Lichtpunkte und Szenerie

9. Juni 2015 Mehr

 

Mit jährlich 330.000 BesucherInnen zählt das Casino Bregenz zu den stärkst frequentierten der insgesamt 12 Casinos der Casinos Austria AG und präsentiert sich mit seinem Standort inmitten der Kultur- und Festspielstadt. Für ein zeitgemäßes Auftreten gliederte man die Um- und Anbauten in zwei Bauabschnitte und zog das Architekturbüro ArtArch 23 für die Planung vom Entwurf bis zum Detail im gesamten Innen- und Außenbereich zu Rate.

 

 

Im ersten Bauabschnitt wurden das Automaten- (Jackpot Casino) und Lebendspielbereich (Spielcasino) erweitert, wobei mit ersterem ebenso die Vergrößerung der darüberliegenden Terrasse um ca. 195 m² einher ging. Der Terrassenaufgang des Restaurants wurde verlegt und öffnet sich nun mehr zum Platz der Wiener Symphoniker. Die Grundkonstruktion der Treppe ist eine Beton-Stahl Mischbauweise, die für einen eleganten Auftritt mit Natursteinplatten aus Granit verblendet wurde. Bei der Absturzsicherung fiel die Wahl auf ein Streckmetall-Geländer mit quadratischen Stützen bzw. einem rechteckigen Querschnitt des Handlaufs. Dieses unterteilt den Aufgang in zwei Läufe und wird seitlich mit einem geringen Abstand zur Konstruktion von schwarzem, transparenten und transluzenten Glas bzw. der Gebäudehülle selbst begrenzt.

 

 

Um mit dem Bestand in Dialog zu treten und auch in den Innenräumen auf die äußere Umgebung einzugehen, wurden neben den Wänden und Teppichen auch die Decken neu gestaltet. Deren Formulierung beispielsweise besteht aus 365 unterschiedlichen und dreidimensionalen Dreiecksflächen, die mit der aufwendigen Deckengestaltung des bestehenden Pavillons sympathisieren. In der Bauphase zwei wurde u. a. das Highlight des Relaunchs geschaffen. Eine dynamische, beleuchtete Medienfassade umschließt mit wellenförmigen Aluminiumlamellen das Gebäude. Da für die neue Hülle ein Hintergrund gesucht wurde, der ihr optisch nicht den Rang abläuft, doch eine optimale Reflexionsebenen bietet, griff man zu Faserzementplatten. In einem kompletten Wandsystem, von der Dämmung bis zur luftberührten Ebene, wurden die großformatigen Platten als hinterlüftete Fassade auf eine Alu-Unterkonstruktion aufgebracht. Darauf – wieder auf einer Unterkonstruktion – befinden sich nun auf Abstand gehalten die fließenden, leicht unregelmäßig angeordneten Metallelemente aus Aluminium-Verbundplatten (Alucobond®).

 

 

Die Neuinterpretation der Gebäudehülle hatte ihren Ausgangspunkt in der Abwicklung der primären Fassadenfläche, die im Laufe der Zeit an Glanz eingebüßt hat. Die gedachte Projektion dieses vergangenen Schwarz-Weiß-Codes – den die alte Fassade darstellt – auf die Fläche der neuen Lamellenfassade und die anschließende Verzerrung dieser Projektion durch Überlagerung mit unterschiedlichen Wellen, erzeugt eine Verlaufsgrafik, welche die Querschnittsproportion der Lamellen steuert. „Das ursprüngliche Projekt sowie das Wasser des Bodensees sind in der neuen Fassade ideell vorhanden, jedoch zeitgenössisch interpretiert und übersetzt“, so die Architekten.

Rechteckige Aluminiumprofile wurden je nach Öffnungs- oder Schließungsprinzip der Fassade gefalzt. Der Querschnitt der Elemente – vorzufinden im Hoch- oder Querformat – bleibt immer derselbe, lediglich die Falzung ändert sich. Dadurch erhält die Fassade ihre Dreidimensionalität. Strahlendes Element hierbei ist das Spielcasino selbst. Eine indirekte Hinterleuchtung der Lamellen von unzähligen LEDs bringt eine Entwicklung der Farbverläufe aus der Fassadenstruktur heraus mit sich, sodass Lichtspiele direkt mit den Lamellen korrespondieren.

