„Otto, schau owe“
Was täte Wagner wohl sagen, sähe er das Projekt des MORPHtopia-Teams mit „seinem“ Jugendstilgebäude an der Linken Wienzeile (LWZ) 38? Noch ist es eine Utopie, aber sicher eine aufregende. Vor allem für Stadtbildschützer und Architekten.
Das LZW 38 Projekt reinterpretiert das originale Ornament in einer neuen, zeitgemäßen Sprache, einer Mischung aus Dekonstruktivismus und Parametrismus und lässt eine Haut wie ein Tattoo über das Dach und die Fassade des mittleren der drei Jugendstilhäuser gleiten. Dazu benutzt Architekt Gonzalo Vaillo (er kann seine Herkunft aus der Schule der Angewandten nicht verleugnen) viel Metall und Goldelemente, um an den Jugendstildekor auch des nebenan stehenden Majolikahauses zu erinnern. Gleichzeitig zerstört er das alte Dach und verwandelt es in eine Dachlandschaft mit Auskragungen und Glasbalustraden. Die Architektur wird um eine Ebene mit Wohnfläche nach oben erweitert. Drei Säulen tragen und verbinden gleichzeitig das abgehobene Dach mit der Altsubstanz. Man betritt die Ebene durch das verlängerte Stiegenhaus und erreicht einen offenen Grundriss mit Nasszellen, Wohn-, Schlafbereich, Küche, Pool, Terrasse und allen Annehmlichkeiten. An der Südseite vergrößert eine Serie von überdachten Boxen und Balkonen das Volumen des Hauses und an der Fassade werden die endlosen goldenen Linien zum bild- und zeichengebenden Element der neuen Architektur.
Aber auch Wagner hat seinerzeit die Zeitgenossen mit ungewohnt strengen Formen und neuen Materialien schockiert. Schon 1884 legte er einen transparenten Glasfußboden auf eine Stahlkonstruktion im Kassensaal einer Bank. Er hat nichts neu erfunden, nur neu betrachtet und griff immer in seiner Formensprache auf historische Bauformen zurück. Mit Spannung darf man auf die Umsetzung dieses Vorschlages warten.
Fotos: ©MORPHtopia
Kategorie: Magazin