Von Sand bedeckt – Underground Parking
Underground Parking Katwijk aan Zee / Katwijk / Richard van den Brule, Filipa Vieira Santos, Bart Dijk
Holland liegt zu einem großen Teil unter dem Meeresspiegel. Deiche und Dämme schützen die Bevölkerung, Städte und das Land. Was liegt also näher, als dort auch einen Teil des täglichen Lebens – nämlich das Auto – in den Untergrund zu befördern, zum Parken zumindest.
Die Gesetze und Regeln der Niederlande zum Schutz seiner Küsten sind sehr streng und die Küstenregion von Katwijk und deren Deiche haben diesen Vorschriften nicht mehr entsprochen – sie mussten verstärkt werden. Im Anbetracht des stetig steigenden Meeresspiegels aufgrund des Klimawandels eine sicher zukunftsweisende Entscheidung. Außerdem war ein ziemlicher Bedarf an zusätzlichen Parkplätzen in Katwijk aan Zee durch dessen urbane Entwicklung entstanden. Also entwarf eine Arbeitsgemeinschaft der Architekten Richard van den Brule (RHDHV), Filipa Vieira Santos (RHDHV) und Bart Dijk (OKRA Landscape Architects) eine neue unterirdische Parkgarage in dem Bereich zwischen der Strandpromenade und dem Schutzdamm. Diese (fast) nicht sichtbare Architektur bietet Parkmöglichkeiten und bewahrt gleichzeitig eine gute räumliche und ökologische Qualität an der Oberfläche. Ermöglicht wurde das Projekt „Kustwerk Katwijk“ durch eine Kooperation zwischen der Gemeinde Katwijk, dem Water Board, der Provinz Süd-Holland und dem Rijkswaterstaat sowie durch einige Stakeholder, die die Schönheit und Sicherheit der Region bewahren wollten.
Eine 1.200 Meter lange Sanddüne mit einer Höhe zwischen 10 und 11 Meter über dem Meeresspiegel sitzt auf der neuen Dammmauer, welche das neue Schutzsystem für Katwijk aan Zee bildet. Diese Düne ist mit Marramgras (Ammophila arenaria – wächst in den Dünen entlang der Ostsee) bepflanzt, enthält Wege, eine Promenade und Bänke, sodass der Besucher auf der Düne oder am Meer entlang spazieren gehen kann, ganz nach seinen Wünschen. Der Damm ist mit Sand überschüttet, sowohl aus Schutzgründen, wie auch um den ehemaligen Ausdruck der Dünenlandschaft am Strand zu imitieren. Ein weiteres Hauptaugenmerk des Projektes war die Zugänglichkeit und Verbindung zwischen Strand und Stadt.
Innerhalb dieser Düne, die mehr als nur ein Schutz der Stadt ist, befindet sich nun eine 30 Meter breite und 500 Meter lange Parkgarage, parallel zum schützenden Damm. Es konnten hier also zwei Projekte in einem verwirklicht werden, Schutz und Parkraum. Die Garage mit ihren 663 Stellplätzen ist sehr sorgfältig in die natürliche Umgebung eingebettet und verbindet das Design des öffentlichen Raumes scheinbar übergangslos mit der Natur. Kleine Erhöhungen aus Sand ragen organisch geformt in den Himmel und markieren Ein- und Ausgänge. Sie sorgen nicht nur für ein intaktes Dünenbild, sondern versorgen auch den unterirdischen Bereich mit Tageslicht. Diese Lichtquellen dienen im Untergrund dann zur Orientierung in der längs gerichteten Parkgarage. Die Gestaltung des Inneren, die benutzten Farben und Materialien sorgen ebenfalls für den nahtlosen Übergang und den Kontext zur urbanen Szene von Katwijk aan Zee und seiner charakteristischen Dünenlandschaft.
Diese einzigartige Lage zwischen Meer und Stadt verlangte auch – aufgrund der extremen Wetterbedingungen – hochqualitative und widerstandsfähige Oberflächen bei den verwendeten Baustoffen. Die dominanten Materialien sind: Glas (gebogen und wettersicher), Stahl, Porzellanfliesen und Sichtbeton. Verwendet sind sie allerdings nur sparsam und so, dass die natürliche Umgebung nicht zu stark kontrastiert wurde. Außerdem sind dadurch die Wartungsaufwände geringer. Um die Beeinträchtigung der Umwelt zu verringern und die Bauzeit kurz zu halten, entschied man sich für vorfabrizierte Betonelemente. Wände, Säulen und Decke sind in der gleichen Betonqualität gehalten. Die Eingänge/-fahrten sind immer ident, obwohl die Anbindung an den öffentlichen Straßenraum jedes Mal eine individuelle Lösung verlangte. Viele Elemente hat man standardisiert und immer gleiche Details verwendet, um einen bescheidenen Eindruck im architektonischen Gesamtbild zu erzielen. Die Fahrbahnen im Inneren und die Anbindung an die Strandpromenade sind mit miteinander verschränkten Betonsteinen auf einer Drainageschicht belegt. Bei Hochwasser oder einer Sturmflut kann die Garage leicht unter Wasser stehen, weil bewusst keine dichte Wanne erzeugt wurde. Um so viel Tageslicht wie möglich in den Untergrund zu bringen, sind die Eingänge mit den Liften von oben bis unten verglast. Grafische Elemente an den Ein- und Ausgängen, sowie bei Beleuchtungselementen sorgen für eine leichtere Orientierung für die Nutzer in der doch sehr lang gestreckten Anlage. Auf der dem Meer zugewandten Seite befinden sich die Notausgänge, sie sind so klein wie gerade notwendig und als Skulpturen aus Cortenstahl in den Dünen gestaltet.
Underground Parking Katwijk aan Zee
Sta Katwijk aan Zee, Holland
Bauherr: Gemeente Katwijk, Province Zuid-Holland
Planung: Richard van den Brule (RHDHV), Filipa Vieira Santos (RHDV) und Bart Dijk (OKRA Landscape Architects}
Statik: Jan Font Freide (RHDHV)
Grundstücksfläche: 15.000 m2
Planungsbeginn: 2010
Bauzeit: 2 Jahre
Fertigstellung: 2015
Baukosten: 70 Mio. Euro
Parkgaragen zählen üblicherweise nicht zu den architektonischen Sensationen unserer Zivilisation. Darum ist die Anlage in Katwijk aan Zee, Holland, entworfen von dem Team der Architekten Richard van den Brule (RHDHV), Filipa Vieira Santos (RHDHV) und Bart Dijk (OKRA Landscape Architects) schon erwähnenswert. Eingebettet in die Dünenlandschaft am Meer verschwindet sie eigentlich völlig aus dem Blickfeld und stellt eine sehr sensible, ökologische Maßnahme dar.
Text:©Peter Reischer
Fotos: Luuk Kramer, Royal HaskoningDHV
Kategorie: Projekte