Ein Traum in Weiß und Blau

28. Mai 2015 Mehr

 

Ferienwohnung / Griechenland / Kapsimalis Architects

Wohnen muss man nicht nur im Alltag, sondern auch im Urlaub. Und das kann manchmal – je nach Brieftasche – durchaus luxuriös sein. Wobei im Fall des Feriendomizils, entworfen von den Kapsimalis Architects auf der griechischen Insel Santorin, der Luxus etwas Relatives an sich hat. Denn die Bewohner der Insel lebten von jeher mit der Gefahr, welche der in der Mitte des sichelförmigen Inselbogens befindliche (noch aktive) Vulkan mit sich bringt. Ca. 1.600 vor Christus explodierte er, zerstörte mit einem Schlag die gesamte minoische Kultur und brachte durch den entstandenen Tsunami die in Küstennähe befindlichen Mittelmeerkulturen zu einem abrupten Ende. Dieses Unglück bildete wahrscheinlich den Ausgangspunkt des Atlantismythos bei Platon.

 

 

An der ‚Caldera‘, dem Steilabbruch, der sich (nach der Explosion und dem Versinken des Vulkans) ca. 200 Meter zum Meer in Richtung Vulkan hin ergibt, siedelten seit vielen Jahrhunderten die Menschen. Sie bauten in dem Bims-Lavagemisch des Hanges tonnenförmige Wohnhöhlen, bei denen meist nur die Fassade ins Freie ragte. Der Rest blieb im Berg verborgen. Die Tonnenkonstruktion hatte sich als ziemlich resistent gegen die häufigen Erdbeben erwiesen. Die Fassaden wurden in der Zeit und durch den Einfluss der Venezianer – die ja Handel über das gesamte Mittelmeer betrieben – oft mit klassizistischem Dekor, Säulen, Bögen und dergleichen versehen. Das Projekt von Alexandros und Marianna Kapsimali im Ort Fira ist auf dem Platz einer verlassenen Ruine, auf zwei Ebenen angelegt. Wahrscheinlich waren es einst zwei verschiedene Besitzer, denn die Einwohner der Insel mussten sehr dicht und meist übereinander bauen. So waren die Terrassen des oberen Hauses meist die Dächer des unteren Bewohners.

 

 

Ganz nach dem Schema der traditionellen ‚anonymen‘ Architektur befindet sich die untere Ebene großteils im Berg verborgen – mit Tonnengewölben und einer sehr schmalen Fassade. Ganz hinten, im letzten Teil der Tonne ist ein türkis ausgemalter Innenpool, groß genug zum Schwimmen, davor liegt ein Schlafzimmer mit einem seitlich angeordneten Bad. Nischen für Waschtische, etc. sind aus dem leicht zu bearbeitenden vulkanischen Gestein herausgeschält und alle Nutzräume sind mit einer organisch wirkenden, unperfekten, weißen Oberfläche überzogen. Der Eindruck ist wie aus einem Guss. Ein schmaler Hof vor dem Schlafbereich führt zu einer vorgelagerten Küche und dem Wohnbereich, von dem man über eine weitere Terrasse, den Ausblick auf das Meer und den Vulkan genießen kann. In der Küche trennt ein großer Bogen die Arbeitsfläche vom Ess- und Aufenthaltsbereich. Kühlschrank und Herd sind seitlich in diesem Bogen verborgen. Die Möblierung der Räume ist eher einfach, großen Wert legte man jedoch auf genügend Sonnenschutz.

 

 

Vier Meter weiter oben befindet sich die zweite Ebene des Hauses mit einem Schlafbereich samt Nebenräumen. Das Bett im Schlafzimmer thront auf einem Sockel und ist natürlich in Richtung Aussicht auf Meer und Vulkan orientiert. Schiebetüren lassen sich auf einen Balkon samt Pool öffnen. Ein weiterer Pool befindet sich auf der Terrasse des Wohnbereiches – sie liegt über der Küche und Essplatz des unteren Geschosses. Wenn man allerdings weiß, dass es auf der ganzen Insel eine einzige winzige Quelle gibt, dass Trinkwasser mit Schiffen nach Santorin gebracht werden muss, dann erscheint – trotz mittlerweile installierten Entsalzungsanlagen – der Bau von gleich drei Pools eher verschwenderisch zu sein. Vor allem, angesichts des Meeres vor der Haustüre.

 

 

Die räumlichen Einschränkungen, die sich aus dem verwinkelten, kleinen Grundstück und den Resten der vorher existierenden Gebäude ergaben, waren eine Herausforderung während der Bauphase. Vieles musste ‚ad hoc‘ und vor Ort entschieden werden. Auch der Transport jeglichen Baumaterials war meist nur mittels auf Eseln befestigten Tragkörben zu bewältigen. Der Entwurfsgedanke des gesamten Projektes war es, möglichst große Öffnungen und Panoramaausblicke zu kreieren, Sonnenlicht in die Räume zu bringen und die Beziehungen zwischen innen und außen sichtbar zu machen. Diese Verbindung wird auch durch das durchgängig gleiche Oberflächenmaterial betont – eine glatte, haptisch angenehm wirkende Haut, die mittels einer traditionellen Technik aus einem Gemisch von Weißzement und Marmorsand hergestellt wird. In der gesamten traditionellen Architektur der Insel Santorin ist diese Durchmischung und Verbindung von Innen- und Außenräumen ein wichtiges Kriterium: So waren die Bewohner immer in Verbindung mit der Natur, mit der Gefahr des Vulkans und dadurch eben achtsam.

 

Feriendomizil Santorin, Ägäis

Bauherr: Villa Aesthesis
Planung: Kapsimalis Architects
Statik: Kapsimalis Architects
Grundstücksfläche: 120 m2
Bebaute Fläche: 106 m2
Nutzfläche: 93 m2
Planungsbeginn: 12/2013
Bauzeit: 6 Monate
Fertigstellung: 06/2014
Baukosten: 140.000 Euro

 

Text: Peter Reischer / Fotos: Julia Klimi

 

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Kategorie: Projekte