Wapiti Valley Residence – studio.bna architects

17. Mai 2011 Mehr

Waipiti Valley Residence - studio.bna architects

Die Landschaft erinnert an den Film Zabriskie Point von Michelangelo Antonioni. Und nachdem sich der Rauch und Staub der letzten, finalen Explosion gesenkt hat, erscheinen mitten in dieser Filmkulisse zwischen Kaninchenbauten und vertrockneten Gräsern verschiedene farbige Kuben und Körper. Auf den ersten Blick vermeint man, eine der aus Wildwest-Filmen bekannten Ranches zu erblicken. Beim Näherkommen entpuppen sich die einzelnen Baukörper jedoch als sehr modern gestaltet – ein längliches Wohnhaus mit diversen Nebengebäuden.

Dieser amerikanische Traum wurde von studio.bna architects geschaffen, ein Architekturbüro, das sich sowohl in Montana als auch in Mississippi seine „offices“ hat. Die Kunden für diese „Residence“ führten an der Westküste Amerikas ein sehr umtriebiges und anstrengendes Leben. Dementsprechend sollte ihr Wohnsitz in Waipity Valley in Wyoming ein Rückzugs- und Erholungsort aus eben diesem Leben sein.

Erde und Natur

Zwei große Mauern aus gestampfter Erde bilden die Grundstruktur des Gebäudes. Eine zieht sich vom Eingang durch den Wohn-/Essbereich bis in das Schlafzimmer der Eltern. Die zweite steht im rechten Winkel dazu und schließt im Osten den länglichen Hauptkörper gegen den Eingang und den Fitnessbereich hin ab.
Diese beiden Wände sind ein Hauptelement und der Inhalt des Baus: Der Architekt hat den Aushub der Baugrube, ein Lehm-Sandgemisch, mit Zement und Wasser vermengen und in Schichten in Schalungsformen pressen und hydraulisch verdichten lassen. Nach dem Trocknen und dem Entfernen der Schalung entstand ein Eindruck, wie man ihn von archäologischen Ausgrabungen her kennt: Verschiedene Schichtungen in Lehm- und Erdtönen vermitteln das Gefühl einer tausendjährigen Geschichte. Ebenso werden der Außenraum und die Natur unmittelbar in den Innenraum transportieren.

Als Schutz gegen Feuchtigkeit und Abrieb wurde die Wand mit einer farblosen Versiegelung gestrichen. Wobei es in Wyoming fast nie regnet, aber die Wand würde so auch einem Regen widerstehen.
Diese megalithisch anmutende Wand bildet eine Seite des Hauses und somit Schutz und auch Sichtschutz nach außen. Die andere Seite ist fast völlig in hoch isolierende Glasflächen aufgelöst und lässt so die Natur in den Wohn- und Essbereich hineinströmen.
Sichtachsen und Sichtverbindungen geben dem lang gestreckten Baukörper die nötige Transparenz und Offenheit.
Das Dach über dem Mittelteil des Gebäudes ist auf Metallstützen in die Höhe gehoben und lässt somit nochmals von allen vier Seiten das Licht in die Wohn- und Essräume einfallen.
Ein Schlafbereich mit zugehörigem Bad, WC und Schrankraum befinden sich an der Ostseite, direkt beim Eingang des Hauses, der Elternschlafbereich und ein Studio sind mit einer vorgelagerten, großzügigen Terrasse an der Westseite situiert.

Einzeln und doch zusammen

Von einer gewissen Distanz betrachtet scheint die Architektur sich in Einzelkörper aufzulösen. Dieser Eindruck wird auch durch die verschiedenen Farben und Wandmaterialien verstärkt: rotbraun lasierte Holzplatten mit einem extrem hohen UV-Schutz, megalithisch geschichtete Erd-Betonwände, graue profilierte Stahlwände, bläulich schimmernde transluzente Paneele aus Recycling-Material, hellgrauer Sichtbeton, braune Holzverschalungen, rötlich braunes Massaranduba-Holz aus nachhaltiger Produktion in Lamellenplatten. Und doch wirken alle diese Einzelteile miteinander verschränkt, greifen ineinander und ergänzen und erweitern sich im Zusammenspiel. Terrassen, Plattformen und Stege verbinden den Gästetrakt und den Fitnessbereich mit dem Hauptgebäude und fügen so all diese Einzelkörper zu einem wohldurchdachten Ensemble zusammen.

