Der Raucherpavillon im Wienerwirt in Graz

19. August 2019 Mehr

Raucherpavillon

Was macht eine Architektin, wenn sie an ein wunderschönes, gutbürgerliches Gasthaus in Graz einen Raucherbereich angliedern muss? Claire Braun entwarf diesen als Nurgklaskonstruktion, in der die notorischen Raucher ihrem gesundheitsschädigenden Laster wenigstens im offenen Raum weiter frönen können. Der sogenannte Raucherunterstand für den Wienerwirt durfte – laut Bauordnung – nur eine „nicht dichtrelevante” Konstruktion sein. Das heißt auf deutsch, dass mindestens 50% der Fassadenfläche offen bleiben mussten.

 

Raucherpavillon Wienerwirt

 

Der Entwurf wird allen diesen Anforderungen gerecht und steigert gleichzeitig die Attraktivität des Gasthauses mit seinem schönen (2016 schönster Gastgarten in Graz) Außenbereich. Der Pavillon ist nun ein geschützter, transparenter Teil des Gartens, der in der Dämmerung und Dunkelheit die Lichter reflektiert und durch die Spiegelungen in den Gläsern die Faszination des Ortes steigert. Die Grenzen zwischen Innen- und Außenraum werden aufgelöst. Zu diesem Fluss tragen auch der von innen nach außen durchgehende Boden aus Teakholz und die Möblierung bei. Auch die Beleuchtung ist im Innen- und Außenraum gleich. Die Beleuchtungskörper sind aus Glas, und zwar handgeformte Objekte als Gegensatz zu den starren Scheiben.

Alle Teile des Objektes mit Ausnahme der Knotenverbindungen und der (nicht sichtbaren) Einspannung sind aus Glas. Wände, Stützen, Unterzüge und auch das Dach werden aus mehrschichtigem Verbundsicherheitsglas gebildet. Die Wandscheiben sind in Stahlwinkel, die auf einer Stahlbetonplatte befestigt sind, eingespannt. Die Einspannung ist aber nicht sichtbar, da auf der Bodenplatte eine aufgeständerte Holzkonstruktion in Höhe der Stahlwinkel als Fußbodenbelag liegt. Die Glasscheiben für das Dach liegen auf Unterzügen (auch aus Glas), die wiederum auf senkrechten Glasfinnen gelagert sind. Diese Finnen bestehen aus 3 Scheiben mit einer Gesamtstärke von 4,8 cm. Die Entwässerung des Glasdaches erfolgt durch eine Neigung von 3%. Anstelle einer Dachrinne ist ein Glasstab mit 5 cm Höhe leicht schräg (um auch hier Gefälle zu erzeugen) auf dem Dach angebracht. Der gläserne Stab wird über das Dach als gläserne Rinne zu einer Schotterschichte geführt. Die Elektroleitungen sind übrigens in den Glasfugen verlegt und somit sind keine Installationen sichtbar. Zur Temperierung des Pavillons wurde in die Bodenplatte eine Fußbodenheizung eingebaut.

 

Fotos:©Martin Steinkellner

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Kategorie: Magazin