BIM-Ausbildung: Ohne Know-how kein BIM
Building Information Modeling ist im Baubereich angekommen, doch es fehlt an Fachkräften. BIM-Schulungsanbieter haben deshalb momentan Hochkonjunktur. Doch welche Kriterien und Inhalte sind bei der BIM-Ausbildung wichtig, wer bietet sie an und was kostet sie?
BIM kann man nicht kaufen, BIM muss man erlernen. Auch wenn immer mehr Bausoftware-Anbieter ihre Produkte unter dem BIM-Label vermarkten – Building Information Modeling ist eine Planungsmethode, die vor allem Wissen, Know-how und Erfahrung voraussetzt. Doch eine gute Ausbildung dauert und kostet Geld. Wer aktuell BIM-Fachkräfte sucht, wird kaum welche finden: Einerseits sind erfahrene BIM-Experten fest angestellt und gut bezahlt. Andererseits fehlt es Hochschulabgängern mit BIM-Know-how an praktischer Erfahrung. Den Großteil des Fachpersonals bilden Planungs- und Bauunternehmen deshalb selbst aus, indem sie ausgewählte Mitarbeiter mit praktischer Erfahrung und Affinität zu digitalen Werkzeugen intern oder extern schulen. Obwohl sich das Ausbildungsangebot inzwischen sehen lassen kann, ist die Qualität externer BIM-Ausbildungsangebote sehr unterschiedlich.
Was sollten BIM-Fachleute wissen?
Eine ganze Menge. Neben Modellierungsregeln (Koordinaten, Maßeinheiten, Strukturierung, Bezeichnung etc.), der Verwendung von BIM-Objekten oder der Auswertung von Bauteilattributen, müssen BIM-Konstrukteure auch den IFC-Modellaustausch, die modellbasierte Qualitätsprüfung und Koordination beherrschen, denn BIM ist mehr als nur 3D-Modellierung. BIM ist vor allem eine Managementaufgabe. Die neue Planungsmethode funktioniert – insbesondere im Sinne einer fachübergreifenden kooperativen Anwendung der neuen Planungsmethode (Big BIM, Open BIM) – nur auf der Grundlage einer intensiven Kommunikation, Abstimmung, Koordination und Information aller Beteiligten. Es müssen Absprachen getroffen werden über Prozesse, Verantwortlichkeiten, Koordinationsabläufe, das Änderungsmanagement oder Anforderungen an die Struktur, den Inhalt und die Qualität der Informationen. Dazu gehören der Fertigstellungsgrad der Gebäudemodelle (Art, Umfang, Detaillierung, Informationstiefe etc.), eine koordinierte Strukturierung der Bauwerksmodelle nach Räumen oder Komponenten sowie Werkzeuge zur Vollständigkeits-, Konsistenz- oder Kollisionsüberprüfung. Die Palette der weiteren Absprachen reicht von der Zuweisung von Verantwortlichkeiten im Projekt, über die Kooperationsstrategie, die Auswahl und Verwendung der BIM-fähigen Software, Datenaustauschformate oder Projektplattformen – bis hin zu technischen Details wie Namenskonventionen, die Ablagestruktur oder Dateiversionierung. Weiteren Koordinierungsaufwand erfordert das BIM-Gebäudemodell, denn jeder Fachplaner generiert sein eigenes „Fachmodell“, für das er auch verantwortlich ist. Diese Fachmodelle werden zu Koordinationszwecken in vereinbarten Abständen zusammengeführt, um sie auf mögliche Fehler, Inkonsistenzen oder Kollisionen zu prüfen, Planungsstände abzugleichen etc. Damit der Austausch der Fachmodelle und die Zusammensetzung in einem Koordinierungsmodell mit allen Projektbeteiligten möglichst reibungslos funktioniert, müssen bestimmte, die Modellierung betreffende Standards eingehalten werden. Diese und viele weitere Details der BIM-Planungsmethode müssen erlernt und anschließend praktisch angewendet werden – im Selbststudium mit Hilfe von Fachliteratur (siehe Anlage), über Webinare (Online-Schulungen) oder im Rahmen von BIM-Kursen, Seminaren und Workshops.
