Superlofts zum Wohnen
Wenn ältere Wohnbauten baufällig werden, resultiert daraus eine Großzahl von leer stehenden, nicht genutzten Bereichen. In den Niederlanden ist die Zahl der Leerstände (ähnlich wie in Österreich, aber aus anderen Gründen) fünf mal so groß wie die der jährlichen Neubauten. Die Bauten, die nicht mehr den wechselnden Bedürfnissen der Menschen entsprechen, müssen abgerissen werden und verursachen eine enorme Umweltverschmutzung und einen Energieverlust.
Nach Schätzungen beträgt der Anteil der Bautätigkeit 36% der CO2-Emissionen und 40% des Energieverbrauches in der EU. Superlofts folgt dem Anspruch von Open Building und will Raum schaffen, der sich den wechselnden Nutzungsanforderungen in der Zukunft anpassen kann. Es soll ein resilientes Bauen ermöglicht werden. Das Bausystem kann in bestimmten Zyklen adaptiert werden, zum Beispiel kann die Fassade alle 25 Jahre gewechselt werden, das Installationssystem alle zehn Jahre und die Inneneinrichtung alle fünf Jahre. Alles wird recycelt und es entsteht ein ökonomischer Kreislauf. Es wird eine hohe Qualität bei den Materialien verwendet – so entstehen „gesunde“ Häuser mit sauberer Energieversorgung, nachhaltigen Baustoffen, energieeffizienter Installation und guter Inneneinrichtung mit viel Luftraum und Grünzonen.
Ein interessantes Wohnprojekt gibt es derzeit in den Niederlanden: Andockend an die Bewegung der „Open Building“-Richtung, bietet Superlofts der Marc Koehler Architects den Nutzern die Freiheit, ihre Wohnungen selbst zu entwerfen, ja sogar selbst zu bauen. Vom Entwurf bis zu den gemeinsamen öffentlichen Einrichtungen und Räumen. Es richtet sich an eine wachsende Zahl von Menschen mit kreativem und unternehmerischem Geist, die einem neuen, hybriden Lifestyle folgen. In konventionellen Wohnblöcken gibt es nicht die Möglichkeit, Wohnen mit Arbeit, Atelier, Musikstudio oder Gastbetrieben zu kombinieren. In den Niederlanden wird diese Form der Kombination möglich. Das Konzept wurde bereits in fünf Orten verwirklicht – Amsterdam (Buiksloterham und Houthaven) und Utrecht sowie in Groningen, zwei weitere in Amsterdam und Delft sind im Bau.
Eine vorgefertigte Betonstruktur bietet den Rahmen für die drei bis sechs Meter hohen, flexiblen Module. Diese können nach den Wünschen der Nutzer zu Zeilen, Türmen, Townhouses oder Blöcken kombiniert werden. Die Bewohner oder Nutzer haben völlige Freiheit, das Innere nach ihren Bedürfnissen zu füllen. Zentral platzierte Serviceeinheiten (Supercores) lassen unterschiedlichste Küchen- oder Nassrauminstallationen zu. Eine „smarte“ Aluminiumfassade mit CO2-Sensor sorgt für Lüftung, Sonnenschutz und Entwässerung. Raumhohe Glaswände versorgen das Innere mit Tageslicht und im Winter mit Wärme durch die Sonneneinstrahlung. Effiziente Grundrisse sparen 20% Verkehrswege durch die zweigeschossigen Lofts, die jeden zweiten Liftstopp unnötig machen und gleichzeitig 25 cm Aufbauhöhe in den Geschossdecken einsparen. So kann alle zehn Stockwerke ein ganzes Geschoss zusätzlich errichtet werden. Zwischendecken werden – ohne unterstützende Wände – aus kreuzweise verleimten Holzplatten errichtet. „Shared spaces“ und Gemeinschaftsräume liegen zentral, um eine aktive, selbstorganisierende Gemeinschaft zu fördern.
Diese Wohnform will sich als globales Rahmenwerk für lokale Bewegungen und Bedürfnisse etablieren. Sie reagiert auf die speziellen Aufgaben eines spezifischen Ortes und deren Nutzer. Das offene Erdgeschoss ermutigt die Nachbarschaft als Treffpunkt und Hub. Als eine dynamische vertikale Stadt kann das System auch die Lebensqualität in den Städten verbessern, indem es schlecht genutzte Ecken und Gebiete der Urbanität belebt und leistbaren Wohnraum bietet. Das Ziel ist, eine Plattform zu bilden, auf der die Teilnehmer sich sowohl über ihre Erfahrungen austauschen können, wie auch neue Lösungen in DIY-Verfahren, Smart-Home-Innovationen und einen Katalog von Bauteilen und -elementen zur Verfügung gestellt bekommen. Das hier gezeigte Projekt Plot 4, Houthaven Amsterdam gewann den 2017 World Architecture Festival Housing Award (Completed Buildings) und den Director´s Special Award.
Fotos:©Marcel van der Burg / Isabel Nabuurs
Kategorie: Magazin