„Caravans are cool again!“ – Mehrzeller

9. März 2011 Mehr

Caravans are cool again! Dieses Statement prangt verwegen auf der Website des Projektes „Mehrzeller“. In allen IndividualistInnen unter uns schreit sogleich ein lautes „Nein“ auf. Die Ursprungsidee der Wohnwagen hingegen rührt gerade von individuellen Unabhängigkeitswünschen, beispielsweise nach zeitlicher Ortsungebundenheit, her.
Die sommerlichen Bilder auf den überfüllten Reisetransitrouten mit all den gleich anmutenden Wohnwagen wiederum sprechen eine andere Sprache hinsichtlich Individualität und Gestaltungsvielfalt. Der Thematik der guten alten „Caravans“ scheint von jeher eine gewisse Widersprüchlichkeit innezuwohnen.

„Caravans are cool again!

An den Ausbildungsstätten der Architektur ist in den letzten Jahren ein verstärktes Interesse an allem Transportablen und Temporären zu finden. Bemerkbar macht sich dies an Diplomarbeits- und Entwurfsthemen. In der Architekturszene finden sich auch große Namen bei der Umsetzung von Projekten mit diesem Schwerpunkt, meist in Kombination mit Theater, Mode, Event- und Messedesign.
Jedoch in Bezug zu Wohnen und Reisen hinkt der wiederaufgelebte Trend der 1960er-Jahre ein wenig hinterher. Caravans sind noch immer nicht cool! Das Projekt „Mehrzeller“ beweist endlich das Gegenteil mit einer zeitgemäßen Neuinterpretation für unser Jahrtausend.

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Diplomarbeit und Konfigurator
Dieser innovative Typus eines Wohnwagens fand seinen Anfang 2008 in einer Diplomarbeit an der Fakultät für Architektur an der TU Graz. Die damaligen StudentInnen Christian Freissling und Theresa Kalteis beschäftigten sich in ihrer Abschlussarbeit mit Mobilität und dem Schwerpunkt Wohnen, einem Bedürfnis, welches in der heutigen schnelllebigen Zeit einen immer größeren Stellenwert einnimmt. Mobiles Arbeiten und damit oft
verbundener Wohnbedarf, der Wunsch nach mehr oder dem richtigen Design in der Campingwelt, passende Unterkunftsformen für IndividualtouristInnen, verlangen nach neuen Lösungsansätzen.
Der Caravan-Mehrzeller setzt hier an und ermöglicht KundInnen, ihr Objekt nach persönlichen Anforderungen und Wünschen zu gestalten. Mit Unterstützung eines sogenannten Konfigurators wird ein Unikat kreiert, mit dem sich die zukünftigen NutzerInnen identifizieren können. Ähnliche kundenorientierte und internetbasierende Designkonzepte mit einem Konfigurator kennt man von verschiedenen Webseiten unterschiedlicher Autohersteller. Auf einfacher Basis mit einigen Wahlmöglichkeiten, wie Farbe, Modell, Polsterbezüge und Ähnlichem, ist hier eine erste Voransicht mit Preiskalkulation kombiniert möglich.
Beim Mehrzeller werden die von den NutzerInnen eingegebenen Daten wesentlich komplexer abgefragt und ausgewertet, sodass sie in ihrer Anwendung entscheidend in den Formgebungsprozess einwirken. Je nach Innenraumkonfiguration gestaltet sich in einem ersten Schritt die äußere Hülle, welche dann in einem weiteren Schritt einem Optimierungsprozess durchläuft. Hier werden dann Parameter- wie Aerodynamik, Windbewegungen – die wesentlich für ein dem bewegten Fahren zugedachtes Objekt sind – berücksichtigt und führen zu einer nochmaligen leichten Formänderung und -adaptierung.

Produktionskonzept Mass Customization
Einen Prototyp haben die zwei ArchitektInnen im Rahmen ihrer Diplomarbeit im Selbstbau im familiären Tischlereibetrieb Freissling erstellt.
Christian Freissling machte sich 2010 mit der Gründung eines eigenen Büros – nonstandard – selbstständig. Theresa Kalteis ist im Bereich Leuchtendesign und Industrial Design tätig. Die wichtige Erfahrung, im Laufe des Architekturstudiums ein Projekt einmal eigenhändig eins zu eins in die Realität umzusetzen, kann Architekt Freissling heute, neben seiner eigenen Forschungstätigkeit, den StudentInnen im Rahmen seiner Lehrtätigkeit an der TU Graz am Institut für Architektur und Medien mit entsprechenden Projekten weitergeben. Der Bezug zum Material, zur Umsetzung und das Denken in Produktionsprozessen werden damit gestärkt.
Beim Mehrzeller kamen flächige Plattenelemente zum Einsatz, die auf Gehrung verklebt und verschweißt wurden. Durch diese Faltungen in der Oberfläche entsteht eine klare und stabile Außenhaut. Es wurde auf eine runde und gebogene Formgebung verzichtet und bereits im Entwurfsprozess an die Produktion und das verwendete Material gedacht. Es kamen Standardpaneele zum Einsatz, die eher von Kühltransportern her bekannt sind. Somit kann mit der PU-GFKSandwichkonstruktion der Außenhaut eine Wandstärke von 4–5 cm, im Gegensatz zu herkömmlichen Caravans mit nur etwa 2 cm, erreicht werden. Im Innenraum werden Holz-Leichtbau-Werkstoffe verwendet. Die Abmessungen des Prototyps (ohne Räder) sind: in der Breite 2,30 Meter, in der Länge 5,30 Meter und in der Höhe 2,50 Meter.
Die weichen Oberflächen im Inneren, wie Sitze und Schlafbereich, bestehen aus Polyurethan beschichteten Schaumstoff. Für die Haptik fühlt sich die Oberfläche einem Leder ähnlich an und ist sehr formflexibel. Die Beschichtung wird auf den Schaumstoff wie ein Lack aufgesprüht, es kann aber auch mit einem Stoff nach Wahl bezogen werden.
Die Anwendung des Produktionskonzepts Mass Customization bringt bei der Herstellung dieses Objektes viele Vorteile: Es kann auf den Wunsch der KundInnen nach Individualisierung des Produktes eingegangen werden, gleichermaßen ist eine anschließende serielle Fertigung möglich.

Komplexe Geometrien direkt in dieProduktion
Das Architekturbüro nonstandard sieht sich als Dienstleister und hat eine wesentliche Marktlücke entdeckt: Viele Büros entwickeln in ihren Entwürfen organische und komplizierte Formen, die auf komplexen Geometrien basieren und in der Umsetzung oft problematisch sind. nonstandard sieht sich hier als beratendes Büro und ermöglicht mit seinem Know-how eine direkte Umsetzung komplexer Geometrien in konkrete Pläne. Entsprechende komplizierte Stahlkonstruktionen können auf diese Weise direkt in Produktion gehen. Oder wenn ein Kreativteam bereits relativ früh im Designstadium weiß, dass eine Umsetzung mit CNC-Maschinen notwendig sein wird, kann mit einem cnc & geometry consulting von nonstandard die digitale Produktion vom Entwurf weg direkt durchlaufen…. Future is already there – die Zukunft hat bereits begonnen.

www.mehrzeller.com
www.nonstandard.at
www.freissling.com

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