Auf zu neuen Ufern

28. Februar 2022 Mehr

Inspiriert von der industriellen Vergangenheit des Ortes ergänzten Moxon Architects das Areal an der berühmten King’s Cross Station in London um eine auffällige Fußgängerbrücke. Sie überspannt den Regent’s Canal und sorgt für neue Verbindungen in dem innerstädtischen Quartier. Ihren Namen verliehen der Espérance Bridge die Schulkinder der King’s Cross Academy, die damit ein hoffnungsvolles Zeichen setzen wollten. 

 

 

Der Kanal fließt mitten durch King’s Cross, eine Gegend, die nicht immer den besten Ruf genoss. Nach umfassenden Revitalisierungs- und Sanierungsarbeiten zieht das Viertel mit einem bunten Mix aus Wohn-, Büro- und Gewerbenutzung inzwischen nicht nur Einwohner und Touristen, sondern auch zahlreiche Konzerne an. Im Süden befindet sich neben King’s Cross mit St. Pancras eine weitere Bahnstation sowie Firmenzentralen rund um den gleichnamigen Pancras Square. Über den Granary Square schließt auf der anderen Seite der Wasserstraße das Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs an. Hier lockt mit der Coal Drops Yard seit 2018 ein Shoppingcenter. Darüber hinaus erfüllen eine Kunsthochschule, weitere Läden und Restaurants das Areal mit Leben.

 

 

Beide Seiten wurden bereits Anfang des 19. Jahrhunderts von einer Brücke verbunden. Rund 200 Jahre später entstand nun an der exakt gleichen Stelle die 25 Meter lange Espérance Bridge. Sie erinnert mit ihrer Fachwerkstruktur an den Vorgängerbau, dient aber im Gegensatz zu damals nicht mehr dem Kohletransport, sondern ausschließlich als Übergang für Passanten. Heute soll sie eine bessere Anbindung der südlichen Verkehrsdrehscheibe an die Einkaufsmeile im Norden garantieren. Gemeinsam mit Arup Ingenieuren entwickelten die Londoner Architekten den Entwurf für die neue Überführung. Dieser greift das Design der viktorianischen Eisenbahnbrücken wieder auf und übersetzt es in ein modernes Stahltragwerk. Ein dynamisches Auf und Ab zeichnet die Kraftverläufe der Konstruktion nach. Zwei geschwungene Träger bilden den oberen Abschluss der Struktur und fungieren gleichzeitig als Brückengeländer. Sie verdecken die indirekte Beleuchtung, die die Überführung bei Nacht stimmungsvoll in Szene setzt. Doch auch bei Tageslicht läuft die Brücke nicht Gefahr, im städtischen Treiben unterzugehen – sie ist in knalliges Rot getunkt und erweitert den boomenden Bezirk der britischen Hauptstadt sowohl um einen neuen Erschließungsweg für Fußgänger als auch um einen fröhlichen Farbakzent.

 

 

Text: Edina Obermoser
Fotos: Simon Kennedy / John Sturrock

 

Kategorie: Projekte