Das BIM-Ausbildungsangebot ist inzwischen breit gefächert – es reicht von BIM-Softwareschulungen bis zu BIM-Management-Kursen.
Wie sind BIM-Kurse strukturiert?
Derzeit gibt es keine verbindlichen Richtlinien, die Ausbildungsinhalte und Qualitätsstandards vorgeben – weder in Österreich noch in Deutschland oder der Schweiz. Lehrinhalte, die Informationstiefe und Dauer der Ausbildung werden demzufolge von den Anbietern bestimmt. Im Rahmen der vom Verein Deutscher Ingenieure e.V. (VDI) in Zusammenarbeit mit der buildingSMART Deutschland e.V. erstellten BIM-Richtlinienreihe VDI 2552 wird zwar in Blatt 8 „Building Information Modeling – Qualifikationen“ an einem Ausbildungsstandard gearbeitet. Das aus Vertretern der Bauwirtschaft, Planungsbüros, Hochschulen und Schulungsanbietern bestehende Gremium befindet sich jedoch noch in der Aufbauphase (www.vdi.de/bim).
Da es in den Unternehmen, ebenso wie im BIM-Projektablauf, unterschiedliche Zuständigkeiten und Verantwortungsbereiche gibt, ist es sinnvoll, die Lehrinhalte an die verschiedenen Zielgruppen anzupassen. Deshalb wird, wie etwa bei der „BIM Ready“-Ausbildung von Mensch und Maschine (s. u.) zwischen dem BIM-Konstrukteur, dem BIM-Koordinator und BIM-Manager unterschieden. Die Ausbildung zum BIM-Konstrukteur wird meist separat für Architekten, Tragwerksplaner und Gebäudetechniker angeboten. Darin werden Konzepte, Vorteile und Arbeitsweisen am konkreten BIM-Projekt vermittelt. Zu den Lehrinhalten gehören die gewerkspezifische Vorentwurf-, Entwurfs-, Ausführungs- und Detailplanung am BIM-Modell, Modellierungsregeln, die Verwendung und Erstellung von Vorlagen, Familien und Layouts, die Erstellung eigener Bibliotheken gemäß BIM-Richtlinien, der IFC-Modellaustausch sowie die Qualitätsprüfung und Koordination.
Im Fokus der Ausbildung zum BIM-Koordinator steht dagegen der reibungslose Austausch von Modellen und Informationen, damit Modelle von verschiedenen Software-Umgebungen koordiniert, ausgewertet und analysiert werden können. Die Teilnehmer lernen, welche Funktionen und Verantwortungen ein BIM-Koordinator wahrnehmen muss, damit der interdisziplinäre Informationsaustausch möglichst reibungslos funktioniert. Die BIM-Koordinator-Ausbildung orientiert sich an den openBIM-Grundsätzen der buildingSMART und vermittelt das Wissen, wie BIM-Richtlinien bzw. der BIM Execution Plan für ein Projekt erfolgreich angewendet werden. Zu den Lehrinhalten zählen der IFC- und BCF-Datenaustausch, die Qualitätsprüfung am IFC-Modell, das Erstellen von Prüfregeln, das Umsetzen der BIM-Richtlinien und des BIM Execution Plans, die Kollisionsprüfung über mehrere Gewerke, die Anwendung projektspezifischer Modellierungsregeln, die Verwendung von 3D-Modellinformationen, Raumbüchern oder Metadatenbanken etc.
Ziel von BIM-Manager-Schulungen ist die Vermittlung von Technologien, Projektanforderungen und Verantwortlichkeiten sowie von Grundsätzen für eine erfolgreiche BIM-Einführung. Die Teilnehmer lernen, welche organisatorischen und technischen Aufgaben ein BIM-Manager übernehmen muss, um als Verantwortlicher die BIM-Prozesse im Sinne des Unternehmens steuern und durchsetzen zu können. Zu den Lehrinhalten zählen das Erstellen von Standards, Vorlagen oder Bibliotheken, Dokumentationen (BIM-Vision, BIM-Roadmap, BIM-Richtlinien, BIM Execution Plan), das BIM-Organisationsmanagement, der BIM-Workflow, BIM Execution Plan (Bestimmung von Projektzielen, Prozessdefinition, Technologiestrukturen, Verantwortungen und Qualitätsmanagement), BIM-Management (Rollen und Verantwortungen, BIM-Standards, Projektbegleitung und Datenmanagement). Wichtig bei allen Schulungen ist, dass immer wieder Praxisbezüge hergestellt werden und die Arbeitsabläufe einzelner Disziplinen auch im Kontext integraler Planungsszenarien beleuchtet werden.
