächen werden fein geschliffene oder seidenmatt aufgeraute Flächen immer beliebter. Gerade die matten Oberflächen tragen zum Wohlfühlfaktor bei und vermitteln – gerne gepaart mit Holz oder Leder – den Eindruck von Natürlichkeit. Zusätzlich zur seidenmatten Haptik sind die leicht angerauten Oberflächen im Streiflicht weniger anfällig gegen Fingerabdrücke.

 


Zeitlos und bodenständig: Foyer aus Kalkstein im Hotel Peternhof in Kössen.

 

Wenn es darum geht, Gästen ein unverwechselbares Erlebnis zu bieten, hat Naturstein seinen großen Auftritt. Künstliche Industrieware ist massentauglich – kennt man ein Zimmer, kennt man alle. Wo die Ansprüche über ein Dach über dem Kopf und eine Dusche in der Früh hinausgehen, will der Gast so empfangen werden, wie er sich fühlt: als einzigartiges Individuum. Ein solches Individuum ist auch Naturstein, ist er in all seinen tausenden Varianten doch ohne vorgefertigtes Drehbuch entstanden. Aus gutem Grund werden großformatige Wandbekleidungen gespiegelt, um die optische Wirkung durch den Schmetterlingseffekt der Steinmaserung noch zu verstärken. Ebenso gebräuchlich im guten Steindesign sind Texturen, die über mehrere Stiegen durchlaufen oder sich als Abwicklung durch das gesamte Bad erstrecken.

 


Grandioser Empfang für besondere Gäste: Der gespiegelte Bodenbelag lebt von den großformatigen Platten.

 

Natürlichkeit ist Trumpf

Bei aller Faszination für die Schönheit der Natur spielt auch der ökologische Faktor eine immer bedeutendere Rolle zugunsten von Naturstein im Hoteldesign. Bei ihrer Flucht aus dem Alltag legen Gäste hohen Wert auf Authentizität und Natürlichkeit. Naturbelassene Oberflächen mit einer haptischen Qualität sind besonders beliebt. Naturstein braucht keine Lacke oder Beschichtungen und ist von Natur aus frei von unerwünschten Zusatzstoffen. Dank seines kleinen CO2-Fußabdrucks ist er nicht nur umweltfreundlich in der Gewinnung und Verarbeitung, sondern auch problemlos im Rückbau. Naturstein ist auch über das Nutzungsende des Bauwerks hinaus ein Baustoff, kein Sondermüll. 

 


Hotel EmiLu: Die Farbgestaltung wechselt von dunkel nach hell mit regionalen Steinen aus dem Raum Stuttgart. © Joachim Grotus, Herford

 

Vom Büro zum Hotel

Ein Beispiel für nachhaltiges Bauen im Bestand ist das Designhotel EmiLu in Stuttgart, das beim Deutschen Natursteinpreis 2022 eine Besondere Anerkennung erhielt. Einst als klassischer Verwaltungsbau in den 1960er-Jahren errichtet, zeigt das zum Hotel umgenutzte Bauwerk in Stuttgart, welche Wirkung eine mit regionalem Naturstein ausgestattete Immobilie haben kann. Leitgedanke des Stuttgarter Architekturbüros blocher partners war eine Fassade, die den strukturellen Baubestand mit seiner künftigen Funktion als Designhotel in Einklang bringt und sich in ihren städtebaulichen Kontext einfügt.

 


St. Margarethener Kalk­sandstein verleiht dem Heurigen Döllerer ein rustikales Ambiente.

 

Die Planer strebten hierfür eine zurückhaltende, ruhige Fassadenordnung an. Der ursprüngliche Baukörper wurde um zwei zurückspringende, mit einer hellen Putzfassade verkleidete Geschosse nach oben erweitert. Die unteren Geschosse erhielten eine Natursteinfassade, deren Farbverlauf von unten nach oben heller wird und auf diese Weise dem Gebäude Leichtigkeit verleiht. Zur Verstärkung dieser Wirkung nimmt der Fugenanteil der Steinplatten von unten nach oben ab. Großen Wert legten die Architekten bei der Wahl der Steine auf Lokalität. Die Steine sollten möglichst lokalen Ursprungs sein und zugleich Bezug auf wichtige Stuttgarter Gebäude nehmen.

 


Dezent und elegant – Stiegenhaus im Hotel Sans Souci, Wien.

 


Blickfang: Monolithischer Waschtisch im Sanitärbereich vom Hotel Galantha, Eisenstadt.

 

 

Text und Fotos: Richard Watzke (soweit nicht anders angegeben)

Kategorie: Kolumnen, Naturstein