Aus dem Feuer geboren
Museum / Polen / OVO Grabczewscy Architekci
Die Geschichte des Museum of Fire (Museums des Feuers) begann, als die Stadt Żory die OVO Grabczewscy Architekci beauftragte, einen Ausstellungspavillon für die Kommune zu entwerfen. Der Bau sollte die Stadt bewerben und ihre Angebote den Besuchern sowie Touristen, Partnern und neuen Investoren verdeutlichen. Das Grundstück für den Pavillon lag an einer sehr prominenten Stelle, nahe der Hauptzufahrtsstraße ins Zentrum. Es beinhaltete jedoch auch eine Großzahl an Handicaps, speziell eine Menge unterirdischer Einbauten und Infrastrukturen, die nur ein merkwürdig, irregulär geformtes Stück Land für das effektive Bebauen übrig ließen.
Lange Zeit während des Entwurfsprozesses war es den Architekten unmöglich, zu einer vernünftigen, brauchbaren Lösung zu kommen. Der zündende Funke kam durch die Stadt selbst: Żory, der Name bedeutet soviel wie Feuer, Flamme, Verbranntes. Im 12. Jahrhundert, als die Siedlung gegründet wurde, gewann man die Landflächen für das Bauland durch Brandrodung. Diese historische Tatsache hat sich bis heute als Tradition erhalten – im Sommer findet jedes Jahr das „Feuerfestival“ statt, und das Logo der Stadt ist eine kleine Flamme. Somit war klar, dass die Architektur wie ein Feuer aussehen sollte. Die ungewöhnliche Form des Grundstückes wurde plötzlich zu einem Symbol der Flammen.
Als die Baugruben ausgehoben waren, kam dann noch der Auftraggeber mit der Idee, unterirdisch eine große Ausstellungshalle zu realisieren. Das war der Anlasspunkt, das ganze Bauwerk als Museum of Fire zu betrachten. Ursprünglich ein Ausstellungs- und Kulturpavillon wurde die Architektur zum Museum upgegradet.
Das Gebäude besteht nun aus drei voneinander unabhängigen Wänden, die sozusagen nebeneinander stehen. Wie Scherben oder eben Flammen erheben sie sich aus der Erde. An den Enden der Wände entstand jeweils eine Eingangssituation. Die Komposition und die Umrisse der Wandscheiben – mit Kupferplatten verkleidet – gleichen dem Spiel von züngelnden Flammen. Bodenstrahler entlang des äußeren Umrisses lassen in der Nacht das Museum eindrucksvoll erglühen.
Das Kupfer ist mit einer HDP (High Durable Polymer) Beschichtung versehen, diese verhindert die Patinierung und erhält den feurig leuchtenden Glanz. Die Flächen zwischen den Wänden sind vollverglast und bilden Eingänge in den Pavillon. Die Mauern bestehen aus Stahlbeton, außen mit Kupfer verkleidet und innen teilweise unbehandelt. Das Weiterziehen der Kupferplatten in den Innenbereich bringt eine merkwürdige Offenheit und Transparenz mit sich: Man vermeint in einem Innen-Außenraum zu sein. Der Boden ist mit grauen Pflastersteinen bedeckt und verbindet sich ebenfalls mit den Außenräumen.
Es gibt eine multifunktionale Halle samt einer Rezeption/Information im Erdgeschoss, eine Ausstellungshalle mit einer Multimediashow, die dem Phänomen des Feuers gewidmet ist, im Untergeschoss. Diverse Neben- und Technikräume ergänzen und komplettieren das Raumprogramm. Eine, in Dreiecke gegliederte, gefaltete weiße Decke durchzieht das Innere. Im Vortrags- und Versammlungssaal des Erdgeschosses nimmt die Lehnengestaltung der schwarzen Stühle das Motiv der weißen Decke auf und ergibt so einen interessanten Kontrast.
Auch die Umgebung des Museums ist gestaltet und wird weiter ausgebaut. Landschaft und Gebäude arbeiten zusammen und bilden eine Symbiose. Gepflasterte Fußwege und grüne Laufflächen durchziehen das Grundstück. Ein „Garten des Feuers“ ist in Planung und die Flächen entlang der Straße werden während des jährlichen Festivals in das Event und die Architektur miteinbezogen.
Museum of Fire
Żory, Polen
Bauherr: City of Żory, Nowe Miasto Żory Ltd.
Planung: OVO Grabczewscy Architekci — Barbara Grabczewska & Oskar Grabczewski
Mitarbeiter: Beata Kosok, Marta Musiał, Agnieszka Krzysztonek, Martyna Wojtuszek
Statik: Ewa Cylupa, Lucian Cylupa, Marek Szmigielski
GU: Voyage Sp. z o.o., Żory
Kupferfassade: Grande Polska Sp. z o.o.
Licht: ES – System Polska Sp. z o.o.
Grundstücksfläche: 707 m2
Bebaute Fläche: 386 m2
Nutzfläche: 642 m2
Planungsbeginn: 2009
Bauzeit: 2010 – 2015
Baukosten: 2 Mio. Euro
Sohrau – Zory
Die Stadt Zory, im Deutschen auch unter Sohrau bekannt, liegt im Süden von Polen, in Oberschlesien. In der Stadt leben 62.000 Einwohner auf einer Fläche von 65 Quadratkilometer. Die Stadt liegt an der Ruda, im südwestlichen Teil der Woiwodschaft Schlesien, etwa 30 km südwestlich von Kattowitz.
Zory wurde erstmals im 13. Jahrhundert erwähnt und erhielt 1272 das Stadtrecht. Die Stadt war bis 1532 im Besitz des Herzogtums Oppeln-Rattibor. Sie wurde wiederholt durch Stadtbrände zerstört (1583, 1661, 1702, 1807). 1807 wurde auch das Rathaus auf dem Ring vernichtet und anschließend nicht wieder aufgebaut. Im 18. und 19. Jahrhundert war die Leinenweberei von großer Bedeutung für die Stadt. An ihre Stelle trat im 19. Jahrhundert die Eisen- und Maschinenindustrie.
Text: Peter Reischer / Fotos: Tomasz Zakrzewski / archifolio
Kategorie: Projekte