Um- und Zubau eines Bürogebäudes / Wr. Neustadt / hochholdinger knauer engl

4. März 2011 Mehr

Arbeiten im Bestand und Bestandserweiterungen zählen zu den schwierigsten Aufgaben in der Architektur. Der Um- und Zubau eines Bürogebäudes für die Wildbach- und Lawinenverbauung in Wr. Neustadt, einer Dienststelle des Lebensministeriums, hatte unter strengen Auflagen seitens der Bauherrschaft stattzufinden und ist heute ein Beispiel für eine gelungene Lösung in diesem Bereich.

Um- und Zubau eines Bürogebäudes / Wr. Neustadt / hochholdinger knauer engl

Die Aufgabe

2005 wurde ein geladener Wettbewerb veranstaltet, aus dem das Büro hochholdinger knauer engl, architekten, als Sieger hervorging.
Ein bestehendes Wohn- und Diensthaus der forsttechnischen Abteilung für Wildbachund Lawinenverbauung aus dem Jahre 1953, das seit einigen Jahren ausschließlich für Bürotätigkeiten genutzt wird, sollte aus Gründen der Platznot um die annähernd gleiche Fläche erweitert werden.
Das Grundstück befindet sich im Industriegebiet von Wr. Neustadt an einer Hauptdurchzugsstraße.
Eine wesentliche Vorgabe war die homogene Verbindung der beiden Bauteile ALT und NEU zu einem Bürogebäude unter Beachtung wirtschaftlicher Überlegungen und einer weitestgehenden Nutzung der im Altbau vorhandenen Ressourcen: So war zum Beispiel die Beibehaltung und Weiternutzung der vorhandenen Heizzentrale gefordert, die Sanierung und Erweiterung der Sanitärzellen unter Verwendung der vorhandenen Anschlüsse, und es sollten keine statischen Änderungen notwendig werden.
Die Durchführung des Umbaues in zwei Phasen, bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des laufenden Betriebes, war eine weitere Vorgabe des Auftraggebers.
Der Spatenstich erfolgte im September 2008, und im Frühjahr 2010 wurde das Gebäude schlüsselfertig übergeben. Dank der umsichtigen und straffen Bauführung seitens der Architekten wurde die prognostizierte Bausumme deutlich unterschritten.

Klarheit und Durchblick

Der einhüftige Baukörper wurde an die Südfassade des bestehenden Gebäudes angedockt, wobei die „Nahtstelle“ zur neuen Eingangssituation wurde. Eine behindertengerechte Rampe, begrenzt von einer gefärbten Sichtbetonscheibe mit integrierter Beleuchtung, überwindet den vom Erdgeschoß des Altbaus vorgegebenen Höhenunterschied und führt unmittelbar zum Bürohaupteingang.
Dieser wird durch das auskragende Dach des Neubaus räumlich gefasst. Über eine mit Lärchenholz gestaltete Brücke, die ein Wasserbecken überspannt, führt der Weg in eine hölzerne Windfangbox und weiter in das zweigeschoßige Foyer.
Im Erdgeschoß des Altbaues ist dem Empfangsbereich ein größerer Besprechungsraum zugeordnet, sodass bei Veranstaltungen die Fläche auch als Pausenraum benutzt werden kann. Im Obergeschoß verbindet eine offene Galerie die beiden Bauteile miteinander.
Das Foyer ist auf den beiden Längsseiten zweigeschoßig verglast und ermöglicht großzügige Sichtbeziehungen zwischen innen und außen. Es ist Verteilungs- und Kreuzungspunkt aller vertikalen und horizontalen Kommunikationsströme.
Zwei neu geschaffene Erschließungsgänge im EG und OG verbinden in der Längsachse (Nord-, Südrichtung) niveaugleich den Altbau mit dem Neubau. Als Sichtachse ermöglichen sie in ihrer Geradlinigkeit, sowohl den Beschäftigten als auch den Besuchern, eine optimale Orientierung im Gebäude und verbinden alle Funktionsbereiche übersichtlich miteinander. Die beiden Gänge sind abschnittsweise mit unterschiedlichen Durch- und Ausblicken ausgebildet und bieten somit auch abwechslungsreiche Raumqualitäten: Sozialraum mit offener Teeküche im Altbau, zweigeschoßiges Foyer im Bereich Stiegenhaus, einseitig verglaster Gang im Bauteil bei den neuen Büros, Pergola mit gedeckter Holzterrasse.
Sie bilden einen Art „Erlebnisweg“ durch das ganze Gebäude.

Kontrast und Verbindung

Der Dialog Altbau-Neubau wird in erster Linie durch die Materialwahl betont. Die hell verputzte Fassade des Altbaus wird in Kontrast zur dunklen, holzverschalten Stahl-/Stahlbeton-Mischkonstruktion des Neubaues gesetzt. Das Erdgeschoß des Neubaues wurde niveaugleich auf die Fußbodenoberkante des Bestandsgebäudes gebracht und wird durch seine zurückgesetzte Fundamentmauer quasi „schwebend“ gehalten. Dieser
Eindruck wird durch eine verdeckt montierte, rundum laufende Beleuchtung bei Dunkelheit noch verstärkt. Ein horizontal geführter, thermisch entkoppelter Stahlträger bildet sowohl den oberen Gebäudeabschluss als auch den auskragenden Fußpunkt des Neubaus. Er übernimmt teilweise eine tragende Funktion und ist im Bereich der hinterlüfteten Fassade auch die Verkleidung für die dahinter befindlichen Sonnenschutzlamellen und die indirekte Beleuchtung.
Die Holzverschalung der Fassade wurde in den Innenraum des Foyers weitergeführt, um die Verbindung von außen und innen zu betonen. Im Innenraum kontrastieren die Holzoberflächen mit Sichtbeton an den Wänden und Decken und mit Nirosta-Glasbrüstungen.
Die Fassade des Neubaus ist monochrom gestaltet (Kupfer-, Holz-, Stahlteile und Aluminiumprofile in dunkelbraun), mit Ausnahme des rot gefärbten, zurückspringenden Sockels und der grün hinterleuchteten Schrifttafel im Sockelbereich der Sichtbetonmauer. [rp]

Fotos: hke architekten, G. Zugmann

Bauherr: Forsttechnischer Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung
Planung: hochholdinger knauer engl, architekten
Mitarbeiter: DI J. Santi
Statik: Gmeiner & Haferl
Bebaute Fläche: 325 m²
Nutzfläche: 652 m²
Planungsbeginn: Wettbewerb 2005
Bauzeit: Herbst 2008 bis Frühjahr 2010
Fertigstellung: 2010

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Kategorie: Projekte