Lichtplanung am PC: Licht berechnen und visualisieren

20. November 2024 Mehr

Mit spezieller Software für die Lichtplanung lassen sich nicht nur technische Kenngrößen ermitteln, sondern auch grundlegende Fragen beantworten: Sorgt die geplante Leuchtenverteilung für eine ausreichende Ausleuchtung? Welche gestalterische Wirkung hat ein Downlight oder ein Deckenfluter? Wo entstehen störende Reflexionen? Wie wirkt eine bestimmte Lichtfarbe? Welches Lichtkonzept ist wirtschaftlicher? Tageslicht-Simulationsprogramme unterstützen Lichtplaner darüber hinaus bei der Überprüfung des Tageslichteinfalls, einer ausreichenden Versorgung mit Tageslicht, der Lokalisierung von Verschattungszonen oder der Erstellung von tageslicht- und energieoptimierten Beleuchtungskonzepten.

 


Die Lichtplanung am PC ermöglicht eine wirtschaftlichere Planung natürlicher oder künstlicher Beleuchtung und gibt mehr Planungssicherheit. © Dial

 

Licht berechnen und visualisieren

Technische und gestalterische Aspekte künstlicher Beleuchtung in einer frühen Planungsphase zu berücksichtigen, war bisher sehr aufwendig. Die Lichtwirkung wurde mithilfe maßstabsgerechter Modelle nachgebildet, aufgrund physikalischer Einschränkungen und hoher Kosten allerdings nur unzureichend. Heute können praktisch an jedem aktuellen CAD- oder Gafik-fähigem PC auch Lichtplanungen durchgeführt werden. Mit entsprechender Software lassen sich eine natürliche und künstliche Beleuchtung einfacher und wirtschaftlicher planen. Online abrufbare Lichtdatenbanken der Hersteller ermöglichen einen komfortablen Zugriff auf aktuelle Leuchten-Modelle, inklusive aller lichttechnischen Daten im nativen Format der jeweiligen Software, oder den Import von standardisierten photometrischen Daten wie IES oder Eulumdat. Lichtplanungsprogramme sind damit in der Lage, die Lichtausbreitung im Raum binnen weniger Minuten oder Stunden zu berechnen – je nach Komplexität des Raumes oder des Beleuchtungskonzeptes. Programme, die neben Kunst- auch Tageslicht berechnen können, unterstützen Planer auch bei der Entwicklung energieoptimierter Beleuchtungskonzepte, die das Tageslicht einbeziehen und präzise berechnen, welche Kosten man mit einer tageslichtabhängig gesteuerten Beleuchtungsanlage einsparen kann. Visualisierungen zeigen anschaulich, wie Räume im Tages- oder Kunstlicht wirken, wo Lichtakzente im Raum gesetzt werden sollten oder wo Verschattungszonen entstehen.

 


Mit Lichtplanungsprogrammen lassen sich technische Kenngrößen ermitteln – etwa für eine ausreichende Arbeitsplatzbeleuchtung. © Dial

 

Lichtplanung Schritt für Schritt

Im Unterschied zum so genannten Wirkungsgradverfahren, mit dem nur durchschnittliche Beleuchtungsstärken ermittelt werden können, sind aktuelle Lichtplanungsprogramme in der Lage, für jeden definierten Messpunkt im Raum die Beleuchtungsstärke exakt zu berechnen. Die betrachteten Räume können dabei in Zonen, beispielsweise Arbeits- und Umgebungsbereiche, eingeteilt und deren Beleuchtungsstärken separat bewertet werden. Anschließend werden die Beleuchtungsstärke ermittelt und dabei für jeden Punkt in der Messebene die Einflüsse aller Lichtquellen berücksichtigt: Dazu gehören sowohl die Beleuchtung der nächstgelegenen Leuchte, Anteile anderer Leuchten sowie weitere, durch Reflexion an den Wänden und der Decke generierte Anteile. Bei Verwendung lichttechnischer Daten in programmspezifischen Datenformaten wie ULD oder ROLF kann darüber hinaus die Wirkung ausgedehnter oder unterteilter, respektive zusammengesetzter Lichtaustrittsflächen der Leuchten berücksichtigt werden. Neben der Verteilung der Beleuchtungsstärke können bei der photometrischen Planung auch die im Raum und an den Leuchten auftretenden Leuchtdichten und die damit verbundenen Blendwirkungen ermittelt werden. Die Berechnungsergebnisse werden in Form von Projektbeschreibungen, Punktbeleuchtungsstärken, Leuchtdichteverteilungen, Graustufendiagrammen, Falschfarbdarstellungen oder Isolux-Linien präsentiert. Alternativen lassen sich damit ebenso anschaulich darstellen, wie teilweise auch Investitions- oder Betriebskostenanalysen durchführen sowie Mengen und Stücklisten ausgeben. Die Anzeige der Berechnungsergebnisse erfolgt wahlweise in Tabellen, Diagrammen, respektive in zwei- oder dreidimensionalen Darstellungen oder fotorealistischen Visualisierungen.

