Hier spielt die Musik

22. April 2025 Mehr

Guter Sound und gastronomische Genüsse – in sogenannten Listening Bars werden Besuchern nicht nur Drinks, sondern auch Musik in höchster Qualität serviert. Anda Zota und Muromuro Studio gestalteten im Erdgeschoss eines historischen Wohnblocks in Bukarest eine Bar nach ebendiesem Konzept. Mit ihrem rohen Design und einem durchdachten Beleuchtungskonzept erweitert die Bar Ton künftig das audiophile Angebot der rumänischen Hauptstadt.

 

 

Die Bar befindet sich im Eingangsniveau eines typisch kommunistischen Gebäudes aus den späten 1950er-­Jahren, welches den Designern zufolge eine besondere Bedeutung hat. Als Wahrzeichen des rumänischen Modernismus steht der Wohnkomplex im Herzen von Bukarest für die Abwendung von sowjetischen Einflüssen und somit für eine Kehrtwende in der Baugeschichte des Landes. Die Planer wollten die – zuvor als Musikgeschäft genutzte – Bestandsstruktur im Zuge der Umnutzung weitestgehend bewahren und dem gesamten Block Tribut zollen. So erhielt man neben vier massiven Betonsäulen und den Böden unter anderem die Fassade und viele Originalverkleidungen.

 

 

Besonders wichtig war es dem Designerteam, auch die Nachbarschaft miteinzubeziehen. Um das zu erreichen, öffnete man die Fassade des massiven Bestands behutsam und versah sie mit großflächigen, alugerahmten Fenstern. Mit ihren mechanisch nach oben auffaltbaren Elementen sorgen die Verglasungen dafür, dass die Grenzen zwischen Stadtraum und Bar verschwimmen. Auf diese Weise wird die Straßenansicht zum dynamischen Vermittler, der mit – von außen und innen zugänglichen – Sitzbänken zum Verweilen einlädt und die Interaktion mit der Umgebung fördert.

 

 

Als moderne Interpretation des sozialistischen Baustils des Gebäudes empfängt die Hi-Fi-Bar ihre Gäste im Inneren mit einem Design, das den historischen Kontext mit moderner Funktionalität kombiniert. Ein Mix aus verschiedenen Materialien und Texturen spielt dabei eine zentrale Rolle: Nackte Betonwände und Mosaikböden aus Marmor bilden einen spannenden Kontrast mit warmen Einbauten aus geöltem Birkensperrholz, glatten Edelstahloberflächen und fließenden Stoffbahnen. Neue Werkstoffe wurden mit Bedacht eingesetzt und in Hinblick auf ihre Nachhaltigkeit ausgewählt. Zwischen Einfachheit und Wärme entsteht so ein einladendes Ambiente, das ein intimes Hörerlebnis ermöglichen soll.

 

 

Die vier erhaltenen Betonsäulen prägen den quadratischen Grundriss der Bar Ton. In den Entwurf integriert, zonieren diese den offen gehaltenen Raum subtil. Während zwei der Säulen unverkleidet eine Ausstellungsfläche für Schallplatten flankieren, werden die anderen beiden – mit Polyurethan beschichtet und einer Holzkonstruktion versehen – zum DJ-Pult. Der Bereich für die Musik mitsamt der dazugehörigen technischen Infrastruktur steht im Mittelpunkt und ist symmetrisch aufgebaut. Rund herum sind mit Theke, Toiletten und Sitzgelegenheiten die übrigen Funktionen angeordnet.

 

 

Das Lichtkonzept entwickelte man in Zusammenarbeit mit den Experten von Greentek Lighting und setzte dabei mithilfe von maßgeschneiderten Lösungen vor allem die Musikbereiche gezielt in Szene. Je nach Tageszeit lassen sich die Beleuchtungseinstellungen nach Bedarf anpassen und dadurch die Atmosphäre des Raums verändern.

 

 

Um die akustischen Anforderungen der Musik-Bar zu erfüllen, schrieb man dem Bestand nach dem „Raum im Raum“-Prinzip eine Holzrahmenkonstruktion ein. Sie soll den Klangraum isolieren und unerwünschte Geräusche dämpfen. Das ausgeklügelte System wird von schweren, beigen Vorhängen verborgen, die der Bar zusätzliche Gemütlichkeit verleihen. So haben Besucher nicht nur tagsüber die Chance, sich bei einem Kaffee von inspirierenden Klängen beleben zu lassen, sondern können sich auch bis in die späten Abendstunden ganz der Musik hingeben – ohne dabei die Bewohner und Nachbarn der Listening Bar im Herzen von Bukarest zu stören, oder selbst gestört zu werden.

 

 

Text: Edina Obermoser
Fotos: Vlad Pătru

Kategorie: Projekte