Hotel Magdas – stay open-minded
Ein Hotelprojekt der etwas anderen Art wurde am 11. Februar in der Nähe des Wiener Prater eröffnet. magdas, die Social Business Tochter der Caritas, vereint professionelles Niveau mit einem ungewöhnlichen Konzept und definiert somit „Gastfreundschaft“ ganz neu. Gemeinsam mit der Caritas haben die Architekten von AllesWirdGut 78 neue und elegante Zimmer gestaltet, die Städtereisenden genauso zur Verfügung stehen sollen, wie Touristen und/oder Tagesbesuchern. Alles nichts Neues? Ja, das stimmt, doch folgender Aspekt ist eher ungewöhnlich:
Neben den üblichen Hotelgästen leben hier auch solche, die ihre Abreise aus der Heimat nicht freiwillig planen konnten. Die Rede ist von Flüchtlingen, die ohne ihre Eltern nach Österreich kommen mussten. So sind zwei Einheiten für Wohngemeinschaften Teil des Hotels. Zurzeit werden 25 Jugendliche gezählt, denen das magdas eine vorübergehende Bleibe bietet, gleichzeitig aber auch einen Arbeitsplatz. Denn das Hotelkonzept fußt unter anderem darauf, als soziales Unternehmen verschiedene Kulturen zu verbinden, Chancen zu ermöglichen und damit den Ort der Begegnung lebendig, abwechslungsreich und vielfältig zu gestalten. Hier arbeiten Profis aus der Hotellerie gemeinsam mit Flüchtlingen, die einen Großteil des Personals stellen. Die Einbindung der Flüchtlinge aus verschiedenen Nationen in den Hotelbetrieb erfolgt einerseits wegen mangelnder Chancen dieser Menschen auf dem österreichischen Arbeitsmarkt, andererseits gibt es eine große Zahl an Flüchtlingen, die Fähigkeiten und Talente, aber auch kulturelle Backgrounds einbringen, die den Hotelbetrieb stärken und eine eigenständige Positionierung am Hotelmarkt ermöglichen. Derzeit vereinen sich hier 14 Nationen mit unterschiedlichen Lebensgeschichten und sorgen für einen regen Austausch und ein Angebot an 23 Sprachen.
Bei dem Gebäude selbst handelt es sich um ein ehemaliges Seniorenheim, dessen Kern aus den 60er Jahren stammt. Die Bausubstanz wurde großteils erhalten, lediglich saniert und an aktuelle Sicherheitsstandards angepasst und adaptiert. Bei der Gestaltung setzten die Architekten auf Schlichtheit und Eleganz, dezent stimmige Farben und Vintage-Chic. Das Interior Design reagiert auf die vorhandene Substanz, drückt das gewünschte architektonische Konzept aus und zeigt einen kreativen und gelungenen Umgang mit – und trotz – knapper Mittel.
Für die Gestaltung der Innenräume, Lobby, Restaurant mit Bar, Hotelzimmer und Wohnungen, setzte AllesWirdGut auf einen Mix aus Gefundenem und Vorhandenem (Upcycling-Design). Mobiliar aus Caritas-Beständen und Spenden sowie Einrichtungsgegenstände aus Hotelauflösungen sollten die Investitionskosten und den Ressourceneinsatz möglichst gering halten. In den Zimmern sind u. a. auch Arbeiten von Studierenden der Akademie der bildenden Künste zu finden und mit einem Artist-in-Residence Programm ist die Kreativität der jungen Künstler überall zu spüren und zu sehen.
Das dezente, stimmige und elegante Farbkonzept an den Oberflächen der eingebrachten Gegenstände wird akzentuiert durch markante Einzelstücke. Ehemalige, biedere Einbauschränke wurden zu Tischen, Nachtkästchen und Garderoben in den Zimmern umgebaut. Für unebene Wände wurde auf die bewährte Technik der Musterwalze gesetzt.
Für die Finanzierung griff man auf Crowdfunding zurück und bekam Unterstützung von Materialsponsoren, die den speziellen, sozialen Charakter des Hotels erkannt haben und zu schätzen wussten. Beim Bau waren letztendlich nicht bloß wie üblich Professionisten und Lieferanten beteiligt, auch Anrainer und Flüchtlinge packten mit an – wieder ein Ausdruck von gemeinschaftlicher Zusammenarbeit, um dadurch Größeres schaffen zu können. Durch die verschiedenen Faktoren, die bei der Planung, dem Bau und der Belebung des magdas miteinflossen, steht letzten Endes ein Projekt inmitten von Wien, dessen Architektur und Innenleben ein Zeichen großer sozialer Dimension ist. Angesprochen sollen mit diesem Konzept all jene werden, die Wert auf eine verkehrsgünstige Lage, guten Service, individuelle Features und vor allem eine offene und lebendige Atmosphäre mit experimentellem Charakter legen.
magdas HOTEL
Planung/Design: AllesWirdGut Architektur ZT GmbH
Bruttogeschoßfläche (BGF): 6.460 m²
Baubeginn: August 2014
Eröffnung: 11. Februar 2014
Ausstattung: 80 Zimmer, Co-Workingspace, Bibliothek, Garten, Café, Lounge, Artist-In-Residence
Kosten: rund 1,5 Mio. €
Text: Anja Leinich / Fotos: Architektur / Guilherme
Kategorie: Projekte