 



Nach der Definition der Raumgeometrie, der Materialien sowie der Leuchten können die Lichtausbreitung im Raum berechnet und alternative Lichtsituationen visualisiert werden. © Erco / Axel Groß, ElectricGobo

 

Licht als Ergonomie- und Gestaltungsfaktor

Insbesondere in Produktionsstätten, Büro-, Ausstellungs- oder Verkaufsräumen ist gutes Licht essenziell. Deshalb werden wichtige Parameter und Vorgaben in zahlreichen Normen zur Tages- und Kunstlichtbeleuchtung definiert und von Lichtplanungsprogrammen berücksichtigt, etwa die europäische Tageslichtnorm EN 17037. Die Lichtplanung am PC kann neben Lumen- und Luxwerten für den Lichtstrom und die Beleuchtungsstärke auch gestalterische oder „emotionale“ Aspekte berücksichtigen – etwa bei Verkaufsräumen, Empfangshallen oder Messeständen. Mit fotorealistischen Visualisierungen der Beleuchtungssituation erhalten Planer und deren Kunden einen realistischen Eindruck von der visuellen Wirkung des jeweiligen Lichtkonzeptes. Sie sehen unmittelbar, wie Räume im Tages- oder Kunstlicht wirken, an welchen Stellen eine gleichmäßigere Lichtverteilung sinnvoller ist, wo Lichtakzente im Raum gesetzt werden sollten oder wo im Innen- oder Außenbereich unerwünschte Verschattungsbereiche entstehen. Planer können ihre Ideen anschaulich und überzeugend vermitteln oder auf Problembereiche aufmerksam machen: auf eine ungenügende Ausleuchtung, Blendung, Reflexbildung oder störende Helligkeitskontraste. Ferner kann die Lichtwirkung exakt jener Leuchtenmodelle überprüft werden, die später zum Einsatz kommen. Ein weiterer Vorteil liegt in der Vergleichsmöglichkeit verschiedener Beleuchtungsvarianten. Dazu müssen lediglich die Leuchtenmodelle ausgetauscht werden.

 


Für jeden definierten Messpunkt im Raum werden Beleuchtungsstärken exakt berechnet und dabei die Einflüsse aller Lichtquellen berücksichtigt. © Dial

 

Mit Lichtplanungsprogrammen Kosten sparen

Auch aus wirtschaftlicher Sicht spielt Licht eine bedeutende Rolle – schließlich macht die künstliche Beleuchtung, je nach Gebäudenutzung, etwa 10 bis 40 Prozent der Stromkosten aus. Damit hat sie einen wesentlichen Einfluss auf den Energieverbrauch von Gebäuden. Wird vor der Leuchten-Montage die optimale Leuchtenverteilung und Raumausleuchtung ermittelt, lässt sich ein Teil der späteren Betriebskosten einsparen. Ob insbesondere energiesparende LED-Leuchten auch die erforderliche Lichtstärke liefern, die gewünschte Atmosphäre schaffen, sowohl für die Grundausleuchtung als auch für die Gestaltung und Akzentuierung von Räumen eignen, kann man im Vorfeld mithilfe von Lichtplanungsprogrammen überprüfen. Programme, die neben Kunst- auch Tageslicht berechnen können, unterstützen den Planer auch bei der Entwicklung energieoptimierter Beleuchtungskonzepte, die das Tageslicht einbeziehen und möglichst effizient nutzen. Neben der Überprüfung der Norm-Mindestanforderungen an die Beleuchtungsverhältnisse in Wohn- oder Büroräumen, können die Programme beispielsweise berechnen, wann das Tageslicht im Jahresverlauf optimale Lichtverhältnisse am Arbeitsplatz liefert, durch welche Maßnahmen das Tageslicht im Raum optimiert werden kann oder welche Verschattungsmaßnahmen erforderlich sind. Zusätzlich kann auch mit einer geschickten Anordnung sowie im intelligenten Zusammenspiel mit der Tageslichtnutzung elektrische Energie eingespart werden. Einige Kunst- und Tageslichtprogramme zeigen auch an, wie viel man mit einer tageslichtabhängig gesteuerten Beleuchtungsanlage einsparen kann. Dabei wird für jede Stunde und jeden Tag eines Jahres das einfallende Tageslicht ermittelt und berechnet, wie viel Kunstlichtanteil jeweils benötigt wird, um die erforderliche Beleuchtungsstärke zu erreichen. Das Ergebnis zeigt an, wie viel Energie, CO2 und Kosten pro Jahr eingespart werden, wenn eine Regelung eingeplant wird.

