Spiegelkabinett
Für den neuen Laden der Marke CONCEPTS in Shanghai mussten sich die beauftragten dongqi Architects etwas Besonderes einfallen lassen. Das Lokal befindet sich in einem der traditionellen Gebäude des sogenannten Shikumen-Stils. Dieser traditionelle Shanghaier Baustil, der westliche und chinesische Elemente kombiniert, tauchte erstmals in den 1860er Jahren auf.
Auf dem Höhepunkt seiner Popularität gab es in Shanghai über 9.000 Gebäude im Shikumen-Stil, sie machten 60 % des gesamten Baubestandes der Stadt aus. Dieses Ziegelgebäude stand nun schon seit über 100 Jahren und entsprach der Typologie der steinernen Lagerhäuser der Stadt. Die Architekten haben die ursprüngliche Fassade restauriert und die Innenräume mit einer zeitgemäßen, metallischen Intervention aufgewertet.
Das Layout des Grundrisses sieht zwei getrennte Zonen vor: der alltägliche Verkaufsbereich und eine Zone für die Präsentation von limitierten Sneakerserien. Für diese Trennung entwickelten die Planer zwei getrennte atmosphärische Bereiche. Der vordere Teil des Shops ist in der typischen gemütlichen Ausstattung des Shikumen-Stils des alten Shanghais gehalten und somit ideal für Produktpräsentationen und Events. Der hintere Teil ist ganz bewusst von der Hauptblickrichtung separiert und so wird schon eine geheimnisvolle Stimmung kreiert. Im Gegensatz zu vorne (Ziegel und Parkett) schaffen hier anodisiertes Aluminium, rostfreier Stahl, Metallgewebe, Glasfaser und Terrazzo eine eigene Atmosphäre.
Das Originalgebäude hatte eine Säulenreihe in der Raummitte. Die Architekten entschlossen sich, diese Wirkung durch zwei weitere, seitlich angeordnete Reihen zu verstärken. So ließ sich auch das regenschirmartige Raumsystem verwirklichen, das fast zur Gänze aus Metall besteht. Die jeweils zwischen den Säulenreihen installierten metallenen Bögen verstärken die Kraft und Struktur des länglichen Raumes. In und unter den Gewölbebögen befinden sich relativ unabhängige und unauffällige Displays für die Waren. Diese Elemente sollen ein Gefühl der Feierlichkeit für den Kunden schaffen und das Einkaufen zu einem Erlebnis stilisieren. Außerdem hält man so die Verkehrswege im Store frei und dramatisiert den Raum.
Die aus unterschiedlich großen Metallstreifen geformten Bögen sind eigentlich nur eine Fassade, eine Verkleidung der statischen Säulen. Ihre anodisierten Aluminiumteile werden mit Fittings (die speziell für den Auftraggeber entworfen und produziert wurden) fixiert. Die Beschläge ermöglichen eine 3-achsige Rotation der Lamellen, sodass praktisch jede vom Kunden gewünschte Stellung erreicht werden kann. Ebenso werden diese Fittings für Regale, Wände der Umkleidekabinen, Displays, Türgriffe und Aufhängungen verwendet.
Die Seitenwände des Raumes sind mit auf Hochglanz polierten Metallplatten verkleidet, so erweitert sich durch Spiegelungen der Raum und verdoppelt optisch die Zahl der Säulen. Eine weitere optische Illusion oder Verwischung wird durch – sich mit der orthogonalen Projektion der Bögen – überlappende Linien und wechselnde Terrazzomischungen im Bodenbelag erzielt.
Zitate dieser Gestaltung findet man dann auch in der Fassade, und zwar bei den Tür- und Fensterumrahmungen wieder, hier wurde der rostfreie Stahl zur Verschönerung der alten Ziegelfassaden verwendet. Er symbolisiert auch den Passanten als erstes Zeichen, dass hier etwas Besonderes im Inneren der alten Architektur passiert ist.
Fotos: dongqi Architects
Text: Peter Reischer
Kategorie: RETAILarchitektur