Ausgezeichnete Lichtgestaltung – Lichtpreis 2019
Ausgezeichnete Lichtgestaltung – Lichtpreis 2019
Lichtpreis 2019 – Am 5. September wurde der diesjährige Gewinner des Schwedischen Lichtpreises in Stockholm gekürt. Aus den drei Finalisten – ein Lesesaal der Uppsala Universität, ein japanisches Bad in Nacka und eine Pumpstation in Luleå – ging der Lesesaal als Sieger hervor.
Der Wettbewerb um den prestigevollen Preis wird seit 27 Jahren jährlich veranstaltet und dient der Hervorhebung von Lichtdesign in Projekten, bei welchen Licht in einer bemerkenswerten Art eingesetzt wird, um die Funktion und die Architektur des Projektes zu unterstreichen. Aus den Einreichungen wählt die Jury zehn Beiträge aus, aus welchen drei Finalisten hervorgehen. Die Jury bewertet sowohl visuelle, ästhetische und funktionelle als auch technische und ökonomische Aspekte. Die diesjährigen Beiträge wurden 2018 fertiggestellt.
Die Pumpstation P42 für Wasser und Abwasser, die auf einem prominenten Platz bei einer der Einfahrten nach Luleå steht, erhielt eine lobenswerte Erwähnung. Mit der Beleuchtung der zweischaligen Fassade soll der Eindruck von Lichtreflexionen entstehen, die von Wellen am Strand gebrochen werden. Die äußere Schale der Fassade, die aus Cortenstahl-Stäben besteht, erzeugt bei Sonnenschein ein veränderliches Schattenspiel. Abends wird die Fassade von hinten beleuchtet und von den örtlichen Wetter- und Windverhältnissen gesteuert, wodurch ein hin und her wogendes Lichtspiel auf der Fassade entsteht.
Foto Pumpstation: ©Therese Engström, Designat Ljus Europa AB , Lichtplanung Pumpstation:©Jan Forsmark und Robert Taavo, Designat Ljus Europa
Im Juryprotokoll zum japanischen Bad Yasuragi wurde der subtile Einsatz von artifiziellem und natürlichem Licht gewürdigt, das ein genuines Erlebnis von Schlichtheit und Reinheit erzeugt. Für das feinstimmige Zusammenspiel zwischen Licht und Raum, das Verständnis von der natürlichen Unregelmäßigkeit des Lichtes, für die Atmosphäre, die auf den Kenntnissen der alten japanischen Traditionen beruht und die Integrität der Besuchenden respektiert, wurde das Projekt beim Lichtpreis mit einer lobenswerten Erwähnung geehrt.
Foto Yasuragi:© Åke E:son Lindman, Lichtplanung Yasuragi:©Tatiana Bibikova, ECO Lightlink
Der gewinnende Beitrag , der Lesesaal Ekonomikum, der in einem der von Peter Celsing im Jahre 1975 entworfenen Institutionsbauten der Uppsala Universität liegt, besteht aus zwei unterschiedlichen Räumen: einem Raum für Gruppenarbeit und soziale Tätigkeiten und dem eigentliche Lesesaal. Der Architekt und Lichtplaner Jonas Kjellander von Sweco Architects hat die Räume „Aussicht“ und „Einsicht“ genannt. Der erste Raum, den man betritt, die „Aussicht“, ist ein Raum für kollektives Arbeiten und Zusammensein, von Tageslicht durchflutet und mit Möbeln, die an unterschiedliche soziale Situationen angepasst sind: Gruppenarbeiten in kleinen, verglasten Besprechungszimmern, Gespräche an runden Kaffeetischen oder geselliges Zusammensein auf dem großen, bodennahen und mit grünem Wollteppich ausgekleideten Kollektivsofa, das vor einer schallabsorbierenden Mooswand steht. Die ruhige und angenehme Atmosphäre wird durch die Beleuchtung unterstützt und auf die Besucher übertragen. Auch die Tatsache, dass die Schuhe beim Eingang ausgezogen werden, trägt dazu bei, dass man sich respektvoller bewegt, so etwa wie wenn man bei jemandem Zuhause ist, meint Architekt Kjellander.
Der eigentliche Lesesaal, die „Einsicht“, ist in einem Schutzraum eingebaut, der im Ernstfall innerhalb von 48 Stunden entleert werden kann und der eigentlichen Funktion des Schutzraums dient. Aus dem fensterlosen und am Anfang der Planung noch recht trostlos wirkenden Raum ein attraktives Lernmilieu mit guten Licht- und Klimaverhältnissen zu gestalten, war eine Herausforderung.
