Rettungsstation Zeist
Begrünte Rettungsstation.
Rettungsstation / Zeist / Erik Knippers, het Architectenforum.
Die Station für Rettungsfahrzeuge in der niederländischen Stadt Zeist ist von gebogenen Holzkonstruktionen und mit Pflanzen überwachsenen, geneigten Wänden gekennzeichnet. Das hilft, um sie in die Natur der Umgebung zu integrieren – sie versteckt sich fast darin.
Das Utrechter Büro Architectenforum, geleitet von Erik Knippers, hat die Rettungsstation für eine Stelle am Stadtrand entworfen, direkt neben einem Spital und an den anderen drei Seiten von Wäldern flankiert. Die Anforderung des Auftraggebers waren, ein Gebäude mit einem niedrigen CO2-Fußabdruck durch Verwendung von erneuerbaren Baumaterialien zu schaffen, um es in den natürlichen Kontext der Umgebung einzugliedern.
Die Rettungsstation wird nie von Patienten betreten oder von der Öffentlichkeit benutzt und deshalb zeigt die zur Straße gerichtete Fassade nur die Einfahrtstore für die Rettungsfahrzeuge, überdeckt und zusammengefasst von einer soliden, gekurvten Linie, welche die Dachkante bildet. Keine großartigen Gesten, nichts Auffallendes, sondern eine eher schlichte Formensprache an der direkten Zufahrt zum Spital. Es existiert keine „Hauptfassade“, sondern statt ihr nur begrünte, ansteigende Wände, die sich in die gebogene Dachform integrieren und so die Architektur mit den umgebenden Bäumen und Formen des Waldgebietes verschmelzen.
Die Oberflächen der aufsteigenden Wandflächen sind mit einem Metallgitter überdeckt, dieses bietet für schnell wachsende Kletterpflanzen ein Gerüst. Zwei Drittel der Oberfläche sind mit Efeu (Hedera helix) und der Rest mit Waldreben (Clematis montana ‚Rubens‘) bepflanzt. So ergibt sich im Frühjahr eine weiß-violett gesprenkelte Fläche. Da das Efeu winterhart ist, ist auch in der kalten Jahreszeit eine „optische“ Bedeckung der Halle gesichert. Die Dachoberfläche selbst besteht aus einem Teppich aus pflegeleichter Fetthenne (Sedum). So wird bald der Eindruck eines überwachsenen Hügels in der Waldlandschaft neben dem Spital entstehen.
Das von Bäumen bewachsene Grundstück für die Station verlangte einen L-förmigen Grundriss, welcher sich sorgfältig um bestehende alte Buchen herumwickelt. Diese Bäume tragen nun zur Verschattung der vier Meter hohen Glasfenster des Aufenthaltsraumes bei, der sich auf eine schattige Terrasse öffnet. Die gekurvten Träger, welche die Grundkonstruktion der Rettungsstation bilden, sind aus „Glulam“, ein im konstruktiven Ingenieurbau verwendetes Leimholz. Das ermöglichte die großen, benötigten Spannweiten, die mit normalen Holzträgern nur schwer zu erreichen gewesen wären.
Schichtverleimtes Holz eignet sich perfekt, um gebogene Träger in einem Stück mit einer Minimierung von Holzabfall zu erzeugen. Die Träger sind genau in der benötigten Form produziert worden, um das bogenförmige Dach samt aufsteigenden Wänden zu realisieren. Sie sind im Inneren sichtbar geblieben und so ein bestimmendes Kriterium des Designs und der Raumatmosphäre. Vertikale Holzverschalungen bedecken die übrigen (neben der Eingangsseite) Ansichten und betonen so den Anspruch der Nachhaltigkeit des Bauwerkes. Bei den Außenverkleidungen hat man Thermowood Frake – in den Niederlanden ein häufig verwendetes Thermoholz – verwendet und auch alle Fenster sind dreifach verglast und aus Accoya-Holz produziert.
Der Garagenraum für insgesamt sechs Ambulanzfahrzeuge, welcher den Vorderteil des Gebäudes einnimmt, hat transparente Rolltore und kreisförmige Oberlichter, um eine ausreichende Tageslichtversorgung des Innerraumes zu gewährleisten. Es gibt auch einen Bereich für die Fahrzeuge der Mitarbeiter und einen (landestypisch) Fahrradraum. Ein Korridor mit gebogener Decke auf der einen Seite der Garage führt zu den Garderoben, dem Büro und dem Aufenthaltsraum auf der rechten Seite des Baus.
Die Gebäudehülle ist ein hoch isolierter Umschlag mit hundert Fotovoltaikpaneelen. Ein regeneratives Stromsystem (All-Electric-System) und eine Wärmepumpe für die Fußbodenheizung unterstützen zusätzlich die ökologische Performance der Architektur. So gesehen stellt dieser Bau eine sehr nachhaltige Architektur dar und ist (fast) energieneutral.
Alles in allem ein schlichter Nutzbau, der aber zeigt, dass man nicht unbedingt in solchen Fällen auf Optik und Nachhaltigkeit verzichten muss. Die Mitarbeiter der dortigen Rettung sollen schließlich auch ein angenehmes, gesundes und freundliches Arbeitsumfeld haben.
Rettungsstation Zeist, Niederlande
Bauherr: RAVU
Planung: Erik Knippers, het Architectenforum
Statik: IKAABEE
Grundstücksfläche: 550 m2
Bebaute Fläche: 550 m2
Nutzfläche: 475 m2
Planungsbeginn: 12/2014
Bauzeit: 9 Monate
Fertigstellung: 04/2016
Fotos: ©Stijn Poelstra