Innen und außen

Streng, rau, zerklüftet und doch auch feingliedrig – so zeigt sich die umgebende Natur. Das Klima ist extrem: –34 Grad Kälte im Winter und 37 Grad Hitze im Sommer, Windgeschwindigkeiten von bis zu 120 km/h und sechs Monate Schnee. Die Gegend ist die Heimat von Elchen, Rehen und Grizzlys. Mit stacheligen Büschen bewachsene Bergrücken und Bergspitzen, versteinertem Holz und Schieferschichtungen.
Und im Gegensatz dazu das elegante designte Innere der „Residence“. Ein offener Kamin, coole gebürstete Metalloberflächen in der Küche, weiße glänzende Wände, Downlights und überall die Natur, die ins Haus eindringt, es durchdringt. Edle Materialien, die aber durchaus auch den Aspekt einer ökologischen Sensibilität erkennen lassen. Wie zum Beispiel das Tropenholz aus nachhaltiger Produktion und recyceltem Kunststoff bei den Außenwänden der Nasszelle, Korkböden im Schlafzimmer und polierte Betonflächen. Ein Schmuckstück, das in der Wüste liegt und darauf wartet, benutzt und aufgenommen zu werden.

Energiekonzept

Das Gebäude wird durchgehen über einer Fußbodenheizung mit Wärme versorgt, die von einer Gastherme gespeist wird. Als Brennstoff dient Propangas, das in einem unterirdischen Tank gelagert wird. Zusätzlich dazu wurde ein Lüftungssystem (Heizung und Kühlung) zur Spitzenlastabdeckung ausgeführt. Dieses System wurde aber bisher noch nicht genutzt, da die 60 cm dicke Wand aus verdichteter Erde an der Südseite den ganzen Komplex vor der extremen Sonneneinstrahlung schützt. Die besonders hoch isolierende Verglasung verhindert zusätzlich eine Überhitzung der Räume, und die Orientierung der Schmalseite nach Westen verringert generell die Erwärmung durch die Sonneneinstrahlung. Für die Kühlung reicht die natürliche Ventilation über die Fenster und die Glasschiebewände.
Das Gästehaus und der Fitnessbereich haben eigenständige Heizkreise und bieten so die Möglichkeit einer bedarfsorientierten Nutzung.
Die Versorgung mit elektrischer Energie erfolgt vom öffentlichen Netz von der östlich gelegenen Ortschaft. Aber auch bei dieser Energieform wird in der „Residence“ gespart: mehr als 75 Prozent des Hauses werden durch Energiesparlampen beleuchtet.

Waipiti Valley Residence

Waipiti Valley, Wyoming

Bauherr:   Privat
Planung:  Brett Nave, studio.bna architects
Mitarbeiter: Jamie Slagel, Brad Engelsman, Nicholas Fulton, Ciaran Fitzgerald, Patricia Flores, Lori Ryker
Statik:   John Schlegelmilch
Bebaute Fläche:  353 m²
Planungsbeginn: August 2005
Fertigstellung:  Ende 2008
Baukosten:  1,6 Mio. USD

Die Residence im Waipiti Valley ist die gelungene Mischung aus High-Tec-Materialien mit der urigen Verwendung der aus der Baugrube gewonnen Erde. Eine Mauer aus gestampfter Erde mit Zement vermischt, bildet das Rückgrat dieses Baus, der zum Erholen und zum Vergessen des Alltages einlädt. Lichtdurchflutet und immer mit der umgebenden Natur verbunden. Ein amerikanischer Traum, der wie ein Kleinod in der Steppenlandschaft von Wyoming liegt.

Zabriskie Point ist ein Kultfilm der 1980er-Jahre vom italienischen Regisseur Michelangelo Antonioni, eine Hommage an die Revolution der 68er und gleichzeitig eine starke Kritik an unserer Konsumgesellschaft. Er spielte zum Großteil in Zabriskie Point, einem Gebiet des Death-Valley-Nationalparks, der für seine bizarren Felsformationen und Erosionslandschaften bekannt ist. Die Musik zum Film stammte von der englischen Popgruppe Pink Floyd.

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Kategorie: Projekte