Nomen est omen – Liquid Frontiers
Um auf diese spannenden, dramatischen Veränderungen zu reagieren, gründeten im Jahr 2000 Sabine Dreher und Christian Muhr das Label „Liquid Frontiers“. Sie wollten nicht nur reagieren, sondern auch im Rahmen ihrer Kompetenzen aktiv mitgestalten. Ihr Selbstverständnis ist das eines „Produktionsbüros für Ausstellungen, Publikationen, Veranstaltungen in den Bereichen Kunst, Architektur, Design“. Einige der hier beschriebenen Projekte stehen in ihrer Maßstäblichkeit, in der Unterschiedlichkeit der Aufgabenstellung und des Kontextes stellvertretend für das breite Spektrum und die Programmatik des Labels.
Future Lab
Das oberösterreichische Unternehmen Peneder suchte als erfolgreiches Brandschutz- und Stahlbauunternehmen über die IG Architektur verstärkt den Dialog mit Architekten.
Mit dem Schwerpunkt „Schutz“ wurde für den Start ein Thema gewählt, das Architekten wie Brandschutzexperten gleichermaßen betrifft. Auf einer „Reise“ sollte dieses Thema erlebbar werden. Passend zum inhaltlichen Fokus wurde als Ziel und Stützpunkt ein besonderer Ort gewählt.
Bei „La Claustra“ handelt es sich um einen Bunker der Schweizer Armee, der knapp unterhalb der Passhöhe des St. Gotthard auf 2.000 Meter und mitten im Berg gelegen, in ein modernes Hotel verwandelt wurde. Wie sehr Schutz durch Architektur und Atmosphäre erzeugt wird, wurde auch in den Exkursionen deutlich, die zum kürzlich revitalisierten „Alten Hospitz“ und zur ehemaligen Künstlerkolonie auf dem Monte Verità oberhalb von Ascona führten.
Das Buch zum Porsche Museum
Das Buch über das Museum der Wiener Architekten DMAA (Delugan Meissl Associated Architects) ist genauso ungewöhnlich wie der Bau selbst. Es wird als dreidimensionaler Raum aufgefasst, durch den sich Leser ähnlich bewegen können wie durch gebaute Architektur. Die Leserichtung wird analog zur Bewegung von Besuchern durch das Gebäude so organisiert, dass das Blättern weitgehend der Bewegung durch den Raum des Museums entspricht.
Dazu trägt die Gestaltung des Buches maßgeblich bei. Es wird ausschließlich mit der Dichotomie von Schwarz und Weiß gearbeitet.
Das wiederum steht in einem Widerspruch zur opulenten Architektur und zu den ausgestellten Automobilen. Der Kontrast, der durch schwarzweiß zu der hoch technisierten Architektur entsteht, könnte nicht größer sein, aber das macht den Reiz des Buches aus. Der Aufbau – eine strikte Trennung in Text- und Bildteil, nur aufgelockert durch die Essays von vier Autoren – erweckt Assoziationen zu einem Manual, einer Betriebsanleitung, wie sie wohl in jedem Handschuhfach eines Autos mitgeführt wird.
Ein weiteres Kriterium des Buches war es, sich von der Vielzahl der Gebäudemonografien zu unterscheiden, indem mehrere Autoren die Architektur einem Blick von außen aussetzen. Gerade durch diese verschiedenartigen essayistischen Annäherungen an das Gebäude kann man dessen Gesamtdimension erfassen und die reale Besuchserfahrung bereichern.
Beim Porsche-Museum handelt es sich um ein „Gebäude als Grenzfall“. Gleiches kann von dieser Publikation behauptet werden, jedenfalls in drucktechnischer Hinsicht, da sie nicht nur Schwarz auf Weiß, sondern auch Weiß auf Schwarz gedruckt ist.
Die Publikation gehört zu den 15 „Schönsten Büchern Österreichs 2009“, die eine unabhängige Jury aus 240 Einreichungen ausgewählt und mit diesem Prädikat ausgezeichnet hat.
artstripe
Mit der Ausstellungsserie artstripe verfügt die Wiener Niederlassung des Consulting-Unternehmens Accenture über ein – in vielerlei Hinsicht – singuläres Kunstprojekt, das als großformatiges Schaufenster sowohl die Innovationsfreudigkeit der österreichischen Gegenwartskunst als auch die des eigenen Hauses unübersehbar vor Augen führt.