 


Falschfarb-Darstellungen zeigen, besser noch als Realfarben, die Beleuchtungsstärkenverteilung im Raum. © Relux

 

Welche Programme gibt es?

Bei den Lichtplanungsprogrammen dominieren die Programme Dialux und Relux den europäischen Markt. Sie werden von Architekten, Lichtplanern, Lichttechnikern, Händlern, Elektrofachbetrieben und Leuchtenherstellern eingesetzt. Daneben gibt es auch englischsprachige Open-Source-Anwendungen (z.B. Radiance) oder speziell für Lampen-/Leuchtenhersteller entwickelte Anwendungen (z.B. LITESTAR 4D oder TracePro, siehe auch Infokasten). So unterschiedlich die Programme im Detail auch sind, so ähneln sich doch die Arbeitsabläufe: Vor der eigentlichen Berechnung muss die Raumgeometrie von einem CAD-Programm per DXF-, DWG-, oder IFC-Schnittstelle importiert, alternativ mit einem integrierten 3D-Editor dreidimensional konstruiert oder über die Eingabe von Raumparametern (Abmessungen, Nutzung etc.) definiert werden. Die meisten Lichtplanungsprogramme enthalten dazu einfache Werkzeuge, um Boden, Wände und Decke des jeweiligen Raumes „nachzubauen“. Um den Rechenaufwand gering zu halten, sollten die 3D-Modelle einfach konstruiert sein und etwa frei geformte Oberflächen vereinfacht darstellen. Das gilt auch für die Möblierung, die Definition von Materialeigenschaften und Materialoberflächen (opak, transparent, spiegelnd etc.). Dabei müssen Anforderungen an die Präzision und Authentizität des physikalischen Modells mit den durch die Rechnerkapazität auferlegten Beschränkungen in Einklang gebracht werden. Die Beleuchtungskörper werden als 3D-Symbol aus der Leuchten-Datenbank in den Raum eingefügt und erhalten anschließend die gewünschten lichttechnischen Werte wie Beleuchtungsstärke, Lichtstrom, Lichtfarbe etc. Alternativ besteht die Möglichkeit des Online-Downloads von Leuchten eines bestimmten Leuchten-Herstellers. Nahezu alle namhaften Hersteller bieten inzwischen entsprechende Plugin-Software, mit deren Hilfe der Anwender online durch das Produktangebot navigieren und das passende Leuchtenmodell inklusive Produktfoto, technischer Zeichnung, kurzer Beschreibung und allen für die Lichtplanung wichtigen Leuchtendaten auswählen kann. Trotz mittlerweile hoher Prozessorleistung stellt die Lichtplanung besondere Anforderungen an die Hardware. Je höher die Bildauflösung des Ergebnisbildes sein soll, desto größer ist der Rechenaufwand. Befinden sich mehrere Beleuchtungskörper mit unterschiedlicher Abstrahl-Charakteristik im Raum, und sollen Oberflächentexturen von Decken-/Wandverkleidungen, Bodenbelägen oder Möbeln dargestellt werden, erhöht sich der Berechnungsaufwand. Anspruchsvolle Visualisierungen setzen daher leistungsfähige Rechner voraus. Die berechneten Bilder können als Datei gespeichert, auf Farbdruckern ausgegeben oder auf LCD-Flachbildschirmen als Standbild oder Animation wiedergegeben werden. Mit leistungsfähigen Rechnern berechnete Bilder ermöglichen interaktive VR-Simulationen, was die Vermittlung unterschiedlicher Lichtlösungen noch realistischer macht.

