Unter Palmen – Villa in the Palms
Villa in the Palms / Sangolda / Abraham John Architects
Ihren Namen bezieht diese Architektur – eine dorfähnliche Villenanlage für einen privaten Kunden – von den 19 Kokospalmen, jede ca. 80 Jahre alt, um die sich die Baukörper herumwinden. Kein einziger Baum wurde für die Villa in the Palms gefällt, als man den Entwurf der Abraham John Architects im indischen Bundesstaat Goa umsetzte. So erreichte man auch einen kleinstmöglichen ökologischen Footprint.
Man kann auch in Indien mit einem gewissen Aufwand (und dem nötigen Kleingeld) nachhaltige und luxuriöse Eigenheime bauen. Das zeigt das Beispiel der Villa unter Palmen der Abraham John Architects im Bundesstaat Goa.
Eingebettet in die Landschaft erscheint dieses Anwesen mit vier Schlafzimmern, Wohn- und Essbereich, Pool und allen erdenklichen Nebenräumen fast wie ein kleines Dorf, durchzogen von Wasserflächen, Terrassen, Wegen und Palmen. Von der Straße aus ist es fast unsichtbar und die Tatsache, dass die Bäume schon seit Jahrzehnten an dieser Stelle existieren, gibt der Architektur auch eine entsprechende Verortung. Das Design ist auf eine (Wieder)Verbindung mit der Natur gerichtet.
Hätte man einen annähernd rechteckigen Komplex realisiert, wären – um das gesamte Funktionsprogramm unterzubringen – einige Bäume dem Projekt zum Opfer gefallen. Um das zu vermeiden, schlängeln sich die einzelnen Volumina sorgfältig durch die Landschaft, immer darauf bedacht keine Unterbrechungen in der Ökologie zu erzeugen. Somit ist die ganze Struktur eher fragmentiert als monolithisch – eine Reminiszenz an die traditionellen Bauweisen der Siedlungen auf Goa, gleichzeitig aber ausgesprochen modern. Im Erdgeschoss, zum Beispiel, fühlt sich jedes Schlafzimmer wie ein eigenes Zuhause an, ausgestattet mit Bad, Gartenbereich vor und hinter dem Zimmer und einem internen Hofbereich hinter einer Lateritmauer. Diese unabhängigen Körper sind durch Terrassen, Wege und Brücken verbunden, alles fließt an den Palmen vorbei und zwischen den Pools im Garten hindurch.
Zwischen Palmen, Brücken, Holzpfaden und Pools windet sich die Architektur durch den Raum.
Die Materialität der Gebäude bezieht sich auf die regionalen und örtlichen Gegebenheiten des Küstengebietes von Goa: unverputzte Wände aus Lateritsteinen, Pultdächer und Wände aus hundert Jahre altem, recycelten Teakholz. Die Landschaftsgestaltung beinhaltet ebenfalls nur lokale Pflanzenarten, meist Palmen und ist das ganze Jahr über grün. Die Dächer mit ihren verschiedenen Neigungen nehmen Rücksicht auf den Monsunregen, sammeln das Regenwasser und akzentuieren auch die architektonische Fragmentierung der Anlage. Die Grenzen zwischen Innen- und Außenräumen sind hier verwischt und große, offene Bereiche verbinden alle Einzelkörper mit dem großen Wohnraum.
Obwohl alles sehr offen und von Licht erfüllt ist, haben die Häuser doch ihre eigene Privatheit. Die Lateritwände schirmen thermisch und optisch die einzelnen Räume gegeneinander ab, bieten Intimität und gleichzeitig sorgen sie für den bestmöglichen Ausblick auf die Natur. An den Nordfassaden sind große, leicht zurückgesetzte, verglaste Öffnungen mit Ausblick auf die Felder. Die Fensteröffnungen bieten eine Verschattung und wirken so gegen den solaren Hitzeeintrag. Durch die thermische Masse der Lateritwände, die nördlichen Öffnungen und die internen Höfe ist das Anwesen so nachhaltig, wie ein privater Wohnbau in dieser Gegend nur sein kann. Er respektiert seine Umgebung und die geografische Lage.
Beim Betreten des Hauses erlebt man vom Eingang ausgehend eine sich steigernde Inszenierung: Der Blick weitet sich mit jedem Schritt, zuerst einige rohe Lateritsteine, dann ein Blick auf den Pool, dann der Garten und schließlich die Weite der dahinterliegenden Felder. Auf der einen Seite ein von Oberlichten erhellter Wohnraum mit einem internen Garten und unverputztem Mauerwerk. Auf der anderen Seite eine offene Küche und ein Essbereich, gerichtet auf eine kleine Bar am Pool. Dieser besteht aus drei Einheiten, getrennt und verbunden durch Teakholzbrücken. Diese Schwimmlandschaft ist komplett integriert in die Villa und trennt trotzdem die halbprivaten von den gänzlich privaten Teilen des Hauses.
Die Wände der Schlafräume grenzen an den Pool und haben ein schlitzförmiges Fenster entlang des Bodens – so können sich die Reflexionen auf der Wasserfläche bis an die Decke des Zimmers spiegeln. Die Badezimmer besitzen im Boden versenkte Badewannen, von denen aus man die – an die Höfe angrenzende – umliegende Landschaft bewundern kann.
Auf der oberen Ebene sind der Familienbereich, ein Dachgarten und eine exquisite Mastersuite. Sie besteht aus dem Schlafzimmer, einer offenen Bibliothek und einer glasbedeckten „sky bridge“, die den Schlafbereich vom Bad und der Bibliothek trennt. Der Ausblick von dieser Ebene richtet sich nicht nur auf die Felder unterhalb des Grundstückes, sondern auch südlich in den Dschungel von Goa und auf die roten Ziegeldächer der angrenzenden Siedlung.
Villa in the palms / Sangolda, Indien
Bauherr: privat
Planung: Abraham John Architects
Statik: B. L. Manjunath
Grundstücksfläche: 1.300 m2
Bebaute Fläche: 610 m2
Planungsbeginn: 2016
Bauzeit: 2 Jahre, 6 Monate
Fertigstellung: 10/2018
Fotos:©Edmund Sumner, Atul Pratap Chanaki, Alan Abraham
Kategorie: Projekte