 

 

Die Grundkomponente für diese Lichtspiele kommt aus dem Hause Zumtobel Lighting. Diese spektakuläre Lichtinstallation ist weltweit das erste Projekt seiner Art. Bei Anbruch der Dunkelheit verwandelt sich die Fassadenkonstruktion in ein leuchtendes Farbenspiel. Zumtobel legte 6.500 Elemente der Medienfassadenleuchten CAPIX evolution wie eine zweite Haut an die geschwungene Fassade des erweiterten Casinos. Die Pixelaufteilung und der Abstand zur Projektion wurden licht- und kostentechnisch optimiert und an einem Mock-Up überprüft. Die Anbringung an einer Schiene und die rechenartige Aufhängung wurden von ArtArch23 vorkonzeptioniert und anschließend in Zusammenarbeit mit den ausführenden Unternehmen optimiert. Auch wurden verschiedene Materialien und Beschaffenheiten für die Reflexionsebene getestet. Die Pixel sind hinter den Lamellen mittels Clips befestigt und somit von außen nicht sichtbar. Durch diese indirekte Methode entstehen eine deutlich harmonischere Lichtverteilung und keine Blendung. Verbunden durch nur eine Daten- und Versorgungsleitung bilden die einzeln ansteuerbaren Elemente insgesamt 1.140 Laufmeter. Da jedes CAPIX-Pixel über drei RGB-LEDs verfügt, wirkt CAPIX evolution auch bei großen Distanzen hell und brillant. Neben der Gebäudegestaltung durch Farben ist es möglich, mit einer Steuerung bewegte Bilder abzuspielen. Die erste Videoanimation wurde von ArtArch23 selbst erstellt, für die Zukunft ist sogar eine Bespielung durch ausgeschriebene Gestaltungswettbewerbe angedacht.

 

Umbau und Neugestaltung Casino Bregenz, Ö

Adresse: Platz der Wiener Symphoniker 3, Bregenz
Planung: ArtArch 23, Innsbruck
Eröffnung: 19. September 2014
Bauzeit: ca. 6 Monate, bei laufendem Betrieb
Baukosten: ca. € 4 Mio.
Flächenerweiterung: Jackpot Casino (ca. 250 m²), Spielcasino (ca. 290 m²), Sommerterrasse FALSTAFF (ca. 195 m²), Casino Lounge

Fassade

Licht Fassade/Spielsaal: Zumtobel Lighting GmbH
Wellenelemente: Alucobond®

 

 

CAPIX

Aufbau/Anwendung

LED-Pixel vormontiert auf speziellem Flachbandkabel für Spannungs- und Datenübertragung, Gehäuse aus Polycarbonat in Schwarz, Optik aus Polymethylmethacrylate transparent, Anbau oder Befestigung an Unterkonstruktion mittels mitgelieferten Clips in niedriger Ausführung

Eigenschaften

Lichtfarbe: RGB für variable Farbänderung, Pixel-Abstände zwischen 5-80 cm möglich, max. 50 Pixel pro Strang (abhängig von Kabellänge und Pixelabständen), Betriebsdauer 30.000 h bei 70 % Lichtstromrückgang, Leuchte halogenfrei verdrahtet, Versorgung durch eine separate Segment Control Unit (SCU), Steuerung mittels Videoprotokoll durch separate Video Control Unit (VCU), Pixel-genaue Ansteuerung (pro Kanal 50 Pixel), LED-Pixel einzeln austauschbar, Pixel: 32 x 32 x 22 mm, Gewicht Pixel: 15 g, Schutzart: IP65.

www.zumtobel.com

 

Text: Anja Leinich / Fotos: Marcel A. Mayer

 

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Kategorie: Projekte