Weinfabrik Bodegas Portia – Foster + Partners

2. Mai 2011 Mehr

Weinfabrik Bodegas Portia - Foster + Partners

Es war das erste Mal, dass das internationale Architekturbüro Foster + Partners den Auftrag bekam, ein Weingut zu errichten. Somit war auch Gelegenheit, einige grundlegende Gedanken zu einer heute zeitgemäßen Weinproduktion zu tätigen: Die Arbeit der Weinbauern ist – räumlich und saisonal bedingt – sehr komplex. Ein Weingut ist heute in erster Linie ein Nutzbau, welcher der Produktion dient. Romantische Traditionen und Vorstellungen sind nebensächlich geworden. Der Produktionsablauf geht von der Pressung über die Gärung und Lagerung bis hin zur Abfüllung und zum Verkauf.

Um die Weinqualität nicht durch Pumpvorgänge unnötig zu beeinträchtigen, werden die Gebäude so geplant, dass die Trauben und der Wein durch die Schwerkraft von oben nach unten wandern. Das heißt, entweder werden die Produktionshallen so hoch gebaut, dass „von oben nach unten“ gearbeitet werden kann, oder man bezieht die topografische Situation und das umgebende Gelände entsprechend mit ein. Dieser Gedanke wurde von Foster + Partners beim Entwurf des Weingutes im Prinzip eines Kleeblatts umgesetzt.

Kleeblatt als Prinzip

Die 12.500 m² große Produktionsanlage hat eine Kapazität von einer Million Flaschen pro Jahr. Das Zentrum des dreiblättrigen Kleeblattes ist das operative Herz der Anlage. Von hier aus werden alle Vorgänge gesteuert und kontrolliert: die Fermentierung in Stahlgefäßen, die Alterung in Eichenfässern, die Abfüllung und Lagerung der Flaschen.
Zwei der vom Zentrum ausgehenden Trakte sind teilweise in der Erde vergraben und beherbergen die Alterung, Reifung und Lagerung des Weines. Es sind die Trakte mit den Flaschen- und Fasskellern. Im Fasskeller liegen 6.000 Fässer aus französischer und amerikanischer Eiche und der Flaschenkeller hat eine Kapazität von 750.000 Flaschen.
Der Flügel, in dem die Fermentierung stattfindet, steht frei um das Entweichen der Kohlendioxidgase, die bei der Gärung entstehen, zu ermöglichen. Hier befinden sich 46 Fermentationstanks mit je 30.000 Liter, zehn 11.800 Liter fassende Tanks für Kleinproduktionen, sechs Kühltanks mit je 30.000 Liter und zehn Lagertanks mit 53.000 Liter Inhalt. Alle diese Tanks sind aus rostfreiem Stahl und mit einer automatischen, zentral gesteuerten Temperaturkontrolleinrichtung versehen.
Auf die beiden halb eingegrabenen Trakte führen von außen Rampen hinauf zu einem zentralen dreiecksförmigen Platz, von dem aus die Weintrauben nach der Ernte direkt in Schütttrichter abgeladen werden können. So hilft die Schwerkraft mit, den Transport der Trauben durch die Produktionsabläufe zu bewerkstelligen. Es werden Beschädigungen der Trauben vermieden, und gleichzeitig wird der Energieaufwand für den Transport minimiert.

Nüchterne Überlegungen

Die Region Ribera del Duero, ungefähr 150 km nördlich von Madrid gelegen, hat extrem kalte Winter und ebenso heiße Sommer mit minimalem Regenfall. Das „Eingraben“ der Architektur – um die klimatischen Ressourcen des Erdreiches auszunutzen – war eine der Grundüberlegungen beim Entwurf dieses Weingutes. Dadurch wurde einerseits der optische Eingriff in die Natur minimiert. Andererseits werden die natürlichen Ressourcen des Erdreiches zur Erzielung einer Temperierung der Lagerräume benutzt.
Die Grundstruktur des Baues ist aus Stahlbeton. Sämtliche über der Erde liegenden Bauteile sind aus vorgefertigten Stahlbetonplatten, und alle unter der Erdoberfläche gelegenen Teile wurden in Ortbeton gegossen. Die Speicherfähigkeit des Betons wird eingesetzt, um den Energiebedarf zu verringern. Die Schnittstelle zwischen sichtbar und unsichtbar wird durch ein rundum laufendes, lineares Lichtband verdeutlicht. Die Außenfassaden sind mit Corten-Stahlplatten, die die Farbe der umgebenden Landschaft haben, bedeckt. Der mächtige Überhang des Daches gewährleistet sowohl eine Beschattung im Sommer als auch die Vergrößerung der Dachfläche, die mit Fotovoltaikzellen zur Stromproduktion belegt ist.

Transparente Produktion

Einer der innovativsten Ausgangspunkte des Designs bei diesem Weingut ist die transparente Weinerzeugung. Die Überwachung der Produktion, die Kontrolle und die Besichtigungsmöglichkeiten für Besucher sind in der Mitte, im Herz des Kleeblattes, untergebracht. Denn die Förderung des „Weintourismus“ ist auch eines der wichtigen Anliegen der Faustino Group. Alle Vorgänge können von interessierten Besuchern beobachtet werden. Große Glasfenster erlauben ein „Close up“ auf die Kultur der Weinproduktion. Erhöhte, komplett verglaste, im Halbgeschoß gelegene Galerien erstrecken sich bis tief in die Produktionsflügel hinein und gestatten so interessante Einblicke in die verschiedenen Produktionsvorgänge. Zwischen den drei Flügeln befindet sich eine große, lichtdurchflutete öffentliche Empfangs- und Verwaltungszone mit einem Restaurationsbereich, der über Wasserflächen und ausgedehnte Terrassen einen Blick auf die umliegenden Weingärten gewährt. Gesäumt von Reihen dunkel gebeizter alter Weinfässer und Pressen wird hier die Tradition der Weinkultur der Region vergegenwärtigt.

Weinfabrik Bodegas Portia

Ribera del Duero, Spanien

Bauherr: Bodegas Faustino SL
Planung: Foster + Partners
Statik: Arup
Grundstücksfläche: 400 HA
Bebaute Fläche: 11.300 m²
Nutzfläche: 12.500 m²
Planungsbeginn: September 2004
Bauzeit: August 2006 bis September 2010
Fertigstellung: September 2010

Das kleeblattförmige Design der Anlage versinnbildlicht den Prozess der Weinerzeugung: Fermentierung in Stahltanks, Alterung in Eichenfässern und Abfüllung und Lagerung in Flaschen. Zwei Trakte des Gebäudes sind in der Erde eingegraben, um eine schwerkraftbewegte Weinproduktion zu ermöglichen. Auch wird dadurch der Vorteil der Temperierung durch das Erdreich ausgenützt und das Gebäude teilweise in der Landschaft versteckt. Kontrolle der Produktion und Besichtigungsmöglichkeiten sind strategisch in der Mitte der Architektur angeordnet. Ein Restaurant gestattet einen fantastischen Ausblick in die umliegende Landschaft.

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Kategorie: Projekte