Welche Ausbildungsangebote gibt es?
Im Folgenden werden beispielhaft BIM-Ausbildungsangebote beschrieben (alle Preisangaben zzgl. MwSt.). Das Beratungs- und Generalplanungsunternehmen DeuBIM bietet über die zugehörige Akademie bereits seit 2014 ein interdisziplinäres Ausbildungsprogramm für Planer, Bauunternehmer, Immobilienmanager, Handwerksbetriebe und Bauherren. Im Mittelpunkt der Kurse stehen die Anwendung der BIM-Planungsmethode und die Fortbildung im BIM-Management. Kostenpunkt BIM-Basis-Anwender: 2.295 Euro
(www.tuev-sued.de/akademie-de/seminare-technik/gebaeudetechnik-1/bim).
Die Akademie der deutschen Ruhr-Universität Bochum (RUB) bietet in Zusammenarbeit mit planen-bauen 4.0 und HOCHTIEF ViCon den BIM-Schulungs- und Zertifizierungskurs „BIM Professional“ an. Er vermittelt Kompetenzen in den Bereichen Technologie, Prozesse, Menschen und Richtlinien, um mit geeigneten Werkzeugen und Methoden Projekte mit BIM effizienter realisieren zu können. Die Schulung ist in sechs themenspezifische Module mit Praxisanteil gegliedert. Der Gesamtpreis für den Kurs beträgt 7.400 Euro (www.bim-professional.de).
In Deutschland, Österreich und in der Schweiz bietet Mensch und Maschine eine „BIM Ready“-Ausbildung zum BIM-Konstrukteur für ausführende Planer, Technische Zeichner und BIM-Einsteiger, zum BIM-Koordinator für leitende Mitarbeiter, Technische Projektleiter und BIM-Konstrukteure sowie zum BIM-Manager für Projektleiter, Geschäftsführer und BIM-Koordinatoren. Die Ausbildungsinhalte entsprechen der oben beschriebenen Struktur. Die Ausbildung orientiert sich an open BIM Standards, der BIM-Manager Kurs ist zusätzlich buildingSMART-zertifiziert. Die Kurskosten pro Person liegen zwischen 4.400 und 4.900 Euro. (www.wirmachenbim.com/de/ausbildung).
Auch das international agierende Architektur- und Ingenieurbüro ATP bietet über die ATP-Tochter Plandata softwareübergreifende BIM-Schulungen für Architektur, Tragwerksplanung und Haustechnik an. Die Schulungen werden in kleinen Gruppen in Form von Praxisseminaren durchgeführt, die neben Software-Grundlagen auch BIM-Basiswissen vermittelt: von Modelliergrundlagen, Auswertungsmethoden und Modellprüfungen, über interdisziplinäre Methoden der modellbasierten Kommunikation, bis hin zur Übergabe an Simulationsprogramme aus Haustechnik, Bauphysik und Statik. Auf der Wissensplattform bimpedia.eu sind sämtliche Kurse inhaltlich einsehbar, inklusive vertiefenden Anleitungen, Video-Tutorials, Prozess-Standards und anderen Inhalten, sodass Schulungen jederzeit wiederholt und vertieft werden können. Die Kosten betragen pro Schulungstag (max. acht Personen) zwischen 1.000 und 1.500 Euro (www.plandata.at).
Bausoftware-Anbieter und BIM-Consulter Bausoft spricht mit seinem BIM-Workshop alle an, die ihr theoretisches und praktisches BIM-Wissen ausbauen wollen. Der theoretische Teil hilft den Teilnehmern, BIM als Gesamtkonzept zu erfassen. Im zweiten Teil werden reale Szenarien anhand von Fachliteratur, Presseartikeln und Studien, in denen Vorzeigeunternehmen ihre eigenen Erfahrungen kommunizieren, besprochen. Am Ende werden den Teilnehmern Arbeitsmethoden vermittelt, mit denen sie in ihren eigenen Unternehmen langfristige BIM-Strategien und ‑Fahrpläne erstellen können (www.bausoft.at).
