Kultureller Taktgeber
Wohnen, Arbeiten und Freizeit an einem Ort: Für das Projekt Music Box im Sonnwendviertel Ost in Wien haben die Architekten Josef Saller und Heribert Wolfmayr aka heri&salli ein spannendes und nutzungsheterogenes Konzept entwickelt. Als neuer identitätsstiftender Anziehungspunkt von Quartier und City soll das Gebäude zum Vorbeischauen und Teilhaben einladen.
So die Ö3-Musicbox zwischen 1967 und 1995 eine alternative Hörinsel innerhalb des Unterhaltungssenders darstellte, darf die Wiener Music Box aus der Feder von heri&salli als ebenso bunte Themenschachtel für Musikschaffende aller Art bezeichnet werden. In der Nähe des Wiener Hauptbahnhofs gelegen, ergänzt es die kreative Hauptstadt Österreichs nun um eine weitere maßgeschneiderte Infrastruktur für die Szene. Durch das Einbeziehen ganz unterschiedlicher Akteure und mit einem diversen Angebot an Nutzungsmöglichkeiten erhoffen sich die Architekten für die Zukunft belebende und identitätsstiftende Impulse für das gesamte Sonnwendviertel.
Potenziale nutzen
Um die vorhandenen Möglichkeiten auszureizen und auf überregionaler Ebene zu potenzieren, hatten sich Josef Saller und Heribert Wolfmayr mit dem ÖSW/Österreichisches Siedlungswerk, der Agentur für Kultur & Urbanität art:phalanx und der Landschaftsarchitektin Carla Lo bereits 2017 zusammengetan, um das nutzungsheterogene Projekt „Music Box am Arsenalsteg“ gemeinsam zu entwickeln. Zu dem Angebot zählen mit der Fertigstellung 2021 161 Serviced Apartments, die bei Interesse provisionsfrei, möbliert und optional mit individuell buchbaren Serviceleistungen ab etwa sechs Monaten bis zu zwei Jahren gemietet werden können. Das Zuhause auf Zeit bietet neben Fitnessmöglichkeiten auch Wellnessangebote.
Die für die Öffentlichkeit zugängliche Erdgeschosszone umfasst eine Gastronomie mit Gastgarten und ein angeschlossenes Creative-Lab, das für Veranstaltungen genutzt werden kann. Der konsumfreie Freiraum soll Potenziale für Freilufttheater, Sommerkino, Lesungen oder Konzerte bieten und einen fließenden Übergang zum öffentlichen Raum schaffen. Auf diese Weise erhoffen sich die Planer einen barrierearmen und niedrigschwelligen Zugang zu den Angeboten der Music Box für Nachbarn und Besucher. Das schallentkoppelte Untergeschoss umfasst unter anderem Proberäume unterschiedlicher Größen sowie Tanz- und Bewegungsflächen.
Kommunikative Strukturen
Analog der Interaktionen fördernden öffentlichen und halböffentlichen Außenflächen sowie der interaktiven Erdgeschosszone, haben die Architekten einerseits den Wohneinheiten großzügige individuelle Freiräume zugeordnet und andererseits auf jeder Ebene frei zugängliche Gemeinschaftsflächen geschaffen. Bunt und überdimensional in den Kubus eingeschnitten, ergeben sich so einladende Treffpunkte und Attraktionsmomente zu den Nachbarn und zum umliegenden städtischen Raum. Ähnlich einem Lautsprecher oder einer Beat Box möchte das Bauwerk auf diese Weise ganz ungezwungen mit der Nachbarschaft in Austausch treten.
Ein Grätzlhotel mit 12 thematisch an die Music Box angelehnten Suiten, der terrassiert konzipierte Außenraum sowie von der Litfaßsäule inspirierte Arkadenstützen mit integrierten Sitz- und Stehmöbeln sollen auch Gäste und Passanten neugierig machen, anlocken und zum Verweilen und kreativen Austausch einladen. Im 1. Obergeschoss befinden sich mit dem Kompetenzzentrum der Musikschule Beatboxx außerdem geräumige Ateliers, die für Proben, Workshops oder Unterrichtseinheiten genutzt werden können. Equipment-Verleih, Mediathek und Musiklabor inklusive.
Music Box
Wien, Österreich
Bauherr: ÖSW – Österreichisches Siedlungswerk
Planung: heri&salli Architektur ZT GmbH
Team: Stilyana Manolova, Ulysse Zehnle, Krystina Sevcikova, David Florez, Rumena Trendafilova, Klaus Molterer, Loris Luigi Perillo, Petros Roumanas
Statik: KS Ingenieure
Landschaftsplanung: Carla Lo
Grundstücksfläche: 2.132 m2
Bebaute Fläche: 894 m2
Nutzfläche: 6.490 m2
Planungsbeginn: 2017
Bauzeit: 2.5 Jahre
Fertigstellung: 2021
Text: Linda Pezzei
Fotos: paul ott photografiert
Kategorie: Projekte