Dunkelheit kann auch ruhegebend sein. Variation ist natürlich und hilft uns, unsere Sinne zu schärfen. Die umgebende Dunkelheit unterstützt die Konzentration innerhalb einer der individuellen „Lichtblasen“, die jedem Platz zugewiesen ist, erklärt Architekt Kjellander. Hier signalisieren sowohl die Möbel als auch die Lichtgestaltung, dass es sich um ein ruhiges Milieu für individuelles Arbeiten und Studieren handelt. Reduzierte Allgemeinbeleuchtung in Kombination mit individueller Platzbeleuchtung ist üblich in gängigen Lesesälen. Was hier kennzeichnend ist, ist die Kombination aus verschiedenen Arten zum Sitzen und individuell gesteuerter Platzbeleuchtung für unterschiedliche Präferenzen, sowohl für analoges als auch digitales Arbeiten. Wir sind alle verschieden und wollen unterschiedlich sitzen, oder auch mal den Platz wechseln können während einer langen Arbeitssitzung.
In der Mitte des Raumes befindet sich ein Sitzkreis aus vierzehn für dieses Projekt spezialdesignten Sesseln, die sowohl aktives als auch entspanntes Sitzen ermöglichen. Der Kreis bildet einen eignen Rahmen für unterschiedliche Gesprächssituationen, wenn der Raum vom Lesesaal zum „Raum für Gespräche“ mutiert. Zusätzlich zu den in der Decke eingebauten Spotlights, sind die Plätze mit individuellen Tischlampen versehen.
Das Erzählen am Lagerfeuer war eine der Ursprungsformen der Begegnungen von Menschen in vielen Kulturen seit Urzeiten, erzählt der Architekt. Der Kreis soll nicht größer sein, als dass man die Gesichtsausdrücke aller im Kreis ablesen kann, was sehr wichtig für ein gutes Gespräch ist, betont er. Dies wird auch durch das Licht, das von der Tischfläche ins Gesicht reflektiert, unterstützt.
Die Akustik kann für diesen Teil des Raumes an unterschiedliche Gesprächssituationen angepasst werden, indem die schallabsorbierenden Elemente über der Feuerstelle weggeschoben werden. Auch das Beleuchtungsszenario kann an unterschiedlich große Gruppen und verschiedene Zwecke angepasst werden, je nachdem, ob es sich um eine Märchenstunde, einen Lyrikabend mit Publikum oder eine Vorstandssitzung handelt. Die ruhige Atmosphäre wird vom diskreten Sternenhimmel unterstützt, der von einem Astronomen der Uppsala Universität gestaltet wurde.
In der Beurteilung der Jury zum gewinnenden Beitrag wurden die umfassenden Kenntnisse vom Zusammenspiel zwischen Farben, Formen und Materialien gelobt. Das umfangreiche Wissen von Lernmilieus und der Glaube an den jungen Menschen sowie sein Recht auf Würde wurden hervorgehoben. Die Jury lobte den großen Mut und den kreativen Einsatz von ursprünglichen Ausdrucksmitteln, die das Gefühl von Geborgenheit, Vertraulichkeit und Staunen in diesem einzigartigen Lernmilieu verstärken.
Architekt Jonas Kjellander, der schon 2010 den Schwedischen Lichtpreis für die Planung des Kindergartens Matildel und in Kumla bekommen hat, erklärt bei der diesjährigen Preisverleihung sein Interesse für Lernmilieus: Schulen sind für ihn die wichtigsten Milieus, die wir gestalten, und Licht ist das wichtigste Werkzeug des Architekten. Er hofft durch diesen Preis vermehrt Möglichkeiten zu bekommen, um gute Beleuchtung nicht nur in Schulen, sondern auch in anderen Bereichen realisieren zu können und fügt hinzu, dass die Perspektive der Kinder als Maßstab uns allen guttun würde.
„Aussicht“, Lichtpreis 2019
„Einsicht“, Lichtpreis 2019
Foto Lesesaal:©Åke E:son Lindman, Lichtplanung Lesesaal:© Jonas Kjellander, Sweco Architects Örebro
Text:©Katarina Trapp
Kategorie: Licht, Veranstaltungen