Kulturelle Infrastruktur – Rainbow Bridge
Rainbow Bridge / Long Beach / SPF:architects
In Long Beach, Kalifornien haben die Architekten des Büros SPF:a eine Fußgängerverbindung zwischen zwei wichtigen Punkten der Stadt geschaffen. Eine dynamische, von einer Ozeanwelle inspirierte Form mit einem ausgeklügelten Beleuchtungssystem und einem Landschaftsbereich auf der Gehfläche. Sie wurde binnen kürzester Zeit zu einem Treffpunkt und einer Landmark in der Stadt.
Städte wachsen ständig und das bedeutet auch immer neue Verkehrsverbindungen, Straßen und Brücken. Statt nun den direkten Weg zu wählen und eine einfache Stahl- oder Betonverbindung zwischen zwei Punkten herzustellen, wählen Architekten und Auftraggeber immer öfter eine zwar kompliziertere und technisch herausfordernde Lösung, die jedoch den Anspruch an kulturelle und ästhetische Kriterien erfüllen kann. Natürlich sind die parametrischen Designwerkzeuge, die uns heute zur Verfügung stehen, dabei sehr hilfreich. Trotzdem ist auch immer ein gutes Stück handwerkliches Können und Kreativität mit dabei.
Die Rainbow Bridge (oder offiziell die Long Beach Seaside Way Pedestrian Bridge), entworfen vom Architekturbüro SPF:a stellt, eine öffentliche Verbindung zwischen den beiden Hauptattraktionen in Long Beach, Kalifornien/USA dar: dem Long Beach Convention Center und dem Long Beach Performing Arts Center. Vor der Konstruktion der Brücke musste man – um von einem zum anderen zu gelangen – mehrere Stiegenfluchten bewältigen und eine Fahrbahn, beherrscht von Verladedocks und Auswüchsen diverser Klimaanlagen, überqueren. Die erste Lösung, welche die Stadt für die Verbindung vorschlug, war eine einfache, erhöhte Passage zwischen den beiden Zentren. Das Projektteam, welches mit der Aufgabe betraut war, entwickelte daraus eine komplexe Attraktivität für Nutzer und Öffentlichkeit.
Das Design der Brücke bezieht seine Inspiration aus der Historie von Long Beach, seiner Lage am Meer und seinem lebendigen Hafengeschehen mit diversen Attraktionen. Die Form kann man als Abstraktion einer sich brechenden Welle betrachten. Die Gehwegfläche besteht aus vielfältigen Elementen, die alle eine Fußgängerumgebung bestimmen: Sitzbänke, Überdachungen und auch Landschaft. Strukturelle Elemente wie die Hüllform verbinden sich mit einer Eleganz und Gleichförmigkeit, wie man sie in Wellen finden kann. LEDs sind an netzähnlichen Kabelsystemen befestigt, um ein Gefühl wie auf einem Schiffsdeck unter der Takelage zu erzeugen. Die beiden Hauptcharakteristika sind die welleninspirierte Stahlform und die dynamische Beleuchtung, welche nach einem speziellen Entwurf von SPF:a kundenspezifisch von Carl Stahl Architektur angefertigt wurde.
Das strukturelle Design der Brücke beruht auf einem Standardprodukt von Caltrans (California Department of Transportation), einer Stahlbetonkonstruktion mit einem Träger auf zwei Pfeilern. SPF:architects zerlegte die Hauptkomponenten dieses Brückensystems und setzten sie in einer spielerischen und innovativen Art neu zusammen. Die raffinierte Zusammensetzung berücksichtigt die einzigartige Geometrie des Platzes und auch den Wunsch der Stadt, mehr Landschaft und einen „Park“ auf der Verbindung unterzubringen. In einer ähnlich kreativen Art hat man die Leitplanke benutzt, um eine Bewegung in die Brücke zu bringen – sie nimmt die Form der Welle an. Diese ganzen Details, zusammen mit den rostfreien Stahlkabeln der Beleuchtung sind Referenzen an eine Hafenlandschaft und haben zu einem sehr stromlinienförmigen Profil geführt.
Das Projekt ist auch aufgrund der von den Architekten verwendeten Software, um das 3D-Modell zu gestalten und alles zu dokumentieren, ziemlich einzigartig. Man musste alle Pläne in 2D transformieren, um dem Stahlbauer mit dessen limitierten Möglichkeiten entgegen zu kommen. Nur so war es möglich, sich auch innerhalb des streng limitierte Budgetrahmens zu bewegen. Die Stahlbauer waren nicht gewöhnt, eine Konstruktion mit Null-Millimetertoleranz und ausgeklügelter Konstruktion auszuführen. Deshalb arbeitete man in einer sehr engen Kooperation zusammen, besuchte gemeinsam den Bauplatz und die Produktionsanlagen. Man evaluierte ständig die Metallarbeiten und erklärte Schritte zur Maximierung der Leistungsfähigkeit, um die komplexe Form zu realisieren. Die Früchte dieser Zusammenarbeit lassen sich am besten im „Auge“ der Brückeneindeckung erkennen. Dieses Detail ist von einer fünf Meter hohen, kontinuierlich gebogenen Stahlplatte gekennzeichnet, sie ist an den Bögen in unterschiedlichen Punkten und Höhen befestigt. Dieses gebogene Stahlband wurde fast ausschließlich von Hand gefertigt. Man begann mit einer Stahlplatte, die wie ein Tuch über die Form gelegt wurde, anschließend wurde händisch eine fugenlose Anpassung durchgeführt.
Bei der Konstruktion der über 180 Meter langen Brücke arbeiteten die Architekten eng mit Arup zusammen. 76 geschweißte, gebogene Rippen bilden den Rahmen zusammen mit circa 900 m3 vor Ort vergossenem Stahlbeton. Die Eindeckung der Brücke beinhaltet 3.500 LEDs in allen Farben und 70 Flutlichtstrahler – alle können programmiert und gesteuert werden, um eine Symphonie von Effekten zu gestalten. Oder sie bleiben statisch, um einen bioluminösen Glüheffekt in der Nacht zu bewirken. Ursprünglich sollten 80 und mehr Rippen den Rahmen bilden, aber aus Kostengründen modifizierte man die Stahlgeometrie und das Stahlbetonprofil derart, dass mit der Wiederholung einer einzigen Form dieselbe Dynamik im Ausdruck entstehen konnte. Obwohl ein sehr limitierter Kostenrahmen zur Verfügung stand, wurden dadurch in keiner Weise das Design und die Qualität beeinträchtigt.
Seit ihrer Eröffnung im Dezember 2017 hat sich die Brücke zu einem Mehr als einer bloßen Verbindung zwischen zwei Punkten etabliert. Die fußläufige Verbindungsstrecke ist eine moderne Landmark und ein Treffpunkt geworden, der auch Ausblicke auf den Ozean offeriert.
Rainbow Bridge
Long Beach, Kalifornien
Bauherr: City of Long Beach
Planung: SPF:architects
Statik: Arup
Länge: 184 m
Oberfläche: 1.068 m2
Höhe: 4,5 m
Planungsbeginn: 2014
Bauzeit: 2,5 Jahre
Fertigstellung: 2017
Baukosten: 10,6 Mio. Euro
Fotos:©John Linden
Text:©Peter Reischer
Kategorie: Projekte