Es handelt sich um einen ca. 38 Meter langen und 2,5 Meter breiten Bildträger im Zentralraum von Accenture, der jährlich mit einem eigens für diesen Raum und dieses Format entwickelten künstlerischen Entwurf bespielt wird.
Die Produktion dieses Großbildes erfolgt mittels modernster digitaler Drucktechnologie auf einem Gewebe, das zwischen entsprechenden Schienen durchgehend in den Raum gespannt wird.
Maßstab 1: 1
Architektur im Selbstversuch
Die Gestaltung der Ausstellung im kunsthaus muerz in Form einer großformatigen Wand- und Handzeitung samt den dazugehörigen Zeitungsbehältern bzw. Lesehockern entspricht der primären Intention, nicht Architekturprojekte zu dokumentieren, sondern die Erfahrungen mitzuteilen, die mit ihnen gemacht wurden. Deshalb kommen die Protagonisten auch selbst ausführlich zu Wort. In 17 exemplarischen Selbstversuchen, großteils österreichischer Architekten, werden deren Fragestellungen, die Abläufe und Resultate in Form von Fotos und Interviews nachgezeichnet.
Interview mit Christian Muhr von Liquid Frontiers
Wie ist Ihr Zugang zur Architektur?
Der Architekt erkennt das Mögliche, ich erkenne nur das, was da ist. Ich habe größten Respekt vor der unglaublichen Vielfalt und dem Anspruchsvollen dieser Disziplin. Ein Architekt muss in der Lage sein, sich in kürzester Zeit Wissen über Fachgebiete anzueignen, die ihm bis dato fremd sind. Was mich fasziniert sind einfach scheinende Fragestellungen, Themen, die sehr nahe am Menschen sind, an seinem Körper.
Wie ist Ihr Label dazu gekommen, sich so intensiv mit Architektur und architektonischen Dingen auseinanderzusetzen?
Die erste Ausstellung, die wir gemacht haben, war im Wiener Künstlerhaus. Sie war auch ein Glücksfall in der Zusammenarbeit mit den Architekten. Das Thema war Mode und Medien, und die Architekten – propeller z – haben das Kunststück zustande gebracht, eine dem Thema gerecht werdende und doch auch in den Raum des Künstlerhauses passende Ausstellungsarchitektur zu entwickeln. Wir waren Gesprächspartner für die Architekten. Sie haben unserer Ideen geschätzt, und sie haben uns geholfen, diese in den dreidimensionalen Raum umzusetzen.
Was sind Ihre speziellen Fähigkeiten, die Sie in die Zusammenarbeit einbringen?
Wir können aufgrund unserer Erfahrungen sehr schnell erkennen, wo die kulturelle oder auch die allgemeine Relevanz der Ideen und Entwürfe liegt: Was zeigt sich in einem Entwurf, welche Symptomatik hat er, was manifestiert sich in diesem Entwurf. Das sehen wir natürlich mit einem anderen Interpretationshintergrund als der Architekt, der ja viel näher und unmittelbarer „daran“ ist.
Und da ist ein Gespräch unübertroffen in der Wirksamkeit, um Fragen zu klären: Man hat Vermutungen, historische Ableitungen, man kann Beispiele bringen, man hilft sich gegenseitige auf die Sprünge, man befruchtet sich. Wir sind natürlich geübt darin, Zusammenhänge herzustellen. Wir stellen einen Kontext her. Es ergibt sich daraus ein gegenseitiges Korrektiv.
Wie ist Ihr Zugang zur Architektur, was ist das für eine Sicht?
Wir liefern sozusagen eine Sicht von außen, wir beginnen in vielen Fällen auch zu interpretieren, wir machen einen Vorschlag. Wir sagen ihm: Das ist der springende Punkt. Denn oft weiß man ja nicht, WARUM der Entwurf gut ist. Man weiß zwar, DASS er es ist, aber nicht genau warum. Wir schauen es eben mit anderen Augen an. Das Ganze ist auch immer ein Prozess, der sich entwickelt.
Gibt es in Ihrer Arbeit die Nachhaltigkeit?
Wir als Team haben am Ende eines Tages eigentlich nur einen Bleistift und ein Blatt Papier gebraucht. Wir vertreten die Haltung, dass Qualität, Intelligenz und Fairness Werte sind, die zu Ergebnissen führen, die eben nachhaltig sind. Man soll dieses Bewusstsein spüren, das soll in allen Projekten von uns zum Ausdruck kommen. Ich bin in dieser Hinsicht ein Optimist, weil ich glaube, dass diese Haltung, diese Faktoren sich letztendlich durchsetzen werden.
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