Heritage in New Delhi

15. April 2016 Mehr

Es gibt eine indische Wissenstradition vom Bauen, die von einigen Architekten noch oder wieder gepflegt wird. Meistens wird jedoch nach internationalen Maßstäben gebaut, maximal werden Versatzstücke der indischen Tradition in eine ansonsten ahistorische, globalisierte Bauweise eingebracht, um einen Zeitgeist zu imitieren. Die Boutique Heritage des gleichnamigen indischen Labels für Herrenbekleidung zeigt jedoch einen durchaus eigenständigen Weg. Das ganze Interieur entwickelt sich um den Begriff Heritage (kulturelles Erbe, auch Baudenkmal). Es wird im Raum versucht, die Atmosphäre des Webens von Stoffen einzufangen und zu erzeugen. Denn schließlich sind unsere heutigen Kleider meistens auch in irgendeiner Weise gewebt. Mit ganz spezifischen Details soll der Kunde zu einem zwar entspannten, aber trotzdem aufregenden, fast dramatischen Shopping-Erlebnis verlockt werden.

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Die Architektur befindet sich auf einem üblichen, organisch gewachsenen Marktplatz in New Dehli-
und bringt dort ein starkes, klares Statement. Die komplette Fassade ist aus alten gebrannten Ziegeln gefertigt und wirkt als dunkler Hintergrund für das beleuchtete, kupferfarben schimmernde Logo, welches auf den ersten Blick die Ansicht dominiert. Wenn man die Boutique betritt, wird man von einem, in vielen Ebenen geschichteten, vielfarbigen Geflecht aus Drähten, Glas und Metallbuchstaben begrüßt. Die Letter formen das Wort HERITAGE in zwei verschiedenen Sprachen und transformieren so die Webkunst in eine, sozusagen innenarchitektonische „Hardware“.

Weiter bewegt sich der Kunde in einer auf das Männliche zugeschnittenen Umgebung, welche es ihm erlaubt, jedes Kleidungsstück als eine Art Kunstwerk zu betrachten und auszuprobieren. Großes Augenmerk haben die Architekten und auch der Besitzer des Shops auf eine authentische und ehrliche Verwendung der Materialien gelegt: Verrostetes Eisen, wieder verwendetes Holz in Verbindung mit patiniertem und poliertem Kupfer unterstützen das Thema der Gestaltung. Die Atmosphäre von Heritage wird weiters durch die Wiederverwendung von Teilen alter Webstühle – wie sie traditionell für die Herstellung von Textilien gebraucht wurden – verstärkt. Teilweise hängen sie von der Decke herab, bilden einen Raum und verweben die Displays mit ihren Fäden und Drähten. Ein solides, aus massivem Altholz gefertigtes Kassenpult mit all den Löchern und Rissen, die eben im Altholz vorhanden sind, sitzt in der Mitte unter einem handgefertigten Luster aus Kupferteilen. Auch die Stiege ist an Metallkabeln mit verrosteten Eisenteilen und Kupferbeschlägen aufgehängt. Und natürlich findet dasselbe Prinzip auch bei den Kleiderstangen aus Altholz seine Anwendung.

Eine absolut stringente und eindeutige Transformation des Begriffes „Weben“ in die Jetztzeit. Und der Charme der Lokalität ist trotz der strikt maskulinen Ausrichtung nicht zu übersehen.

Fotos: ©Ankush Maria

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Kategorie: News, RETAILarchitektur