Viel Raum für Kommunikation
Post am Rochus / Wien / Schenker Salvi Weber + feld72
Schon im Jahr 2013 lobte die Österreichische Post AG EU-weit einen offenen, zweistufigen und anonymen Generalplaner-Wettbewerb auf der Suche nach Konzepten für die neue Unternehmenszentrale am Rochusmarkt aus. 23 Projekte wurden in der ersten Stufe eingereicht, aus denen anschließend acht Projekte für eine weitere Ausarbeitung gewählt wurden. Daraus ging der gemeinsame Entwurf von Schenker Salvi Weber / feld72 als Gewinner hervor.
Dieser bietet eine ruhige und klare Gesamthaltung, die ausgehend von der gerasterten Fassade nach innen getragen wird. Der Baukörper nimmt den polygonalen Grundstückszuschnitt auf und fügt sich stimmig und proportional als Stadtbaustein in seine Umgebung ein. Die Platzebene des Rochusmarktes setzt sich als dreigeschossige Shoppingmall im Gebäude fort. Die Eingänge zur künftigen Postfiliale sowie zur Mall schaffen gemeinsam mit der Fassade einen Dialog mit der Stadt. Die Architektur schließt die vormaligen städtebaulichen Lücken des Grundstücks und wird damit zum selbstverständlichen Teil des städtischen Gewebes. Durch die haptische Materialität als auch durch das ruhige, nuancierte Spiel der Fassade bildet das neue Gebäudeensemble für das Leben am Rochusmarkt eine unaufgeregte, starke Präsenz im Hintergrund.
Im Inneren des Ensembles bringt eine „Fuge“ zwischen (denkmalgeschütztem) Alt- und dem Neubau viel Licht in die Räume und auch spontane Kommunikationsmöglichkeiten für die Mitarbeiter. Hier werden auch die Höhendifferenzen der unterschiedlichen Ebenen durch kleine Treppen ausgeglichen. Am hinteren Ende öffnet sie sich und schafft eine Verbindung mit dem kleinen Park hinter dem Gebäude.
Die Anforderung an die Planung der neuen Unternehmenszentrale lautete, nicht nur Arbeits-, sondern Lebensräume mit viel Platz für Kommunikation zu schaffen. In der Gestaltung wird daher auf ein offenes, zeitgemäßes Bürokonzept gesetzt, das den kommunikativen Austausch zwischen den Mitarbeitern ermöglicht und ebenso Platz für individuelles Arbeiten bietet. Bemerkenswert sind die detaillierten Überlegungen der Architekturbüros zu den Themen Belichtung und Sonnenschutz. Raumhohe Glasöffnungen bieten viel Aussicht und Verbindung mit dem Umraum. Markisen, die sowohl zentral wie auch händisch individuell gesteuert werden können, dienen dem Sonnenschutz und gewähren trotzdem im unteren (aufklappbaren) Bereich noch die Sichtverbindung mit der Stadt. So hat man trotz Sonnenschutz nie das Gefühl, eingesperrt zu sein.
Ausgehend vom denkmalgeschützten Bestandsgebäude wurden die neuen Räume so entwickelt, dass sie zukünftige alternative Verwendungszwecke sowie vielfältige Anpassungsmöglichkeiten in der Haustechnik erlauben. Trotz der flexiblen Organisation im Inneren strahlt der Baukörper Kontinuität und Zeitlosigkeit – und damit Nachhaltigkeit – aus. Der Verlauf der Betonfertigteile vom rechtwinkeligen zum konischen Zuschnitt bildet mit einfachen Mitteln eine bewegt wirkende Fassadenstruktur aus Repetition und Differenz und bietet in den Büroräumen jeweils einzigartige Ausblicke. Neben der, mit der langfristig flexiblen Nutzung in Verbindung stehenden, sozialen Nachhaltigkeit weist das Gebäude durch die lebenszyklusorientierte Planung ebenso eine hohe ökologische Gebäudequalität auf, welche die Kriterien nach DGNB/ÖGNI erfüllt.
Interessant ist auch, dass trotz der Unkenrufe und Negativpropaganda vor allem der Boulevardpresse eine Aufwertung und Belebung der Gastronomie um den Rochusmarkt stattfindet. Die bis jetzt 500 der angepeilten 1.100 Mitarbeiter der Post nutzen und befürworten das reichhaltige Angebot der urbanen Umgebung ihrer Zentrale. Nicht zuletzt deshalb hat man bei der Post auch auf eine Werkskantine im Haus verzichtet.
Post am Rochus
Wien, Österreich
Bauherr: Österreichische Post AG
Planung: Schenker Salvi Weber / feld72
Statik: Gmeiner Haferl Bauingenieur
Grundstücksfläche: 5.838 m2
Bebaute Fläche: 5.405 m2
Nutzfläche: 49.314 m2
Planungsbeginn: 2013
Bauzeit: 2,5 Jahre
Fertigstellung: 2017
Möbel Schränke + Tische + Sitzmöglichkeiten:
Neudoerfler Office Systems GmbH
Blendschutz Fassade:
WAREMA Austria GmbH
Stühle und Barhocker, eine Tischanlage (Aufsichtsratzimmer):
Selmer GmbH Objekteinrichtungen
Beleuchtung Atrium sowie Mehrzwecksaal im Obergeschoss:
Regent Licht GmbH
Fotos: ©Lukas Schaller
Text: ©Peter Reischer
Kategorie: Projekte