Der zweisemestrige Lehrgang zum BIM-Koordinator des Wirtschaftsförderungsinstituts der Wirtschaftskammer Österreich (WIFI) schließt mit einer Projektarbeit und einer Diplomprüfung ab und umfasst vier Teilbereiche: Mensch (Kommunikation und Konfliktmanagement, BIM-Projektmanagement, Risikomanagement, Prozessmanagement und Technologie), Kalkulation/Abrechnung (Gebäudemodellstruktur, Planungsgrundlagenermittlung, Simulation, Prüfsoftware), Richtlinien (Datenschutz, Baurecht, ÖNORM) und Prozesse (Lebenszyklus, Betrieb, digitale örtliche Bauaufsicht). Die Kurskosten betragen ca. 4.900 Euro. Basis der Ausbildung sind die Ö-Normen A 6241-1 und A 6241-2 (www.wifi.at/bim).
Wie weit ist die BIM-Lehre an Hochschulen?
An Hochschulen ist BIM schon seit geraumer Zeit im Rahmen von Vorlesungen, Workshops, Praxisübungen und Abschlussarbeiten ein Thema. Obwohl sich BIM praktisch auf alle Ausbildungsinhalte auswirkt, ist die neue Planungsmethode jedoch noch nicht auf breiter Basis in das Studium integriert. Häufig handelt es sich um ein an höhere Semester gerichtetes, singuläres Lehrangebot engagierter Professoren und Assistenten. Mit dem Ziel, einen Ausbildungsstandard zu definieren und das Lehrangebot qualitativ vergleichbar zu machen, haben die Mitglieder des Arbeitskreises für Bauinformatik an der deutschen Ruhr-Universität Bochum schon 2015 detaillierte Lehrinhalte zur Ausbildung von BIM-Kompetenzen definiert. Ziel der universitären Ausbildung sollte demnach die Vermittlung von methodischen Kenntnissen sein, die Absolventen in die Lage versetzen sollen, BIM-Prozesse in Unternehmen und öffentlichen Institutionen einzuführen, zu gestalten, zu überwachen und weiterzuentwickeln (http://www.gacce.de/bim.php). Auch hierzulande gibt es bereits zahlreiche BIM-Lehrangebote, insbesondere Weiterbildungs- und Vertiefungsseminare. So ist am Institut für interdisziplinäres Bauprozessmanagement der TU Wien die integrale Planung und BIM fester Bestandteil der studentischen Ausbildung, wobei der Fokus auf die interdisziplinäre Ausrichtung der Lehrveranstaltungen liegt. Das Weiterbildungsangebot der FH Campus Wien umfasst ein- und mehrtägige Seminare und Kurse zum Thema „Grundlagen des BIM Managements“, in dem auch praktisches Planungswissen vermittelt wird. BIM-Weiterbildungsseminare werden ferner an den Universitäten Innsbruck und Graz angeboten.
Fazit: große Nachfrage, fehlende Standards
BIM-Erfahrung ist gefragt und wird gut bezahlt, da momentan nicht genug Personal und Wissen im Markt vorhanden ist. Ausbildungsstätten haben den Bedarf erkannt, aber auch Unternehmen versuchen auf den fahrenden Zug aufzuspringen, indem sie die BIM-Ausbildung zum Geschäftsmodell machen. Da es derzeit keinen einheitlichen BIM-Ausbildungsstandard gibt, werden neben fachkompetenten, engagierten, an OpenBIM-, buildingSMART- und anderen Richtlinien orientierten Angeboten auch schlichte Closed BIM-Softwareschulungen mit teilweise fragwürdigen „BIM-Diplomen“ offeriert. Interessierten fällt es deshalb momentan schwer, Ausbildungsangebote einzuschätzen und zu vergleichen. Solange sich kein verbindlicher Standard für die BIM-Ausbildung durchsetzt, wird sich daran auch nichts ändern.
Text: ©Marian Behaneck
Kategorie: EDV