 


Tageslichtplanungsprogramme können Planer auch bei der Überprüfung des Tageslichteinfalls wirkungsvoll unterstützen. © Velux

 

Lichtplanung und BIM

Lichtplaner profitieren von der BIM-Planungsmethode vor allem durch die Übernahme von dreidimensionalen BIM-Bauwerksdaten, so dass diese für Berechnungen und Visualisierungen nicht mehr neu eingegeben werden müssen. So können Gebäude- und Raumgeometrien,  Raumbezeichnungen, Fenster und Türen, Oberflächen oder Leuchtenpositionen per IFC-, gbXML- oder STF-Schnittstelle vom Architekten oder Elektroplaner übernommen werden. Der Lichtplaner erarbeitet mit seinem Berechnungs- und Simulationsprogramm das Lichtkonzept, wählt Leuchten aus der BIM-Objektdatenbank mit allen lichttechnischen Daten wie Beleuchtungsstärken, Anschlussleistungen, Energieverbrauchsdaten etc. und platziert diese in den Räumen. Nach Abschluss der Planung und Berechnung wird das Ergebnis an die CAD-Software zurückgespielt. Leuchten, deren Positionen, produkt- und lichttechnische Daten, Fotos, Grafiken, Texte und Berechnungsergebnisse können übernommen und vom Architekten oder Elektroplaner für Ausschreibungen weiterverarbeitet werden. Viele Bauprodukt- und Leuchtenhersteller offerieren inzwischen parametrisierbare und konfigurierbare BIM-Objekte, inklusive allen Produktinformationen wie den Abmessungen, verfügbaren Ausführungen, Ausstattungen und allen technischen Daten. Dadurch lassen sich weitere Rationalisierungspotenziale in der Lichtplanung ausschöpfen. Auch das neue, offene und BIM-konforme Datenformat Global Lighting Data Format (GLDF) für Leuchten und Sensoren, das in der gesamten Beleuchtungsindustrie ein Standard werden und auch BIM-Planungsanforderungen erfüllt, wird die Lichtplanung vereinfachen.

 

 

Der Vergleich mit dem Foto (rechts) nach der Fertigstellung macht allerdings deutlich: Visualisierungen (links) kommen der Realität nahe, sind aber immer nur eine Abstraktion. © Velux

 

Visualisierungen haben Grenzen

Bei der Betrachtung von Beleuchtungs-Visualisierungen sollte sich stets bewusst sein, dass jede Bildwiedergabe nur eine Abstraktion der Realität ist: Ein dreidimensionaler Raum erscheint in perspektivischer Projektion auf einer zweidimensionalen Fläche, der Betrachter blickt auf ein kleines Abbild des Raumes, während er sich in der Realität direkt im Raum befindet. Hinzu kommt, dass Darstellungen auf dem Bildschirm selbst strahlen, während reale Oberflächen meist den Lichtstrom reflektieren. Entscheidend sind aber insbesondere im Hinblick auf Tageslichtsimulationen die Leuchtdichtenkontraste: Sie sind auf dem Bildschirm (1:1.000) weitaus geringer als in der Realität (bis zu 1:10.000). Eine realistische Wiedergabe von Blendwirkungen, oder Relativblendungen ist damit nicht möglich. Auch feine Farbnuancen können nicht vermittelt werden, ganz abgesehen von Raumqualitäten wie der Behaglichkeit, Atmosphäre oder Lichtstimmung. Auch wenn sich Lichtplanungsprogramme inzwischen sehr intuitiv bedienen lassen, so setzen sie dennoch lichttechnisches Wissen voraus. Eine weitere Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz ist auch, dass sie zu einem möglichst frühen Planungszeitpunkt eingesetzt werden.

 


Lichtplanungsprogramme zeigen auch, wie das Energiesparpotential in Abhängigkeit von einer tageslichtabhängigen Steuerung ausfällt. © Dial

 

Programme und Anbieter*

3DS Max (www.autodesk.at)
Daylight Visualizer (www.velux.at)
DIALux (www.dialux.com)
LightTools (www.synopsys.com)
LITESTAR 4D (www.oxytech.it)
Radiance (http://radsite.lbl.gov/radiance)
Rayfront (www.schorsch.com)
Relux (www.relux.com)
TracePro
RayViz (www.lambdares.com)

* Ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

 

 

Text: Marian Behaneck

Kategorie: EDV, Kolumnen