Black Pearl – Studio Rolf.fr & Zecc Architecten

23. Mai 2011 Mehr

Black Pearl - Studio Rolf.fr & Zecc Architecten

Wie ein Blutstropfen auf dem weißen Hemdkragen oder eben die berühmte schwarze Perle in der weißen Kette sticht dieses Haus aus der Straßenfassade in Rotterdam heraus. Das Gebäude ist Teil eines Programms der Stadtgemeinde, das heruntergekommene Stadtviertel aufzuwerten und zu revitalisieren versucht, indem man alte, leer stehende Handwerkerhäuser an Privatpersonen verkauft.

Diese Häuser haben alle eines gemeinsam: Sie sind abgewohnt, heruntergekommen und müssen renoviert werden. Üblicherweise gab es darin mehrere kleine Wohnungen, pro Stockwerk eine. Die einzige Bedingung für den Käufer war, dass das Gebäude innerhalb einer gewissen Zeit renoviert werden musste und in ein Gebäude mit EINER Wohnung umgewidmet werden sollte. Das bedeutet weniger, aber größere Wohnungen. Es ist eigentlich ein umgekehrter Trend zu anderen Innenstadtlagen, in denen große Häuser in viele kleine Wohneinheiten aufgeteilt werden.

Architektonisches Spektakel

Die Renovierung des alten Handwerkerhauses in Rotterdam durch Studio Rolf.fr i.p.w. Zecc Architecten wurde zu einem architektonischen Spektakel, bei dem mit Raum und Zeit experimentiert und gespielt wurde. Die 100 Jahre alte Fassade des Hauses wurde komplett schwarz gestrichen. Sowohl die Ziegel, die Rahmen der Fenster und auch die Scheiben wurden mit einer glänzenden schwarzen Ölfarbe überzogen. Es wirkt, wie wenn ein gigantischer Schatten auf dem Haus ruht. An einigen Stellen durchbrechen die neuen Fenster – die in Form und Aussehen nichts mit dem Traditionellen zu tun haben – die Fassade und zeigen so eine neue Art des Lebens in diesem Gebäude an. Eine Beziehung zwischen der alten Fassade und dem neuen Leben im Inneren wurde nach außen sichtbar und auch lesbar gemacht.

Zeit und Abstraktion

Heute ist dieses Handwerkshaus (es stand 30 Jahre lang leer) alles andere als unbewohnbar. Das bisher existierende Gebäude wurde als Hülle benutzt, als Schachtel, um ein komplett neues Haus darin zu bauen. Alle schmalen, kleinen Wohnungen in den verschiedenen Stockwerksebenen wurden zu einer einzigen großen Einheit zusammengefasst.
Der Raum, der dafür zur Verfügung stand, war 5 Meter breit, 10 Meter lang und 11 Meter hoch. Und genauso wie an der Fassade blieben auch im Inneren die Spuren der Vergangenheit sichtbar. An den alten Außenwänden erinnern die Balkenauflager, Stiegenläufe und Geländerpfosten an den Originalzustand des Hauses.
Das Neue zwischen den alten Mauern hat jedoch eine völlig unterschiedliche Struktur. Das traditionelle Bild von Decken und Wänden, die Räume begrenzen, fehlt völlig. Statt dessen wurde mit kleinen, hölzernen Plattformen und Zwischenebenen eine große Skulptur bis zum Dach geschaffen. Sie bildet einen „fließenden Raum“, der sich zwischen den alten, historischen Mauern ausdehnt. So entstanden Wohnbereiche, die durch Leerräume, große Treppenhäuser und lange Sichtachsen verbunden sind. Alle unwichtigen Geländer, Türen, Pfosten wurden weggelassen und führen so zu einer hochgradig, räumlichen Abstraktion. Fußböden, Wände, Decken und Stiegen gehen ineinander über und assoziieren so einen escherähnlichen, unmöglichen Raum.

Drei Welten

Eigentlich wurden drei verschiedene Welten in diese Schachtel gesteckt: Die Werkstatt im Erdgeschoß, die mit dem Bambusgarten im Hof in Verbindung steht, hat eine Raumhöhe von 5 Metern. Dieser Bereich ist so offen wie möglich gehalten. Die notwendigen Materialien und Werkzeuge sind entlang der Wand angeordnet, in einem langen Regal.
Darüber befindet sich als zweite Welt der Wohnbereich mit einer Höhe von 6 Metern. Hier wurde die Wohnskulptur realisiert, sie teilt den Raum in mehrere Abschnitte und Bereiche, ohne aber abgeschlossene Räume zu erzielen. Wohnen, Essen, Schlafen, Studieren – für alle Funktionen ist gesorgt.
Die statische Struktur ist komplett aus miteinander verschraubten Balken und Holzteilen gefertigt, wobei die Pfosten jeweils sowohl die Konstruktion als auch die fertige Oberfläche bilden. Dadurch ergab sich eine große Freiheit für die Gestaltung der Form. Ein Großteil des Objektes ist von den obersten Deckenbalken abgehängt, sodass eine Unterstützung überflüssig wurde.
Die dritte Welt ist der Dachgarten mit einer Badewanne im Grünen und einer unbeschreiblich schönen Aussicht.

Farben

Im gesamten Haus wurden nur fünf Farben verwendet: Schwarz, Weiß und 3 Grautöne. Eine der existierenden seitlichen Außenwände ist ganz weiß gestrichen. Auch die Reste und Spuren der alten Konstruktionen (Geländer, Pfosten, Handläufe) sind weiß. Die andere Seitenwand wurde unbehandelt gelassen, mit all den Spuren und Flecken der Vergangenheit.
Die verschiedenen Ansichtsseiten der Wohnskulptur wurden in den drei Grautönen gefärbt. Diese Abtönungen entsprechen auch den Bereichen, die sie jeweils umschließen. Durch diese Methode wurde auch der Raum zwischen der Wohnskulptur (Grautöne) und der bestehenden Außenhülle (weiße bzw. unbehandelte Mauer) hervorgehoben und sichtbar gemacht.

Black Pearl

Rotterdam, Holland

Bauherr: Rolf (Studio Rolf.fr) & Yffi
Planung: Studio Rolf.fr ipw Zecc Architects
Grundstücksfläche: 220 m²
Bebaute Fläche: 200 m²
Nutzfläche: 170 m²
Planungsbeginn: 12/2008
Bauzeit: 2 Jahre
Fertigstellung: 10/2010

Mitten in einer Straßenfassade in Rotterdam „leuchtet“ eine schwarze Perle heraus. Ein altes, ehemaliges Handwerkerhaus wurde durch Studio Rolf.fr i.p.w. Zecc Architecten zu einem architektonischen Highlight umgestaltet. Keine Räume mit Wänden und Türen, sondern eine fließende Wohnskulptur, die aber alle Ansprüche an ein modernes Wohnen erfüllt, prägt den Innenraum. In nur fünf Farben gehalten, präsentiert sich hier ein Wohnmodell, das bis ins letzte Detail durchkomponiert ist.

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Kategorie: Projekte