Feng Shui in einer Uniprix Apotheke
Feng Shui in einer Uniprix Apotheke – Energie und Form im Ladenbau.
Der Designer Jean Lessard hat in einem Außenbezirk von Montreal, in DIX30, eine Uniprix Apotheke, welche sich vom üblichen Design abhebt, geschaffen: Mit ihrer Inneneinrichtung provoziert sie angelernte oder übliche Auffassungen von Ladenbau und Shopeinrichtung – sie ist nach Fēng-Shui-Prinzipien eingerichtet.
Die Besitzerin der Apotheke war der Meinung, dass man nicht nur durch Werbung das Image eines Geschäftes verbessert, sondern auch die Innenraumgestaltung – in diesem Fall der Ladenbau – wesentlich zu der Steigerung des Kundenflusses beitragen kann. Und mit dieser Ideologie fand sie bei dem Designer Jean de Lessard, der für seine radikalen Experimente im Ladenbau bekannt ist, offene Ohren – er wollte diese Ideologie auch ‚im Raum‘ demonstrieren.
Der Innenraum wurde als eine Reflexion der menschlichen Seite des Berufes, einfach, gemeinschaftlich und unprätentiös gestaltet, er sollte den Apotheker mehr in den Blickpunkt seiner Kunden rücken. Um diese, die soziale Dimension des Vorganges zu ‚verstärken‘, beschloss man, mit dem Labor einen zentralen Punkt zu wählen und diesen konsequenterweise durch eine Kreisform auch zu einem Ort der Sozialisation unter den Kunden zu machen.
Umsetzung nach dem Feng Shui Prinzip
Eines der Fēng-Shui-Prinzipien ist, die Organisation der Räume um einen sanften Fluss von Energie (Ch’i) zu verstärken. Das Labor und die nötigen weiteren Räumlichkeiten stellen sich als eine Gruppierung von Kreisen, um die man herumgehen kann, dar. Ein großer Ausgabe- und Kassenbereich, das Lieblingsstück jedes Apothekers – der stählerne Pillenschrank – und ein kreisförmiger, mit Glaswänden abgeschirmter Bereich mit Schiebetüren für private Konsultationen, sind ebenfalls in Kreisen untergebracht. Dieses System wird von kreisrunden, gepolsterten Sitzgelegenheiten für wartende Kunden ergänzt. Für die Aktivierung des Ch‘i ist laut Fēng Shui das Licht sehr wichtig. Der Arbeitsbereich und das Labor sind im Nordteil untergebracht, hier strömt sanftes, natürliches Licht durch große Fenster herein. Die Verwendung der Farbe Blau und des Materials Stahl sind hier logisch, denn der Norden wird im Daoismus mit Wasser und Metallelementen in Verbindung gebracht. Zusätzlich besänftigt die Reflexion des Lichtes am polierten stählernen Pillenschrank die optische Wirkung seines, doch eher großen, Volumens. Der gelbe Stoff, der die Wände der seitlichen Medizinzone bedeckt, bringt einen Ausgleich zur ‚kühleren‘ Wirkung der blauen Laborzone.
Einrichtung der Uniprix Apotheke
Auch die Platzierung der Einrichtungen ist alles andere als zufällig: Hohe Möbel sind an den Außenbereichen situiert und Möbel mit niedrigeren Profilen lassen einen ungestörten Blick auf das Labor und den Apotheker in der Mitte zu. Die Vereinfachung der Raumzusammenhänge und -flüsse sowie die Produktplatzierung und die Optimierung aller Verkaufsfaktoren nahmen mehrerer Monate in Anspruch. Forschung und volumetrische Studien und viele Diskussionen fanden statt. Sowie Lessard es mit „Objekte, die achtsam im Raum arrangiert sind“ meint, bewirkt hier die Möblierung der Kundenbereiche eine lebhafte Atmosphäre. Hinter der augenscheinlichen Einfachheit der Formen waren jedoch einige Herausforderungen von den Möbeltischlern aufgrund der technischen Spezifikationen zu bewältigen. Weiters war die Farbgebung eine Herausforderung: Präzise Testreihen wurden gemacht, bevor die genaue Schattierung jedes Tones fixiert wurde. Die Pastelltöne sind eine perfekte Balance zu der Persönlichkeit der Besitzerin. Die Farben agieren wie ein sanfter Ausgleich zu ihrer lebhaften Persönlichkeit, ein Zusammenspiel von Yin und Yang eben.
Dass es keinerlei Produktpräsentationen rund um die Laborzone gibt, mag vielleicht verwundern, aber ein Durcheinander sollte auf jeden Fall vermieden werden. So wird ganz bewusst der kaufmännische Aspekt vom professionellen des Apothekers unterschieden. Zuhören, Professionalität und menschliche Wärme gehen vor das Produkt indem man das Fließen und die Offenheit des Raums betont. Um eine natürliche Helligkeit zu erhalten, sind die umgebenden Wände fast vollständig von jeglichem Werbematerial frei gehalten – sie entlassen so den Raum in seine Harmonie. Seit dem Umbau ist das Interesse der Menschen an der Apotheke spürbar gewachsen. Einige Konkurrenten sind schon gekommen, um heimlich Fotos des Designs zu machen. Jedes Mal, wenn die Besitzerin das bemerkte, lud sie sie ein, doch hereinzukommen und die Apotheke genau zu besichtigen. Die Umsatz-erwartungen sind bei Weitem übertroffen worden und die Hoffnung der Besitzerin, Werbung zu ‚vermenschlichen‘, ist in Erfüllung gegangen.
Text: Peter Reischer
Fotos: ©Adrien Williams