Eine Hommage an den Bambus – Nocenco Café
Eine Hommage an den Bambus – Nocenco Café
Anmutig winden sich zahllose Bambusstangen spiralförmig in den Himmel, verdichten sich hier und da zu einem höhlenartigen Gewölbe, lösen sich an anderer Stelle wieder komplett auf. Gerade dieser Wechsel zwischen durchscheinenden und geschlossenen Strukturen, Geborgenheit und Offenheit, verleiht dem Nocenco Café hoch über den Dächern der Stadt Vinh in Vietnam seinen besonderen Charme.
Die vom Vietnamkrieg gebeutelte Regionalmetropole orientierte sich beim Wiederaufbau städtebaulich an europäischen Vorbildern und überrascht neben einigen Plattenbauten im DDR-Stil auch mit zahllosen Fassaden kolonialistischer Façon. So auch das zentral gelegene siebenstöckige Bestandsgebäude, auf dessen oberstem Geschoss sich seit Mai 2018 ein Loungecafé mit darüberliegendem Club befindet. Trotz umfassender Renovierungsarbeiten sollten die Fassade und tragende Strukturen unangetastet bleiben.
Eine interessante Herausforderung für das erprobte Team der VTN Architekten, welche den gesamten Entwurfsprozess unter das Motto “Leichtigkeit” stellten. Planern und Bauherren war es außerdem ein Anliegen, die Bauzeit kurz und das Budget knapp zu halten. So fiel die Wahl des Baustoffes schnell auf den von den Architekten favorisierten Bambus. Dieser grüne Stahl der Zukunft ist nicht nur leicht, robust, schnell nachwachsend und in unmittelbarer Nähe zur Genüge verfügbar, sondern verkörpert im asiatischen Raum auch Tradition und Demut.
In der Industriestadt Vinh wirkt der Einsatz, des in der Region sonst so allgegenwärtigen Tausendsassa Bambus, geradezu innovativ und revolutionär. Aus der Ferne präsentiert sich der kuppelartige Aufbau als neue Ikone der Nachbarschaft. Bei näherer Betrachtung weckt die schon von der Straße aus erkennbare kunstvolle Konstruktion der selbsttragenden Bambusröhren die Neugier des Betrachters. Im Inneren schließlich eröffnet sich eine mäandernde Raumfolge, deren Struktur sich in alle vier Himmelsrichtungen sowie nach oben öffnet, um den Blick auf die umliegenden Flachbauten und historischen Gebäude, den Fluss, die Waldlandschaft und den Himmel freizugeben.
Im Inneren verdecken zehn Bambussäulen die bestehende tragende Konstruktion, vier weitere fungieren als raumbildende Strukturen, welche die Fläche zonieren und die Blicke elegant nach außen lenken. Der neue Dachaufbau wirkt von außen respektvoll, mutet sogar etwas archaisch an. Im Inneren sorgen grüne Pflanzen, transparente Glaskugelleuchten und leichte Holzmöbel für moderne Leichtigkeit und eine loungige Atmosphäre.
Das Nocenco Café ist sicherlich ein gelungenes Beispiel für eine moderne und verspielte Interpretation eines altgedienten und bewährten Baustoffes, der auch in Zukunft andere Baumaterialien ersetzen könnte, wenn mehr Architekten lernten, seine Stärke und Vielseitigkeit kreativ zu nutzen.
Fotos:©Trieu Chien
Kategorie: Magazin