Fonte Boa House Portugal
Wohnen im Weingarten.
Fonte Boa House / Portugal / João Mendes Ribeiro
Im Rabaçal-Tal, einem ländlichen Gebiet in Fartosa, im Herzen Portugals, umschlossen von den Bergrücken der Jerumelo, Sicó und dem Espinhal-Gebirge befand sich im 4. Jahrhundert vor Christus bereits eine römische Siedlung. Man kann annehmen, dass bereits seit über 2.000 Jahren eine Kultivierung der Landschaft durch den Weinbau stattgefunden hat.
Auch heute ist die expressive und liebliche Gegend von kleinen Weingärten und Olivenhainen geprägt.
Der portugiesische Architekt João Mendes Ribeiro hat hier ein kleines Wohnhaus für eine Familie entworfen, das auf den ersten Blick wie eines der typischen Bauwerke der hier traditionellen, ländlichen Architektur anmutet. Auf einem leichten Abhang ist hinter einem Betonkeller in einer langen Einfahrt, am oberen Ende von einigen Terrassen und Stufen, ein weißer Kubus mit Satteldach gepflanzt. Er wächst aus einem grauen Betonsockel – der einen kleinen Weinkeller enthält – empor, zweigeschossig, mit ganz wenigen, dafür aber umso überlegter situierten rechteckigen Öffnungen. Der Kubus ist weiß verputzt und der Betonsockel grau belassen – so entsteht ein interessanter Kontrast. Das Dach, mit Zinkblech verkleidet, entwickelt sich ebenfalls nahtlos ohne Traufen aus dem Körper heraus. Man merkt an der Skulpturhaftigkeit der Architektur, dass ein Architekt seine Hände im Spiel gehabt hat. Tragende Strukturen sind in einem Träger-Stützen-System aus Stahlbeton errichtet, die Wände als doppelschalige Ziegelwände mit innenliegender Wärmedämmung. Die Fußböden sind aus Holz und teilweise Naturstein, Wände weiß verputzt oder mit Birkensperrholz verkleidet; aus diesem Material sind auch Kästen und diverse Inneneinrichtungen – sie sind allesamt vom Architekten selbst entworfen worden.
Das Haus ist an der Westseite des Grundstückes situiert, geschützt vor der Straße und mit Blick auf die beste Sonnenbestrahlung und Aussicht auf das Tal, umgeben von vielen Bäumen. Die exakte Position hat man mit Bedacht auf möglichst wenige Terrain-änderungen (ecological impact) gewählt und auch versucht, alle bestehenden Bäume zu erhalten sowie das Gelände auszunutzen. Es ist eine Neuinterpretation der traditionellen Einfamilienhaustypologie – ein zweigeschossiges, rechteckiges Volumen mit Giebel. Von der Straße her erfolgt der Zugang durch eine Öffnung in einer alten Steinmauer, welche die südliche Grundstücksgrenze bildet. Der offene Autoabstellplatz liegt unter dem Geländeniveau, ist von etwas höheren Betonmauern umgeben und somit dem direkten Blick aus dem Wohnhaus entzogen. Hier befinden sich auch eine kleine unterirdische Waschküche und die Stufen, die zu den Ebenen, auf denen das Haus sitzt, hinaufführen. Der Zugang erfolgt über eine Reihe von größeren Plattformen, deren letzte ein Gitterrost als Schmutzfang vor der eigentlichen Haustüre ist. Ein kleiner, innenliegender Windfang aus Glas bietet Schutz gegen das Wetter und grenzt die Garderobe von der Küche und dem Essplatz ab.
Im Inneren sind die beiden länglichen Geschosse in drei Zonen organisiert, mit einer Stiege aus Holz und den Nebenräumen im Kern. Im Erdgeschoss trennt dieser Kern den Essbereich vom Wohnraum mit seinem offenen Kamin und im ersten Stock separiert er zwei Schlafzimmer. Die beide Ebenen verbindende Stiege verstärkt die Längsausrichtung des Hauses, im Erdgeschoss ist sie als multifunktionaler Stauraum ausgebaut. Die Räume haben alle einen eher hellen Holzboden, er passt zur Stiege und kontrastiert mit den weißen Wänden. Eine große Fensteröffnung bietet einen prachtvollen Ausblick vom Wohnraum in das Rabaçal-Tal und im zweiten Giebel kann man vom Schlafzimmer durch eine quadratische Öffnung den Blick in die Natur genießen. Kleinere Öffnungen in den Seitenwänden – sorgfältig platziert – belichten die restlichen Räume und schützen gleichzeitig vor Einblicken von der Straße her. In einem der Schlafzimmer fungiert die Tür eines der Kästen, die um ein Fenster herum errichtet sind, gleichzeitig als Jalousie. Sämtliche Innenräume haben spezielle Beziehungen zum Außenraum, entweder durch große oder kleine Öffnungen wird die Einbeziehung der Natur gewährleistet und man wohnt, sozusagen nicht nur optisch, sondern auch gefühlsmäßig in der Landschaft.
Fonte Boa House
Fartosa, Portugal
Bauherr: João Miguel Pêga
Planung: João Mendes Ribeiro
Statik: Paulo Maranha (ECA Projectos)
Grundstücksfläche: 180 m2
Bebaute Fläche: 83 m2
Nutzfläche: 130 m2
Planungsbeginn: 2006
Bauzeit: 2012 – 2015
Fertigstellung: 2015
Baukosten: 200.000 Euro
Text: Peter Reicher
Fotos: ©José Campos