Gangnam Commercial Building

9. April 2015 Mehr

 

Nicht nur im goldenen Westen gibt es Luxus, auch in Südkorea ist der Konsum voll angekommen. Die Architektur der Shoppingtempel ist außergewöhnlich und die Architekten lassen sich auch immer wieder neue Techniken für ihre Bauten einfallen. So auch im Fall des Flagship-Stores des berühmten englischen Modelabels Paul Smith.

 

 

Entworfen wurde der im Gangnamviertel von Seoul, Südkorea liegende Bau von den Architekten Chan- joong Kim und Taek Hong von _SYSTEM LAB. Die Gegend, in der sich diese Architektur befindet, ist nicht nur durch die diversen YouTube-Videos bekannt. Hier versammeln sich die Luxusmarken der Welt, um von den „Reichen und Schönen“ Koreas beim Shoppen besucht zu werden. Sämtliche Straßen sind von exklusiven Boutiquen und Geschäften der Premiumlabels gesäumt. Designer kämpfen um jeden freiwerdenden Platz für Präsentationen. So wurden auch große Erwartungen in das Aussehen und Design des neuen Stores von Paul Smith gelegt. Die Entwerfer von _SYSTEM LAB mussten mit der architektonischen Gestaltung einen prägenden und unverwechselbaren Eindruck in der urbanen Umgebung hinterlassen. So definierten sie die herausragendste Charakteristik des Modelabels als die Eigenschaft, verschiedene Antworten auf die Situation der Kunden und deren Erwartungen zu geben. Der Flagship-Store musste ein Vehikel sein, um die erwähnten Phänomene in die urbane Landschaft einfließen zu lassen.

In einer sanften, gekurvten Form mit kleinen runden Bullaugenfenstern im oberen Bereich, außen weiß gestrichen und mit einem knallgelben Eingang, verbirgt sich ein äußerst spannender, abwechslungsreicher Innenraum. Die spezifische, äußere Form des Gebäu-des war durch Fluchtlinien und Gesetze weitgehendst definiert, aber die innere Interpretation unterlag der Kreativität der Architekten und ist ein Mehrwert für Kunden und Benutzer. Die Herausforderung lag auch in der begrenzten Baufläche im Erdgeschossbereich von 320 m2 und der dichten urbanen Umgebung des Geschäftsviertels. Der Kunde verlangte jedoch – ganz im Sinne des weltweiten Maximierungsgedankens – eine, wo möglich, größere Quadratmeteranzahl. Also nutzten die Architekten die Möglichkeit, Grundrisse in den oberen Geschossen, teilweise nach außen auszudehnen. Von außen ist die Form – besser gesagt die Hüllfläche – das Resultat der vorgegebenen gesetzlichen Bedingungen. Eine schräg verlaufende 30-Meter-Linie, die aus dem Straßenverlauf resultierte, Vorschriften und Nutzerrechte, die den Sonnen- und Lichteinfall am Grundstück und auch für die Nachbargebiete bestimmten, führten zu der amorphen äußeren Form der Architektur. So konnte ein Maximum an nutzbarer Fläche in den einzelnen Geschossen im Inneren, durch Abrunden, Wegschneiden und Verschmelzen aller Ecken und Kanten erzielt werden. Die optisch auffallende Hülle dient dazu, verschiedene Geschäftsbereiche und Erlebnisse – abhängig von der Perspektive des Kunden – im Inneren zu erzeugen. Die Architekten schufen ein relativ geräumiges Gebäude, verglichen mit den Bauten der Nachbarschaft, und reizten auch die maximalen Möglichkeiten aus. Sie schafften es sogar, noch ein zusätzliches Geschoss unter dem giebelähnlichen Dach zu gewinnen.

 

 

Insgesamt enthält der Körper drei Geschäftsebenen und zwei Büroebenen – alle variieren in Form und Größe. Einzig das erste Untergeschoss erhielt einen orthogonalen Grundriss. Unter der Erde wurden 14 Parkplätze in einem Stapelsystem errichtet. Der bogenförmige, gelbe Eingang in der fast öffnungslosen weißen Hauptfassade ist gleichzeitig auch das einzige Schaufenster und Displayfläche – gekonntes Understatement! Nur ein, an das Teleskop eines U-Bootes erinnerndes, gebogenes Rohr mit dem Schriftzug der Firma ragt seitlich aus einer kleinen Grasfläche in die Höhe.

Dieses Ausreizen unter limitierten Bedingungen führte auch zur Konstruktionsmethode: Die Architektur besteht aus einer Stahlbetonhülle. Man entschied sich, gekurvte Styroporblöcke (sie wurden mittels Bandsägen geschnitten) als Schalung für den Beton zu verwenden. Im Vergleich, mit der sonst üblichen Verwendung von Sperrholz für gerundete Betonformen, und auch im Hinblick auf die Nachbearbeitung der gegossenen Flächen, war das Verfahren wesentlich kosten- effizienter. Der halb glänzende, industrielle Farbanstrich verdeckt alle Stöße und Mängel und vermittelt den Kunden das Gefühl von Perfektion, so wie es auch vom Auftraggeber gewünscht worden war. (rp)

 

Commercial Building / Seoul_SYSTEM LAB (Chanjoong Kim, Taek Hong)

Bauherr: UNIEL Co., Ltd
Planung: SYSTEM LAB (Chanjoong Kim, Taek Hong)
Mitarbeiter: Kyunam Song (project manager), Hyunsoo Park, Younghwan Kim, Youngjin Cho, Chulmin Ahn
Statik: Geo Hyun Construction
Interior Design: Paul Smith + Core Design
Grundstücksfläche: 919 m2
Bebaute Fläche: 194 m2
Nutzfläche: 494 m2
Planungsbeginn: 2009
Baukosten: 1,2 Mio. Euro

Fotos: Yongkwan Kim

 

 

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Kategorie: RETAILarchitektur