Gedanken über Form und Inhalt – Architekturbiennale
Der Österreichpavillon mit dem Titel „Thoughts – Form – Matter“ bei der diesjährigen Architekturbiennale Venedig ist wie immer ein Fall für sich. Ganz im Sinn des Titels stellt man sich einige Fragen. Eine tauchte schon im Vorfeld (zweimal im Abstand von zwei Jahren bei der jeweiligen Eröffnung an den zuständigen Minister gestellt und nie beantwortet) auf, warum ist Österreich eines der wenigen Länder, wenn nicht sogar das einzige in Europa, (in dem noch in Lokalen geraucht werden darf und), das keine Jury oder Ausschreibung für die Bestellung des Biennalkommissärs vornimmt?
Warum wird bei uns alles intransparent, hinter geschlossenen Türen und autokratisch ausgemacht? Das ist aber keine Kritik an Kommissärin Verena Konrad, sondern eine Kritik am System. Aber wieso musste Konrad wieder ein Dreierteam mit der Ausführung betrauen? Und wieso musste wieder einer der Stars der heimischen Szene (trotz meiner Hochachtung vor den Projekten der Architekten Henke/Schreieck) dabei sein? Gibt es keine anderen, jungen, kreativen ArchitektInnen? Das wäre wahrlich ein Armutszeugnis für unser Land. Aber wahrscheinlich liegt das am nicht vorhandenen Auswahlsystem.
Haben Hofmann und Kramreiter das verdient?
Sowohl der Beitrag / die Installation von Henke/Schreieck wie auch der von LAAC befassen sich mit dem Brechen der Symmetrie, mit der (Zer)Störung des Gleichgewichtes, der Ausgewogenheit. Es werden zwar von allen Beteiligten mit ausgewogenen, teils konstruierten Wortgeflechten Versuche von Setzungen unternommen, aber deren Begrifflichkeit und Logik sind zu hinterfragen. Die Gegenüberstellung von Holz und Papier, in den „eingestellten Räumen“ ist ja hübsch, wo aber ist der künstlerische Wert von nebeneinander hängenden Papierbahnen? Wieder entsteht der Eindruck, dass sich die Architekten etwas gedacht haben und der Betrachter muss dem folgen (Freespace nur für Architekten?). „Layers of Atmosphere“ sind hier erzwungen, entweder zu banal oder zu konstruiert – sie erschließen sich dem Betrachter jedenfalls nicht und geben keinen Spielraum, wie die Grafton Architects in ihrem Manifest fordern. Wo genau ist hier der Kontext zwischen Raum und Zeit, wo der Kontext zum Hofmann Pavillon (außer im Gegensatz).
Haben Hofmann und Kramreiter das verdient?
Wenn der Ort durch die Spiegelscheibe von LAAC zwischen „absoluter Raumvorstellung des Pavillons und einem relationalen Ansatz oszilliert“ – soll er so die unterschiedlichen Bestandteile der Ausstellung verbinden? Der Spiegel, welcher hier durch seine Exzentrizität als Instrument der Abweichung anstatt Symmetrie fungiert, er erzeugt auch Gedankenräume der Unruhe und der Irritation. Etwas Ausgewogenes, etwas das auf dem goldenen Schnitt und der Symmetrie beruht muss nicht zwangsläufig noch verändert werden.
Haben Hofmann und Kramreiter das verdient?
Und was machen Sagmeister&Walsh bei der Architekturbiennale? Ihr Beitrag ist zwar gefällig, gut technisch gemacht, aber bezuglos sowohl zum Thema Freespace wie auch zum Pavillon. Die Arbeit selbst ist nichts Neues, nicht für die Biennale gemacht, sondern Teil eines Projektes, an dem die beiden schon länger arbeiten. Insofern haben die typografische Popkultur und ihre digitalen Projektionen keinerlei Bezug zum Thema, auch wenn der Begriff „Beauty & Function und der ästhetische Anspruch der Architektur“ das zu suggerieren versuchen.
Haben Hofmann und Kramreiter das verdient?
Text: ©Peter Reischer
Fotos: ©Martin Mischkulnig
Kategorie: Start